Die Gerüchte reißen nicht ab – und ein klares Dementi bleibt aus: Plant die Embracer Group weiterhin mit Piranha Bytes (Gothic, Elex)?
Update vom 16. Juli 2024: Auf GamesWirtschaft-Anfrage hat das Bundeswirtschaftsministerium konkretisiert, ob und in welchen Fällen eine Rückzahlung von Games-Fördermitteln zu erfolgen hat.
Prinzipiell gilt: Gewährte Förderbescheide werden über die geplante Laufzeit verteilt – im Falle des Piranha-Bytes-Projekts Currywurst also 3,2 Mio. € auf drei Jahre (Anfang 2023 bis Anfang 2026). Die Gelder werden quartalsweise abgerechnet und bereitgestellt. Das Studio muss die Mittelverwendung detailliert nachweisen.
Falls ein Unternehmen ein gefördertes Projekt aus strategischen Gründen stoppt, wird der Förderbescheid widerrufen. Der Bund fordert die bereits ausgezahlten Tranchen zurück – und zwar zuzüglich Zinsen. Ein konkretes Beispiel ist der Gollum-Nachfolger (Arbeitstitel It’s Magic) von Daedalic Entertainment.
Wir haben die entsprechende Passage im Update vom 8. Juli korrigiert.
Update vom 8. Juli 2024: Fast sechs Monate nach dem letzten ‚Lebenszeichen‘ von Piranha Bytes gibt es neue Entwicklungen: Creative Director Björn Pankratz und Game-Designerin Jennifer Pankratz haben die Gründung eines neuen Studios öffentlich gemacht – Studio Pithead (Details). Infolge ihrer langjährige Messe-Bühnen- und YouTube-Präsenz gelten beide als die bekanntesten Piranha-Bytes-‚Gesichter‘.
Weitere Studio-Beschäftigte haben zwischenzeitlich das Unternehmen verlassen – andere sind ganz offiziell auf Job-Suche. Was zwangsläufig die Frage aufwirft, inwieweit de facto überhaupt noch an Spielen gearbeitet wird. Die polnische Website CD Action meldet zwischenzeitlich unter Berufung auf nicht näher spezifizierte Quellen, dass der Studiobetrieb bereits Ende Juni komplett eingestellt wurde. Die intensive Suche nach einem Investor sei zuvor gescheitert.
Piranha-Bytes-Eigentümer THQ Nordic (gehört wiederum zur Embracer Group) nimmt öffentlich keine Stellung zur Lage bei der Ruhrpott-Tochter. Bei THQ Nordic liegen die Rechte an den Marken Gothic, Risen und Elex – das geplante Gothic-Remake entsteht daher im katalonischen Barcelona bei Alkimia Interactive und ist Teil des Gamescom-2024-Programms.
Gleichwohl existiert die Piranha Bytes GmbH weiterhin: Erst Anfang Juni wurde der Firmensitz von Essen in ein Wohngebiet im 15 Kilometer entfernten Gladbeck verlegt – und zwar an die selbe Adresse der 2021 gegründeten Immobilienverwaltung Piranha Bytes Real Estate GmbH.
Das für Anfang 2026 geplante Rollenspiel-Projekt mit dem Arbeitstitel Currywurst (zuvor: Wiki6) ist an diesem Montagmorgen weiterhin in der Subventions-Datenbank des Bundes gelistet. Der Antrag wurde demzufolge bislang nicht zurückgezogen. Das Bundeswirtschaftsministerium hat im März 2023 einen Betrag von rund 3,2 Mio. € zugesagt – was Platz 3 im Ranking der größten Projekte bedeutet, die Zuschüsse im Rahmen der Games-Förderung erhalten.
Prinzipiell gilt: Sollte ein gefördertes Spiel unterwegs aus strategischen Gründen eingestellt werden, fließen ab diesem Zeitpunkt keine weiteren Gelder an das Unternehmen. Das Wirtschaftsministerium besteht in diesem Fall auf einer Rückzahlung bereits ausbezahlter Fördermittel – zuzüglich Zinsen.
Update vom 22. Januar 2024: „Ja, es stimmt. Wir, Piranha Bytes sind in einer schwierigen Lage. Unsere Antwort auf all die Meldungen, die gerade im Umlauf sind, ist folgende: Schreibt uns noch nicht ab!“
So lautet die Botschaft, die heute über die Social-Media-Kanäle von Piranha Bytes kommuniziert wurde (Details). Demnach setzt das Studio darauf, einen neuen Partner (sprich: Publisher und/oder Investor) für das laufende Projekt zu finden.
Update vom 18. Januar 2024 (10 Uhr): Von einem „Versehen“ spricht das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit Blick auf die Listung des Piranha-Bytes-Projekts in den offiziellen Datenbanken. Das Ministerium bestätigt auf Anfrage, dass das Spiel mit dem Arbeitstitel WIKI6 (Zuschuss: 3,2 Mio. € / Fertigstellung bis 2026) in der Tat nicht auf der Website abrufbar gewesen sei.
Als Grund nennt das BMWK die Umbenennung des Projekts, das ab sofort unter dem Arbeitstitel Currywurst firmiert – mutmaßlich in Anlehnung an den Essener Firmensitz des Studios.
Das Ministerium bestätigt außerdem, dass es sich – anders als beim geplanten und mittlerweile eingestellten Spiel des Hamburger Embracer-Studios Fishlabs – Stand jetzt um ein „laufendes Vorhaben“ handelt. Piranha Bytes hat den Antrag demzufolge bislang nicht zurückgezogen – möglicherweise auch mit Blick auf eine millionenschwere ‚Mitgift‘, sollten Studio und Markenrechte auf einen neuen Publisher oder Investor übergehen.
Die BMWK-Subventionen im Rahmen der Games-Förderung werden Zug um Zug ausbezahlt und auf die komplette Entwicklungs-Laufzeit – in diesem Fall: bis Anfang 2026 – verteilt.
Update vom 17. Januar 2024 (15 Uhr): In einem aktuellen Beitrag fügen die Kollegen vom Games-Podcast The Pod dem sich verfestigenden Gesamtbild weitere Puzzle-Stücke hinzu. Demnach habe sich THQ Nordic bereits im Herbst 2023 aktiv um einen Verkauf des Studios bemüht – was erklärt, warum im selben Zeitraum erstmals entsprechende Informationen in der deutschen Industrie kursierten.
Indes hätten sich die Perspektiven zuletzt offenkundig verschlechtert – oder zumindest nicht substanziell verbessert: Nach vorübergehender Kurzarbeit sei den Beschäftigten gekündigt worden; Creative Director und Piranha-Bytes-Urgestein Björn Pankratz soll das Studio schon zuvor verlassen haben. Gleichwohl werde weiterhin nach einer tragfähigen Lösung für Team und Projekt gesucht.
Bemerkenswert: Aus dem Nichts ist auf der Website des Wirtschaftsministeriums im Lauf des Tages wieder ein Piranha-Bytes-Spiel aufgetaucht – jetzt mit dem Arbeitstitel ‚Currywurst‘. Alle weiteren Kennzahlen sind identisch mit dem 3,2-Mio.-€-Projekt WIKI6, das unter diesem Namen weiterhin in der Datenbank des Bundes geführt wird. Eine angefragte Stellungnahme des Ministeriums liegt noch nicht vor.
Piranha Bytes: Rätselraten um Embracer-Studio
Meldung vom 17. Januar 2024 (12 Uhr): Ein bunter Strauß aus Spekulationen, Raunen und nachprüfbaren Fakten befeuert seit einigen Wochen jene Gerüchte, die bereits seit Herbst vergangenen Jahres durch die Branche wabern und nun auch Endverbraucher-Medien erreicht haben. Demnach gibt es begründete Sorge um einen der bekanntesten und traditionsreichsten Spiele-Entwickler Deutschlands: die Piranha Bytes GmbH in Essen.
Konkret soll das Studio vor dem Aus stehen – offiziell bestätigt ist dies nicht.
Das zuletzt 35köpfige Team hat sich seit 1997 mit rustikalen Rollenspiel-Serien wie Gothic, Risen und Elex einen Namen gemacht – 2019 wurde das Unternehmen zu einer Tochter des Wiener Publishers THQ Nordic, der wiederum zur schwedischen Embracer Group gehört. Der börsennotierte Konzern gilt neben Ubisoft als größter Publisher in Europa und kämpft seit 2023 mit einem strammen Sparprogramm gegen hohe Schulden und die Folgen des Turbo-Wachstums.
Mehr als 900 Stellen und mehrere Traditions-Studios sind der Embracer-Rosskur bereits zum Opfer gefallen – auch in Deutschland. Allein bei der Fishlabs GmbH in Hamburg – 2022 noch mit dem Deutschen Computerspielpreis prämiert – entfielen kurz vor Weihnachten 50 Arbeitsplätze. Das für 2026 geplante, noch unangekündigte PC- und Konsolenspiel (Arbeitstitel: Project Black) wird nicht mehr weiter entwickelt. Erst im Frühjahr 2023 hatte das Wirtschaftsministerium (BMWK) mehr als 5,5 Mio. € an Fördermitteln zugesagt – die Auszahlung dieser Mittel wurde gestoppt.
Die Indizienlage legt nun nahe, dass dieses Szenario wie eine Blaupause auch bei Piranha Bytes zur Anwendung kommt:
- Denn auch in diesem Fall hat sich der Bund an der Entwicklung beteiligt – und zwar mit 3,2 Mio. €. Das Projekt ist seit kurzem nicht mehr auf der Website des BMWK gelistet; in der amtlichen Subventions-Datenbank ist das Spiel mit dem Titel WIKI6 hingegen noch aufgeführt. Geplante Fertigstellung: Anfang 2026 – also frühestens in zwei Jahren.
- Bei WIKI6 handelt es sich dem Vernehmen nach um Elex 3. Der Vorgänger Elex 2 ist am 1. März 2022 erschienen – nur eine Woche nach dem Rollenspiel-Blockbuster Elden Ring. Das unglückliche Timing gilt als einer von mehreren Gründen, warum sich die Verkaufserwartungen des Embracer-Managements zunächst nicht erfüllt haben. Zumindest mittel- und langfristig sollten die Entwicklungskosten wieder eingespielt werden. Ob dies gelungen ist: offen.
- Das YouTube-Format Piranha Becken TV liegt seit Ende November brach – eine angekündigte weitere Folge hat nicht stattgefunden.
- Die offizielle Website des Studios besteht seit kurzem nur noch aus einem Logo samt Impressum – die ursprünglichen Inhalte sind verschwunden.
Die zuständige Stelle, die sämtliche Spekulationen von jetzt auf gleich beenden und für Klarheit sorgen könnte, befindet sich in Wien: Doch THQ Nordic (wo alle Markenrechte an den Piranha-Bytes-Spielen liegen) will den Status Quo auf Nachfrage nicht kommentieren – was umgekehrt bedeutet, dass es an einem klaren Bekenntnis mangelt, wonach in Essen business as usual stattfindet.
Nach GamesWirtschaft-Recherchen gilt die Embracer-Gruppe weiterhin als größter Arbeitgeber der Videospiele-Branche im deutschsprachigen Raum. Zum weitverzweigten Games-Imperium von CEO Lars Wingefors gehören der deutsch-österreichische Publisher Plaion (Dead Island 2), außerdem Black Forest Games (Destroy all Humans!), Grimlore Games (Titan Quest 2), HandyGames (TownsMen), Kaiko in Frankfurt und eben Piranha Bytes. In Summe hat das Wirtschaftsministerium all diesen Studios mehr als 20 Mio. € an Zuschüssen für Games-Projekte zugesagt.
Weitere Anfragen laufen – Beitrag wird umgehend aktualisiert.
PB ist eben eine kleine Klitsche mit schrecklichen Designern. Grafisch sehen die Titel einfach immer noch aus, als würden sie im Keller von den Programmieren designt. Daran hätten sie schon lange etwas machen müssen und einen guten Artdirector einstellen müssen.
Vor allem die NPCs sehen immer aus wie Oger. Es ist eben typisch deutsch, dass Unternehmen nicht wachsen und mehr Budget organisieren. Zu großes Risiko, da macht man einfach lieber weiter wie gehabt. Ich wünsche PB natürlich alles gute, aber die können ihre Spiele echt behalten. Nicht mal für 5€ würde ich mir das antun.
Ich hab die Leute auch mal besucht und mein Eindruck war AAA wollen aber nicht können. Ansprüche gestellt wie ein AAA Unternehmen aber bezahlt wie die Indie-Butze von nebenan. Aber hey, wie kommt das nur, dass die Spiele nicht den Erwartungen entsprechen … keine Ahnung
In dem Artikel steht „Das Projekt ist seit kurzem nicht mehr auf der Website des BMWK gelistet“.
Damit ist ja das Projekt WIKI6, welches mit 3,2 Mio € gefördert wird, bis 2026 dauert und durch Piranha Bytes erstellt werden soll, gemeint.
Kann es sein, dass das Projekt nur einfach einen anderen Namen erhalten hat?
Gelistet ist beim BMWK ein Projekt Currywurst, welches mit knapp 3,2 Mio € gefördert wird, bis 2026 dauert und Piranha Bytes erstellt werden soll.
https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Artikel/Wirtschaft/Games/Games-Projekte/currywurst.html
Das BMWK hat auf die Anfrage geantwortet – Beitrag wird aktualisiert. Das Piranha-Bytes-Projekt war in den vergangenen Tagen tatsächlich nicht auf der Website gelistet (unter keinem Namen).
Sieht nicht gut aus.
Herr Pankratz ist wohl schon weg
https://www.gamespodcast.de/2024/01/17/magazin-spezial-piranha-bytes-droht-die-schliessung/
Drücken wir mal die Daumen für Piranha Bytes. Trotz des verkorksten Elex 2 fände ich es doch sehr schade, wenn das Studio geschlossen werden würde. Ich sehe sie aber auch in eine gewisse Sackgasse manövriert. Wie viel guten Willen PB nach dem letzten Release noch in der Community hat ist fraglich, wie viel Kundschaft kann ein Elex 3 noch ziehen, was ist die Vision für die Zeit danach, dazu die altbackene Engine, von der sie sich nicht aufgrund ihrer Workflows trennen möchten und ein knapper Geldhahn bei Embracer. Keine guten Zeichen. Ein wenig ironisch wenn man bedenkt, dass viele DevPlay Teilnehmer einst sagten, dass sie nun unter Embracer mehr Sicherheit haben würden.
Realistisch betrachtet habe ich da keine großen Hoffnungen. Selbst wenn die Community noch willens ist ein ELEX 3 zu kaufen, was ich durchaus begrüßen würde weil ich gerne gewußt hätte wie die Gescchichte endet, an den technischen Mängeln kommt ein 35 Entwickler:innen Studio nicht vorbei. Das wird ihnen am Ende des Tages final das Genick brechen.
Soweit ich weiß sind Crytek und Ubisoft die einzigen „deutschen“ Studio welche noch im Grundsatz an der eigenen Technik festhalten. Alle anderen haben mittlerweile oder sind gerade dabei auf Unreal 5 umzusteigen. Selbst Deck13 scheint sich wohl langfristig von der hauseigenen Fledge Engine zu trennen.
Es wurde und wird bei uns nach wie vor noch zu viel verschlafen und/oder ausgesessen. So nach dem Motto „never change a running system“ aber auf mittel- bis langfristige Sicht wird das nicht nur der deutschen Gamesbranche sondern auch der gesamten Industrie ein Ende bereiten wenn hier nicht schleunigst in Innovation investiert wird
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