Neuer Name, neues Logo, neues Studio, neues „Anno“: Spätestens mit der Hauptstadt-Filiale wächst der Stellenwert von Ubisoft Blue Byte innerhalb des Konzerns.

[no_toc]Mit welchen Programmiersprachen bei Blue Byte gearbeitet werde, will die Fragestellerin wissen. „Es gibt doch schon hoch aggregierte Bausteine, aus denen wahrscheinlich man die Programme zusammensetzt. Sie müssen doch jetzt nicht mehr mit C++ und Java anfangen, nicht?“. Doch, doch, entgegnet ihr Gegenüber, man arbeite durchaus hardware-nah, weil Spiele nun mal sehr fordernd seien und die technologische Entwicklung vorantreiben.

Die Fachsimpelei entspann sich am frühen Dienstagnachmittag auf der Ubisoft-Bühne in Halle 6, der ersten Station der Bundeskanzlerin am Gamescom-Eröffnungstag. Dort parlierte Angela Merkel mit Ubisoft-Deutschland-Chef Ralf Wirsing, Ubisoft-Gründer Yves Guillemot und Blue-Byte-Studioleiter Benedikt Grindel über Fachkräftemangel, Games-Förderung, das neue Hauptstadt-Studio und, nun ja, Programmiersprachen.

Nur zwei Programmiererinnen gäbe es unter den 300 Mitarbeitern, da sei noch viel Luft nach oben, sagt Grindel.

Eröffnung der Gamescom 2017: Ubisoft-Deutschland-Geschäftsführer Ralf Wirsing, Ubisoft-Blue-Byte-Studiomanager Benedikt Grindel, BIU-Geschäftsführer Felix Falk und Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto: Getty Images/Franziska Krug/BIU)
Eröffnung der Gamescom 2017: Ubisoft-Deutschland-Geschäftsführer Ralf Wirsing, Ubisoft-Blue-Byte-Studiomanager Benedikt Grindel, BIU-Geschäftsführer Felix Falk und Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto: Getty Images/Franziska Krug/BIU)

Ubisoft Blue Byte: Studio Berlin nimmt in Kürze Betrieb auf

Über mangelnde Nachfrage nach den Jobs im demnächst startenden Berliner Studio kann sich Grindel nicht beschweren. Die Bewerbungen kämen jeweils zur Hälfte aus Deutschland und aus dem Ausland, interessanterweise auch von Mitarbeitern anderer Ubisoft-Studios, die es nach Berlin zieht. Auch der Studioleiter sei bereits gefunden und würde aus den eigenen Reihen besetzt. Dennoch sind weiterhin sieben Positionen beim neuen Berliner Studio ausgeschrieben. Mittlerweile befände man sich in der finalen Entscheidungsphase zwischen zwei möglichen Standorten – die genaue Adresse soll in Kürze bekannt gegeben werden.

Dort will das 50köpfige Team dann an einem „AAA-Titel“ mitarbeiten, also einem internationalen Blockbuster mit Multi-Millionen-Budget, eine der „größten und wichtigsten Ubisoft-Marken“. Welches Spiel das sein wird, daraus macht Ubisoft Blue Byte bis auf Weiteres ein Geheimnis. Da die neue Mannschaft erst Anfang 2018 vollumfänglich in die Entwicklung einsteigt, können Titel wie „Assasins’s Creed: Origins“ (erscheint Ende Oktober 2017) oder „Far Cry 5“ (erscheint Februar 2018) ausgeschlossen werden. Die derzeit am heißesten gehandelten Wetten: Fortsetzungen zu „Watch Dogs“ oder „Splinter Cell“.

„Anno 1800“: Ubisoft Blue Byte kündigt Fortsetzung der Strategieserie an

Derweil die Niederlassung in Mainz das frisch angekündigte Aufbauspiel-Megaprojekt „Anno 1800“ entwickelt, arbeitet Ubisoft Blue Byte in Düsseldorf an Komponenten von „For Honor“ und „Rainbow Six: Siege“. Auch Teile des Sounds des nächsten „South Park“-Rollenspiels kommen aus Deutschland.

Mit dem etwas betulichen „Siedler“-Studio von vor 25 Jahren hat das heutige Blue Byte also nur noch den Namen gemein – und nicht mal mehr das. Denn aus „Blue Byte: A Ubisoft Studio“ wurde vor kurzem „Ubisoft Blue Byte“. Die neue Niederlassung in Berlin heißt auch nicht Blue Byte Berlin (analog zu Blue Byte Mainz), sondern „Ubisoft Berlin“. Wenige Tage vor der Gamescom wurde zudem ein neues Logo vorgestellt – das ikonische blaue Byte ist noch stilisierter als bisher, der Schriftzug nähert sich dem jüngst modernisierten Ubisoft-Logo an.

Das Blue-Byte-Logo im Lauf der Jahrzehnte: links unten das Original von 1988, rechts unten die Version bis 2017, oben die aktuelle Version.
Das Blue-Byte-Logo im Lauf der Jahrzehnte: links unten das Original von 1988, rechts unten die Version bis 2017, oben die aktuelle Version.

Wird die Marke Blue Byte denn mittelfristig ganz verschwinden, so wie es 2014 mit dem Mainzer Zukauf Related Designs („Anno 1404“, „Anno 2205“) geschah? Nein, betont Grindel. Blue Byte nehme ja auch im neuen Logo weiterhin bewusst den größeren Raum ein. Die Marke stehe für ein bestimmtes Genre – sprich: Aufbaustrategie – und das wolle man auch künftig transportieren.

Das gilt natürlich insbesondere für „Anno 1800“, ein Spiel, mit dem man die Fans „wirklich glücklich machen“ wolle. Die Verkaufszahlen deuten darauf hin, dass dies mit dem futuristischen „Anno 2205“ nicht ganz so gut gelungen ist wie mit den Vorgängern. Die nächste Episode spielt also wieder in der Vergangenheit, die Spieler sollen zudem durch eine Art „Anno“-Beirat (die „Anno Union“) in die Entwicklung einbezogen werden.

Ubisoft Blue Byte: Treibende Kraft hinter Initiative Games.NRW

Studiotouren mit Landespolitikern, Kooperationen mit Hochschulen, Startup-Unterstützung: Blue Byte ist auf politischer Ebene seit einigen Jahren aktiv. Schon zur NRW-Vorgängerregierung hatten die Düsseldorfer einen guten Draht aufgebaut – künftig will man sich noch stärker für den zuletzt hinter Hamburg, Frankfurt und Berlin zurückgefallenen Standort einsetzen.

Die Ubisoft-Tochter gehört daher auch zu den Mit-Initiatoren von Games.NRW (Eigenschreibweise: games.nrw) – eine Initiative, die auf der Gamescom 2017 vorgestellt wurde. Zum Start stattete Ministerpräsident Armin Laschet dem Gemeinschaftsstand einen Besuch ab. Beim Thema Games-Förderung, zu dessen klaren Fürsprechern sich Ubisoft Blue Byte zählt, sieht man alle Parteien auf einer Linie.

Entsprechend erleichtert ist Benedikt Grindel auch darüber, wie reibungslos die Kanzlerinnen-Visite abgelaufen ist, zumal das Gamescom-Partnerland Kanada praktischerweise die Blaupause für die Segnungen staatlicher Förderprogramme und Steuererleichterungen liefert. Ubisoft betreibt gleich mehrere XXL-Studios in kanadischen Metropolen wie Québec, Montreal und Toronto.

Zwar bleibe noch viel zu tun, bis eine Förderung a) verabschiedet ist und b) greift. Aber Grindel ist zuversichtlich: „Es hat sich etwas verändert, definitiv.“ Dass er im August 2017 mal vor versammelter Presse mit der Kanzlerin über C++ sprechen wird, das hätte sich der Studiochef noch vor wenigen Monaten nicht träumen lassen.

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