Wenn die Gamescom 2018 beginnt, hat auch in 13 von 16 Bundesländern die Schule begonnen. Daher hat man sich in Köln die nigelnagelneuen Gamescom-2018-Schulklassen-Tickets aus-, aber nicht zu Ende gedacht, findet Chefredakteurin Petra Fröhlich.

Fröhlich am Freitag 9/2018: Das spielende Klassenzimmer

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,

„Wir haben Schinken, Brote und Benzin
Wir werden von der bunten Welt erwartet
Am Pol und wo die Palmen blüh’n
Der Unterricht wird zum Lokaltermin.“

Nach diesem Schüttelreim schließt sich die Flugzeug-Tür hinter Johnny Trotz und seinen  eingecheckten Mitschülern – und der Jet hebt ab. Die Szene könnte in „Fack Ju Göthe 2“ spielen, stammt aber tatsächlich aus der wundervollen 50er-Jahre-Verfilmung von Erich Kästners „Das fliegende Klassenzimmer“.

Ob in Köln tatsächlich Palmen blühen, ist nicht überliefert – für die Fantasie der Gamescom-Verantwortlichen gilt das auf jeden Fall. Denn mit den röstfrischen Schulklassen-Tickets zum taschengeldfreundlichen Tarif von 6,50 Euro pro Nase können Lehrer mit ihren mindestens zehnköpfigen Klassen die Gamescom 2018 besuchen – und zwar am Mittwoch, Donnerstag oder Freitag (22./23./24. August).

Ein Klassenausflug auf das weltgrößte Games-Event? Oder wie die Zielgruppe es formulieren würde: „Mit der Squad zum Looten und Fermentieren auf die GC? Nicenstein! Was ist das für 1 Life!“

Das Angebot richtet sich an Schüler und Schulen aus Hessen, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Bremen, MeckPomm, Schleswig-Holstein, Thüringen, Sachsen, Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, dem Saarland und Hamburg – also überall dort, wo bereits die Schule begonnen hat, wenn Ende August auf dem Kölner Messegelände eine Woche lang das „heart of gaming“ pocht.

Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sind die einzigen Bundesländer, die zur Gamescom 2018 noch in den Sommerferien weilen (Stand: 23. Februar 2018).
Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sind die einzigen Bundesländer, die zur Gamescom 2018 noch in den Sommerferien weilen (Stand: 23. Februar 2018).

Derweil also die Sommerferien-begünstigten Gamescom-Fans aus NRW, Bayern und Baden-Württemberg die neuesten Spiele von Ubisoft, Sony, Nintendo, Square Enix oder Activision ausprobieren, genießen die Schulausflügler in Halle 10.2 die „bildungs- und medienpädagogisch-relevanten Inhalte“ – inklusive Gewinner-Themen wie Medienkompetenz und Jugendschutz.

Das ist ungefähr so, als würde man eine Klassenfahrt in einen Freizeitpark organisieren – und statt selbst in die Achterbahn zu steigen, bekommt man vom TÜV-Prüfer die Schönheit der DIN-Norm EN 13814 erklärt.

Nichtsdestoweniger: Die Idee ist – das muss man zugestehen – klasse. Nicht ganz so klasse ist der praxisferne Aktionsschluss. Denn die limitierten Schulklassen-Tickets müssen für alle Schüler und Begleitpersonen allerspätestens im Juni/Juli beschlossen und bestellt werden, also noch im alten Schuljahr. Denn das darauffolgende beginnt ja bundesweit erst irgendwann im August, frühestens.

Diesen Kinderkrankheiten zum Trotz: Die Gamescom-Veranstalter haben aus der Schulferien-Not eine Tugend gemacht – ein Modell, das gerne Schule machen darf.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft

Bisherige Folgen von „Fröhlich am Freitag“:

  • 08/18: Endlich volljährig
  • 07/18: Winterschlussverkauf
  • 06/18: Reset für die Games-Republik Deutschland
  • 05/18: Die mächtigste Lobby fürs schönste Hobby
  • 04/18: Winner Winner McChicken Dinner
  • 03/18: Nintendo switcht zum Kartonagen-Hersteller
  • 02/18: Das geht ja gut los
  • 50/17: Der Subventions-Autopilot
  • 49/17: Die Spiele-Könige aus Schweden
  • 48/17: Russisch Roulette mit Lootboxen