Wirtschaft, Forschung, Digitalisierung – oder doch eher Kultur und Medien? Union und SPD lassen die Branche im Unklaren, in welches Ministerium die Games-Politik einzieht.
„Die Details zur Ausgestaltung der Zuständigkeiten sind noch nicht abschließend festgelegt. Sie werden in der künftigen Bundesregierung konkretisiert.“
Mit diesen Worten vertröstet die Sprecherin von SPD-Chef Lars Klingbeil auf die Zeit nach dem 6. Mai: Erst nach der Vereidigung von Kanzler und Ministern soll sich somit weisen, welches Ressort künftig die Games-Politik im Land verantwortet. Der ausgehandelte Koalitionsvertrag liefert darauf nämlich noch keine Antwort.
Zumal im ersten Schritt zunächst die SPD-Mitglieder die Vereinbarung mit der Union absegnen müssen. Was zwar als ziemlich wahrscheinlich gilt. Doch selbst ein knappes Ergebnis wäre eben auch eine mittelschwere Hypothek für einen künftigen Vizekanzler Klingbeil, dem Ambitionen auf das mächtige Finanzministerium nachgesagt werden.
Immerhin: Der Koalitionsvertrag enthält das sehr grundsätzliche Bekenntnis zum Games-Standort Deutschland – die von den Lobby-Verbänden ersehnten „steuerlichen Anreize“ sowie die E-Sport-Gemeinnützigkeit sind explizit erwähnt, ebenso der Wille, für „mehr Planbarkeit und Passgenauigkeit“ zu sorgen. Detail für Feinschmecker: Im Text ist von „Wir wollen“ die Rede, nicht von „Wir werden“.
Die Branche stellt unterdessen eine Kerze ins Fenster, dass der im Kleingedruckten vermerkte „Finanzierungsvorbehalt“ nicht für Games-Fördermittel gelten möge.

Koalitions-Poker: Welches Ministerium kann Games-Politik?
Doch welches Ministerium könnte künftig für Games zuständig sein? Also für eine vergleichsweise kompakte Branche, für die praktisch jeder Regierungswechsel auch einen Reset von Ressorts und Ansprechpartnern mit sich brachte.
Auch diesmal kommen gleich mehrere Ministerien in Frage. Allen Szenarien gemein: Den künftigen Games-Minister oder die -Ministerin stellt in jedem Fall die Union, also CDU oder CSU. Die vier wahrscheinlichsten Optionen im Überblick:
Wirtschaft und Energie
Es schien ausgemachte Sache: CDU-Generalsekretär und Wahlkampf-Manager Carsten Linnemann gewinnt das Ministerium formerly known as Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (kurz: BMWK). Doch Linnemann will nicht. Weder das Wirtschafts-Ressort noch irgendein anderes Amt im Kabinett des designierten Kanzlers Merz.
Damit bleibt vorerst offen, wer Robert Habeck beerbt, der nach der Wahlklatsche seiner Partei zunächst keine führende Rolle bei den Grünen mehr anstrebt. Habeck war dreieinhalb Jahre nicht nur Vizekanzler, sondern auch ‚Games-Minister‘, weil das BMWK vom Verkehrsministerium die Zuständigkeit für Games-Förderung, Computerspiele-Preis und Standort-Politik geerbt hatte.
Während seiner Amtszeit hat der Wirtschaftsminister zwei Bildungsreisen zur Gamescom unternommen und dort die Mächtigen der Branche geherzt. Doch die Drähte zu Verbänden und Studios hielt Habecks parlamentarischer Staatssekretär Michael Kellner – ebenfalls Grüner.
Für das buchstäblich eingespielte BWMK-Team spricht, dass es nahtlos an die Ampel-Ära anknüpfen könnte. Der haus-interne Stellenwert ist allerdings sichtbar geschrumpft: Das eigenständige Games-Referat wurde aufgelöst und in die Kultur- und Kreativwirtschaft eingemeindet – sehr zum Ärger des Branchenverbands.

Forschung, Technik und Raumfahrt
Das Wirtschaftsministerium ‚verliert‘ nicht nur den Klimaschutz ans Umwelt-Ressort, sondern auch die zivile Raumfahrt: Denn für die Erkundung unendlicher Weiten ist künftig die CSU verantwortlich – ein Stunt, den Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) für sich reklamiert.
Als Kandidatin für den Chef-Posten gilt Dorothee Bär, die in ihrem unterfränkischen Wahlkreis das bundesweit beste Erststimmen-Ergebnis eingefahren hat: 50,5 Prozent der Wähler in und um Bad Kissingen stimmten im Februar für die 46jährige, die seit 23 Jahren dem Deutschen Bundestag angehört.
Bär war Merkels Digital-Staatsministerin, hat mehrere Abkommen zum Deutschen Computerspielpreis mitverhandelt und ist nach wie vor bestens mit der Games-Branche vernetzt – eine Branche, die aus ihrer Sicht „zu leise“ ist und mehr Selbstbewusstsein vertragen könnte. In diesem Kontext ist auch ihr Auftritt anlässlich der DCP-2019-Gala zu sehen, der bis heute nachhallt. Die Aufregung um ihr gewagtes Outfit hält sie im Rückblick für überzogen: „Nein, ich bereue es nicht und würde es jederzeit wieder machen.“
Es ist somit nicht ausgeschlossen, dass die Games-Politik zusammen mit der Flugtaxi-Visionärin in das markante Gebäude am Spree-Ufer in Laufweite des Bundestags einzieht. Gleichwohl passt der bisherige und auch künftige Zuschnitt dieses „Chancen-Ministeriums“ bedingt zu den Anforderungen der Games-Industrie.

Kultur und Medien
Es ist zwar kein ‚richtiges‘ Ministerium, dafür ist der unverbaubare Büro-Blick aus dem Kanzleramt aufs Reichstagsgebäude unbezahlbar. Noch verlockender: der gewaltige Gestaltungs-Spielraum. Mehr als 2 Milliarden Euro verteilt der / die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien pro Jahr.
Sehr grundsätzlich würden sich Games-Förderung und Computerspielpreis gut in einem Ressort einfügen, das bereits die Film-Förderung und den Filmpreis verantwortet. Doch das unwürdige Tauziehen um ein überraschendes 100-Mio.-€-Paket, das last-minute auf ein Stipendien-Programm zusammenschmolz, ist ein weiteres Indiz dafür, wie sehr die Kulturpolitik weiterhin mit Computerspielen fremdelt.
Laut Koalitionsvertrag darf die CDU den neuen Staatsminister respektive die Staatsministerin benennen. Zu den Favoriten auf die Nachfolge von Claudia Roth (Grüne) zählt der Berliner Kultur-Senator Joe Chialo, der bereits dem ‚Zukunftsteam‘ des einstigen Kanzlerkandidaten Armin Laschet angehörte.
Digitalisierung und Staatsmodernisierung
Bislang sind Digitalisierungs-Etats und -Kompetenzen wild auf ungefähr alle Bundesministerien verteilt – Wirtschaft, Verkehr, Inneres, unter anderem. Das soll sich ändern: Union und SPD haben sich auf den Aufbau eines dedizierten Digitalministeriums verständigt.
An Themen mangelt es nicht: Breitbandausbau, Künstliche Intelligenz, Plattform-Regulierung und zuvorderst die Digitalisierung der Verwaltung – Behördengänge sollen sich online erledigen lassen.
Die konkreten Befugnisse und Zuständigkeiten werden im Koalitionsvertrag bestenfalls angerissen. Doch der Tenor lässt darauf schließen, dass es sich analog zu Justiz und Finanzen um ein ‚Querschnitts-Ministerium‘ handelt. Meint: Die Behörde hat eine eher koordinierende Funktion – was auf einen übersichtlichen Etat hindeutet.
Auch der geplante Fokus auf Bürokratie-Rückbau, Struktur-Reformen und eine effizientere Verwaltung sprechen aus rein inhaltlichen Gründen dagegen, dass Games in das künftige CDU-Ressort einziehen.
Eine Bilanz der Games-Politik während der Ampel-Regierung zieht diese GamesWirtschaft-Kolumne.
Immer freitags, immer kostenlos: Jetzt GamesWirtschaft-Newsletter abonnieren!
GamesWirtschaft auf Social Media: LinkedIn ● Facebook ● X ● Threads ● Bluesky
Angesichts der an der kommenden Regierung Parteien und Personen lässt sich das sehr schnell und kurz und mit 100% Richtigkeit sagen: Kein Ministerium und keine für Ministerposten in Frage kommenden Personen.
Ich verstehe die INtentionen der Industrie sowie seiner journalistischen Vertretungen, jedoch wird hier ein dermaßen totes Pferd geritten, man möchte eigtl. schreien, dass die Energien, und seien sie noch so klein, die auf solche Artikel verwendet werden, egal wo besser aufgewendet sind. Aber andererseits ist eine gewisse, gewiss auch inkl. leichter Häme ob der Don Quixote-Haftigkeit, Belustigung nicht von der Hand zu weisen, wenn man sich das Drama zum ich weiß nicht wievielten Mal anschauen wird und bereits weiß wie es wieder ausgehen wird.
Aber diesmal ganz sicher!!! Versprochen!!!
Kommentarfunktion ist geschlossen.