Immer mehr ältere und immer weniger junge Menschen in Deutschland greifen zu Gamepad und Smartphone-Spielen. Was heißt das für die Spiele-Hersteller?

Fröhlich am Freitag 25/2018: Die wöchentliche Kolumne aus der Chefredaktion

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,

wenn man davon ausgeht, dass die Zahlen, die vom Branchen-Lobbyverband Game in dieser Woche auf Basis von GfK-Daten veröffentlicht wurden, trotz aller statistischen Unschärfe im Kern zutreffen, dann lautet eine wesentliche Erkenntnis: Die Zahl der Computer- und Videospiele-Fans unter 49 Jahren in Deutschland ist seit 2014 um mehr als zwei Millionen Spieler gesunken.

  • Zwei Millionen Menschen.
  • In nur vier Jahren.
  • Trotz neuer Konsolen wie PlayStation 4, Xbox One und Switch.
  • Trotz neuer Rekordumsätze.

Gleichzeitig ist die Zahl der über 50jährigen Digitalspieler stramm angestiegen, um unglaubliche 2,2 Millionen. Anders formuliert: Die Grauzone wächst. In Summe heben sich beide Entwicklungen auf: Die Zahl der „Gamer“ ist seit Jahren konstant.

Wobei der Verband den Begriff „Gamer“ traditionell recht weit fasst – wer einmal im Monat „Quizduell“ auf dem Smartphone anwirft, zählt genauso wie jene, die tagtäglich viele Stunden mit „GTA Online“ zubringen. Was im Grunde auch völlig richtig ist: Die Milliarden-Umsätze mit „Candy Crush Saga“, „Gardenscapes“ & Co. sind ja Indiz genug, dass diese Zielgruppe zuweilen sogar mehr Zeit und Geld in ihre Lieblingsspiele investiert als die meisten „Battlefield“- oder „Fortnite“-Spieler.

Trotz steigender Geburtenzahlen sinkt die Zahl der minderjährigen "Gamer" in Deutschland (Stand: Juni 2018)
Trotz steigender Geburtenzahlen sinkt die Zahl der minderjährigen „Gamer“ in Deutschland (Stand: Juni 2018)

Die neueste Branchenstatistik korreliert grob mit der allgemeinen demographischen Entwicklung in Deutschland. Sie erklärt jedoch nicht, warum gerade die Unter-Zehn-Jährigen offenkundig immer seltener zu Gamepad und App greifen. Am fehlenden Nachwuchs kann es nicht liegen: In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Neugeborenen wieder deutlich gestiegen – allein dadurch müssten sich zwangsläufig Zuwächse ergeben, zumindest keine Rückgänge.

Jedenfalls wird durch die Game-/GfK-Zahlen im Nachhinein Manches nachvollziehbarer:

  • Zum Beispiel, warum sich der Umsatz mit Hybrid-Toys wie „Skylanders“ – also der Kombination aus Spielzeug und Videospiel – seit 2014 mehr als halbiert hat.
  • Oder warum sich im gleichen Zeitraum die Einnahmen mit virtuellen Gütern (Mikrotransaktionen) innerhalb von Smartphone- und Online-Games verdoppelt, seit 2013 sogar mehr als vervierfacht haben.
  • Und warum der Umsatz mit klassischer Spiele-Software für PC und Konsole (Datenträger + Download) stagniert, und zwar seit Jahren.
Der deutsche Spiele-Gesamtmarkt inklusive Software und Hardware überspringt 2017 erstmals die Marke von 3 Milliarden Euro.
Der deutsche Spiele-Gesamtmarkt inklusive Software und Hardware überspringt 2017 erstmals die Marke von 3 Milliarden Euro.

Die positive Nachricht: Ob bewusst oder unbewusst – Deutschlands Spiele-Entwickler, die ja überwiegend im App- und Online-Geschäft aktiv sind und einen erheblichen Teil ihres Umsatzes im Inland machen, profitieren von dieser Entwicklung. Upjers, InnoGames, Gameduell, Wooga, Goodgame Studios – sie alle adressieren einen Markt, der ein „reiferes“ Publikum anspricht. So liegt das Durchschnittsalter vieler Browsergames und Aufbauspiel-Apps fast durchweg bei jenseits der 40, bei entschleunigten Puzzle- und Quiz-Spielen sogar noch deutlich darüber. Hingegen bleiben schnell getaktete, kompetitive Spiele – Fortnite, Clash Royale etc. – eine Domäne der jüngeren Semester.

In den meisten asiatischen und westlichen Märkten führt der demographische Wandel zwangsläufig dazu, dass sich die Zielgruppe der „Gamer“ verändert. Alleine in China stieg das Durchschnittsalter von 25 Jahren (1990) kontinuierlich auf zuletzt 37 Jahre.

Auch für deutsche Spielehersteller wird die Kunst nun darin bestehen, diese kaufkräftige Zielgruppe weiterhin zu erreichen, ohne gleichzeitig noch mehr minderjährige Kunden an andere Freizeitbeschäftigungen zu verlieren.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft

Bisherige Folgen von „Fröhlich am Freitag“:

  • 24/18: Mehr Haltung bitte, Valve!
  • 23/18: Die Unkaputtbarkeit der E3
  • 21/18: Gewalt im (e)Sport
  • 20/18: DSGVO-Crunchtime
  • 19/18: Das kostenlose FIFA 18 WM-Update – Loot tut gut
  • 18/18: Titelkampf um die „Games-Hauptstadt“
  • 16/18: Cyber-Monopoly
  • 15/18: Sieger der Herzen
  • 14/18: Blockbuster – Erfolg in Serie
  • 12/18: Der China-Kracher von Ubisoft
  • 11/18: Vorgetäuscht und vorgeführt
  • 10/18: Per Flugtaxi zur Gamesförderung
  • 09/18: Das spielende Klassenzimmer
  • 08/18: Endlich volljährig
  • 07/18: Winterschlussverkauf
  • 06/18: Reset für die Games-Republik Deutschland
  • 05/18: Die mächtigste Lobby fürs schönste Hobby
  • 04/18: Winner Winner McChicken Dinner
  • 03/18: Nintendo switcht zum Kartonagen-Hersteller
  • 02/18: Das geht ja gut los
  • 50/17: Der Subventions-Autopilot
  • 49/17: Die Spiele-Könige aus Schweden
  • 48/17: Russisch Roulette mit Lootboxen

1 Kommentar

  1. Die wichtigste Feststellung des ersten Satzes ist korrekt: „Immer weniger junge Menschen in Deutschland greifen zu Gamepad und Smartphone-Spielen.“ Und darüber sollte sich die Branche tatsächlich Gedanken machen. Ich vermute, ohne es belegen zu können, Youtube/Twitch etc. ermöglichen es Kindern und Jugendlichen, sich genau das anschauen zu können, was sie interessiert. Das passive Konsumieren von Medien hat (wieder) an Stellenwert gewonnen, nachdem sie sich von den streng linearen Fernsehangeboten lösen können.

    Die erste Aussage, dass immer mehr ältere Menschen in Deutschland Games spielen, verführt allerdings zu einer nicht korrekten Vorstellung des Spielerverhaltens im Alter. Tatsächlich lässt sich feststellen, dass die (bereits aktiven) Spieler immer älter werden. Im Alterssegment der 40 – 49 Jährigen lag die Spielerquote 2014 nach Zahlen des GAME bei 54,3 % und liegt 2018 bei konstant gebliebenen 54,5 %.

    In diesen 4 Jahren wechselten 5,315 Mio. Menschen, respektive 2,885 Mio. aktive Spieler in das Alterssegment der Ü50. Und sie spielen trotz ihres Älterwerdens noch immer. Das ist die gute Nachricht. 🙂 Das lässt sich auch statistisch belegen, denn in diesen vier Jahren starben 3,51 Mio. Menschen mit Alter 50+. Bei einer vom GAME 2014 festgestellten Ü50 Spielerquote von 20,1 % waren das 0,706 Mio. aktive Spieler, die nicht mehr unter uns weilen. Ergo ein erwartetes Plus von 2,180 Mio. aktive Ü50 Spieler. Und das ist fast identisch mit dem Plus von 2,2 Mio. aktiven Ü50-Spielern, die der GAME darstellt.

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