Erst Activision Blizzard, dann Supercell, Riot Games und Epic Games, jetzt Ubisoft: Der chinesische Weltmarktführer Tencent baut seinen Einfluss bei westlichen Games-Unternehmen weiter aus – der Kommentar zur Meldung der Woche.

Fröhlich am Freitag 12/2018: Die wöchentliche Kolumne aus der GamesWirtschaft-Chefredaktion

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,

am heutigen Freitag geht in San Francisco die weltgrößte Entwicklerkonferenz zu Ende: die Game Developers Conference 2018. Beim alljährlichen Branchen-Klassentreffen wird auf vielen Bühnen noch die reine Lehre gepredigt: Es geht um Technologie, um Kreativität, um Gamedesign, um Erzählstrukturen, um Künstliche Intelligenz, um Virtual Reality – und abseits der Konferenzsäle auch ums Geschäft.

Noch während der laufenden Messe fand ein jahrelanger Wirtschaftskrimi sein vorläufiges Ende: Ubisoft-Gründer Yves Guillemot hat es tatsächlich hingekriegt und die feindliche Übernahme durch Vivendi abgewehrt – und wusste bei seiner Mission auch weite Teile der Belegschaft und der Aktionäre hinter sich. Mit diesem Ausgang war nicht zwangsläufig zu rechnen. Die Sache hätte auch so enden können, dass Vivendi die wenigen noch fehlenden Aktien erwirbt und dann ein gesetzlich vorgeschriebenes Übernahmeangebot für den französischen Spiele-Produzenten (u. a. „Assassin’s Creed Origins“) abgibt.

An die Stelle von Vivendi tritt ein chinesisches Unternehmen, dem nun 5 Prozent von Ubisoft gehören und mit dem Guillemot gleich noch ein Vertriebs-Abkommen eingetütet hat: Tencent. An der Börse ist der Internet- und Social-Media-Riese inzwischen fast eine halbe Billion Dollar wert – in Schlagdistanz zu Facebook und Amazon.

Allein dadurch wird offensichtlich, in welcher Liga Tencent spielt. Wir reden vom größten, umsatzstärksten und mutmaßlich unbekanntesten Videospiele-Unternehmen des Planeten. Dem Konzern kann es letztlich egal sein, ob die Spielefans gerade „Fortnite“, „League of Legends“, „Clash Royale“, „Call of Duty“, „Destiny“, „Candy Crush Saga“, „World of Warcraft“ oder „Playerunknown’s Battlegrounds“ bevorzugen – Tencent verdient in allen Fällen mit, sei es über Beteiligungen oder Vertriebsrechte auf wichtigen Märkten.

Künftig profitiert Tencent also auch vom Erfolg von „Far Cry 5“, „Rainbow Six Siege“ oder „The Division 2“. Und der flächendeckende Ubisoft-Markteintritt im Reich der Mitte steht ja erst noch bevor: „Wir schätzen uns glücklich, einen solch fantastischen Partner wie Tencent zu haben und freuen uns darauf, den chinesischen Spielern großartige Spiele zu liefern“, frohlockt Guillemot.

Vivendi mag er losgeworden sein, doch als börsennotiertes Unternehmen bleibt Ubisoft auch künftig in erster Linie den Eigentümern, sprich: den Aktionären verpflichtet. Gerade bei US-Publishern wie Activision Blizzard, Electronic Arts oder Take-Two Interactive sind Schwergewichte wie Fidelity, Blackrock und Vanguard als Großaktionäre an Bord, durchweg mit milliardenschweren Beteiligungen.

Bedeutet: Welche Spiele überhaupt auf den Markt kommen und wie im Einzelfall das Geschäftsmodell (Free2play? Abo? Festpreis? Jahreskarte?) aussieht, all das wird von den Rendite-Erwartungen branchenfremder Investment-Fonds, Pensionskassen, Versicherungen und Vermögensverwalter ganz wesentlich mitgeprägt. Nur so sind neuzeitliche Exzesse wie im Falle der Beuteboxen überhaupt zu erklären.

Jedenfalls spricht viel dafür, dass Tencent-CEO Ma Huateng auch künftig im Games-Segment zukauft. Kapital ist vorhanden: Derzeit liegt er auf Platz 2 der reichsten Chinesen und auf Platz 17 der Forbes-Liste – gleich hinter Bezos (Amazon), Gates (Microsoft), Zuckerberg (Facebook) und Page/Brin (Google). Womit Sie jetzt auch die Hauptsponsoren der Game Developers Conference kennen.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin Petra Fröhlich

Bisherige Folgen von „Fröhlich am Freitag“:

  • 11/18: Vorgetäuscht und vorgeführt
  • 10/18: Per Flugtaxi zur Gamesförderung
  • 09/18: Das spielende Klassenzimmer
  • 08/18: Endlich volljährig
  • 07/18: Winterschlussverkauf
  • 06/18: Reset für die Games-Republik Deutschland
  • 05/18: Die mächtigste Lobby fürs schönste Hobby
  • 04/18: Winner Winner McChicken Dinner
  • 03/18: Nintendo switcht zum Kartonagen-Hersteller
  • 02/18: Das geht ja gut los
  • 50/17: Der Subventions-Autopilot
  • 49/17: Die Spiele-Könige aus Schweden
  • 48/17: Russisch Roulette mit Lootboxen