Mit der Übernahme von Goodgame Studios, InnoGames und der ESL steigen schwedische Firmen zu den größten Arbeitgebern der deutschen Gamesbranche auf.
Fröhlich am Freitag: Die wöchentliche Kolumne aus der Chefredaktion
Liebe GamesWirtschaft-Leser,
wer an Schweden denkt, dem kommen vermutlich zunächst ABBA, IKEA, Kötbullar, Elche und Pippi Langstrumpf in den Sinn.
Videospiel-Kundige würden dieser Auflistung möglicherweise „Battlefield“, „Minecraft“, „The Division“ und „Wolfenstein 2“ hinzufügen.
Und besonders gut informierte Kreise könnten darüber hinaus sicher noch einige Studios benennen: DICE, Paradox, Massive, King, Machinegames – also die internationale Sahne-Klasse im Entwickler-Gewerbe.
Die internationale Bedeutung und Wahrnehmung der schwedischen Games-Branche ist zweifellos gewaltig: 1,3 Milliarden Euro sollen die mehr als 4.000 Beschäftigten im vergangenen Jahr erwirtschaftet haben – und das bei einem Land, das weniger Einwohner zählt als Baden-Württemberg.
Kein Wunder also, dass deutsche Branchenvertreter erst kürzlich zu einer Geschäftsanbahnungsreise ins nordische Königreich aufgebrochen sind, um sich vor Ort zu erkundigen, wie die Skandinavier das denn alles hinkriegen. So ganz ohne staatliche Games-Förderung. In einem Land mit Spitzensteuersätzen jenseits der 50 Prozent. Und überhaupt recht happigen Lebenshaltungskosten, die so hoch sind wie in kaum einem anderen europäischen Land.
Gerade Stockholm sei irrsinnig teuer, klagte mir EA-Studio-Chef Patrick Söderlund bei seinem Gamescom-Gespräch. Von der Regierung gäbe es null Unterstützung für die Branche – im Gegenteil, die Abgabenlast sei enorm. „Der Staat gibt dir nichts – er nimmt es dir vielmehr.“
Trotzdem unterhält Electronic Arts mit DICE eines seiner größten Studios. Mitbewerber Ubisoft hat erst im August eine neue Niederlassung in der Hauptstadt eröffnet.
Läuft für Schweden.
Abgesehen davon, dass in Malmö, Uppsala oder Stockholm bemerkenswerte Spiele entstehen, gibt es Vorgänge, die bislang eher unter dem Radar liefen. Heimlich und klamm haben hierzulande weitgehend unbekannte schwedische Aktiengesellschaften kräftig in Spiele-Deutschland eingekauft und sich nicht mit Kleinkram aufgehalten, sondern direkt bei den saftigsten Stücken zugegriffen. Im virtuellen Warenkorb finden sich Namen wie der Kölner eSport-Riese Turtle Entertainment (ESL) sowie die Margen-Könige von InnoGames („Forge of Empires“) und neuerdings Goodgame Studios („Goodgame Empire“). Auch Mittelständler standen auf der Liste: Im Sommer hat THQ Nordic das Offenburger Studio Black Forest Games übernommen, Stillfront besitzt zudem die OnlineFussballManager GmbH (Köln) und Bytro Labs (Hamburg).
Da die umsatzstarken US-amerikanischen und japanischen Spielehersteller fast ausschließlich Vertriebsniederlassungen zwischen Flensburg und Freising unterhalten, steigt Schweden zum Land mit den größten Entwicklungskapazitäten in Deutschland auf – mit weitem Abstand vor Frankreich (Ubisoft Blue Byte) und China (Bigpoint).
Die Schweden machen also Vieles richtig – und das fängt schon damit an, dass sie ihren Lobbyverbänden ähnlich coole Namen geben wie ihren Möbeln. Zumindest für deutsche Ohren klingt „Dataspelsbranschen“ doch gleich viel netter als das arg förmliche „Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware“.
Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen
Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft
Bisherige Folgen dieser Kolumnen-Reihe:
- KW 48: Russisch Roulette mit Lootboxen
- KW 47: eSport im TV – das große Missverständnis
- KW 46: Der Nutella-Moment von „Star Wars Battlefront 2“
- KW 45: Die schönsten Pfützen der Welt
- KW 44: Deutschland stumpft sich ab
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