Weihnachts-Zeit, Geschenke-Zeit – doch die zähe Regierungsbildung in Berlin verzögert auch das Herzensprojekt der deutschen Branche: Gamesförderung auf Bundesebene.
Fröhlich am Freitag: Die wöchentliche Kolumne aus der Chefredaktion
Liebe GamesWirtschaft-Leser,
kennen Sie schon das größte Problem deutscher Spiele-Entwickler? Fehlende Finanzierungsmöglichkeiten sind es, wie Felix Falk vor wenigen Tagen im GamesWirtschaft-Gespräch feststellte. Der Geschäftsführer des Videospiele-Verbands BIU wirbt daher namens der Games-Branche unermüdlich für ein bundesweites Fördermodell, von dem Studios in ganz Deutschland profitieren sollen.
Auf Länderebene wird bereits vielerorts fleißig gefördert. Die bestehenden Programme basieren auf Gremien-Entscheidungen: Mehrmals im Jahr entscheidet eine Art Jury aus Behörden-Mitarbeitern, Referenten und externen Beratern bei Käffchen und Keksen hinter verschlossenen Türen, welche Bewerber ein Darlehen erhalten – und welche nicht.
Der Vorschlag des BIU setzt hingegen auf einen Automatismus: Sind bestimmte Grundvoraussetzungen erfüllt (etwa ein Mindestbudget von 200.000 Euro), bekommt das Spieleprojekt den Segen des örtlichen Finanzamts – die Entwicklung kann beginnen. Die Steuergutschrift in Form des „Kulturbonus“ führt zu geringeren Entwicklungskosten und zu einem niedrigeren Break-Even; fährt das Unternehmen Verluste ein, wird ein Zuschuss ausgezahlt – sprich: Der Steuerzahler springt freundlicherweise ein.
Dieser charmante Subventions-Autopilot bringt eine gewisse Kalkulierbarkeit für Kreative mit sich. Nebenwirkung: Die Verteilung des Geldes erfolgt via „Gießkanne“, wie es ein erfahrener Filmförderer kürzlich bei einer Veranstaltung zuspitzte. Denn die Qualitätskontrolle in Form eines wenig transparenten Gremien-Votums entfällt weitgehend. Kein Wunder also, dass auch andere Kulturbereiche – etwa deutsche Filmemacher – die BIU-Ideen ziemlich klasse finden. Die meisten Kino- und Fernsehproduktionen sind ohne die staatlichen Zuwendungen von Bund, Ländern und Kommunen schlichtweg nicht vorstellbar.
Bis die ersten Studios von einer bundesweiten Games-Förderung profitieren, wird es jedenfalls noch ein bisschen dauern. Das liegt auch an der zähen Regierungsbildung: Wären die Jamaika-Verhandlungen erfolgreich verlaufen, hätte in den Tagen vor Weihnachten bereits ein neues Kabinett samt Kanzler/in vereidigt werden können – hätte, hätte, Fahrradkette. Jetzt geht es für den Branchenverband darum, die hauseigenen Vorschläge in einem potenziellen Koalitionsvertrag von Union und SPD unterzubringen.
In der Zwischenzeit müssen sich Games-Produzenten anderweitige Geldquellen erschließen: regionale Games-Förderung, EU-Fördermittel, Crowdfunding via Kickstarter, Startup-Darlehen, Publisher-Vorschüsse. Wer größere Ambitionen hat, kann sich demnächst auch vertrauensvoll an die Münchener Niederlassung des neuen Take-Two-Indie-Labels Private Division wenden.
Es tut sich also was. In Summe stehen die Chancen ganz gut, dass das größte Problem deutscher Spiele-Entwickler an Weihnachten 2018 nicht mehr ganz so gewaltig ausfällt wie heute.
Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen
Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft
PS: Der letzte Newsletter in diesem Jahr erscheint am Freitag, 22. Dezember 2017 – dann mit dem Jahresrückblick und den meistabgerufenen Artikeln der abgelaufenen Saison.
Bisherige Folgen dieser Kolumnen-Reihe:
- KW 49: Die Spiele-Könige aus Schweden
- KW 48: Russisch Roulette mit Lootboxen
- KW 47: eSport im TV – das große Missverständnis
- KW 46: Der Nutella-Moment von „Star Wars Battlefront 2“
- KW 45: Die schönsten Pfützen der Welt
- KW 44: Deutschland stumpft sich ab
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