In der Übernahmeschlacht zwischen der Gründerfamilie Guillemot und dem aggressiv zukaufenden Medienkonzern Vivendi um die Macht beim französischen Spiele-Hersteller Ubisoft gibt es nur Gewinner: Vivendi verkauft das komplette Aktienpaket mit sattem Plus.
Überraschende Wende im Kampf um die Kontrolle von Ubisoft: Vivendi trennt sich von allen 30,5 Millionen Ubisoft-Aktien, die in den vergangenen Jahren eingesammelt wurden und verpflichtet sich, in den kommenden fünf Jahren keine Anteile mehr zu erwerben. Die 27,3prozentige Beteiligung entspricht einem Wert von rund 2 Milliarden Euro.
Damit ist es dem Management rund um Ubisoft-Gründer und -CEO Yves Guillemot gelungen, die befürchtete Übernahme abzuwehren und die Unabhängigkeit des börsennotierten Spieleherstellers zu wahren. Die gefühlte Niederlage hat sich für Vivendi trotzdem ausbezahlt, denn der Aktienkurs und somit der Wert des Pakets hat sich in den vergangenen zwei Jahren mehr als verdoppelt, zumal Vivendi via Gameloft eine weiterhin wichtige Rolle im Mobilegames-Markt spielt.
Im vorliegenden Fall hätten Vivendi nur noch wenige Aktien gefehlt, um bei Erreichen der 30-Prozent-Marke laut französischem Aktienrecht ein öffentliches Übernahmeangebot unterbreiten zu müssen. „Wir werden nicht eher ruhen, bis sie (= Vivendi) ihre Aktien verkaufen“, hatte Yves Guillemot bereits im Herbst 2016 via Wall Street Journal ausrichten lassen.
Mit Videospiel-Marken wie „Far Cry“, „The Division“ und „Assassin’s Creed“ gehört Ubisoft zu den international erfolgreichsten Publishern.
Vivendi verkauft Ubisoft-Aktienpaket an Tencent, Pensionskassen – und Ubisoft
Die 30 Millionen Ubisoft Aktien im Vivendi-Depot wandern zu einem Festpreis von 66 Euro pro Stück zu verschiedenen neuen Besitzern:
- Ubisoft wird über 9 Millionen eigener Aktien zurückkaufen.
- Ein kanadischer Pensionsfonds übernimmt 3,4 Prozent der Anteile. Ubisoft gilt als einer der größten Branchen-Arbeitgeber in Kanada und unterhält in Metropolen wie Québec oder Montral große Studios mit mehreren tausend Entwicklern.
- Die möglicherweise spannendste Komponente: Der chinesische Games-Weltmarktführer Tencent schließt ein Abkommen mit Ubisoft, um deren Zugang zum asiatischen Markt zu verbessern, wo Tencent unter anderem Internetportale, Online-Spiele, Chat-Dienste und einige der weltweit umsatzstärksten Mobilegames betreibt. Seit über 20 Jahren unterhält Ubisoft ein großes Studio in Shanghai. Gleichzeitig erwerben die Chinesen fünf Prozent der Anteile und bauen damit das Portfolio an Beteiligungen westlicher Spielefirmen aus: Tencent kontrolliert bereits jetzt den finnischen Mobilegames-Überflieger Supercell („Clash Royale“) sowie Riot Games („League of Legends“). An Activision Blizzard („Call of Duty“) ist Tencent mit 12 Prozent beteiligt, an Epic Games („Fortnite“) mit rund der Hälfte.
- Die Holding der Brüder Guillemot stockt ebenfalls Anteile auf und übernimmt 3 Millionen Aktien.
- Die verbleibenden 9 Millionen Aktien sollen bei institutionellen Anlegern untergebracht werden, üblicherweise Investmentfonds, Versicherungen und Pensionskassen.
An der Börse ist Ubisoft derzeit rund 7,7 Milliarden Euro wert – seit dem Einstieg von Vivendi ist die Marktkapitalisierung stetig angestiegen, weil Anleger auf weitere Zukäufe spekuliert hatten. Diese Fantasie ist nun aus dem Markt.
Es war nicht der erste Übernahme-Versuch, den Ubisoft erfolgreich abgewehrt hat. Bereits 2004 hatte Electronic Arts einen 20-Prozent-Anteil entnervt verkauft, weil sich die Franzosen wenig kooperativ zeigten.