
Ein erster Entwurf des Koalitionsvertrags enthält zwar unverbindliche, aber immerhin vielversprechende Hinweise zur Games-Politik.
Migration, ‚Heizungsgesetz‘, Vermögenssteuer, Bürgergeld: Noch knirscht es an ganz vielen Stellen im 162seitigen Entwurf eines möglichen Koalitionsvertrags zwischen Union und SPD, der Verlagshäusern und Redaktionen vorliegt (PDF).
Mehr als eine Woche lang haben die 16 Arbeitsgruppen verhandelt – jetzt sind die Partei-Spitzen an der Reihe, sprich: Vorsitzende, Fraktions-Chefs, Generalsekretäre, Parlamentarische Geschäftsführer. Gemeinsames Ziel: ein unterschriftsreifer Koalitionsvertrag, der in der ersten Aprilhälfte von den Gremien abgesegnet wird, damit in der Woche vor oder nach Ostern die neue schwarz-rote Bundesregierung gebildet werden kann.
Doch noch liegen die Positionen in missionskritischen Punkten diametral auseinander – davon zeugen die Formulierungen in eckigen Klammern sowie die farbigen Markierungen, die die Vorstellungen der CDU/CSU (blau) und der Sozialdemokraten (rot) wiedergeben. Plastisches Beispiel auf Seite 42: [Ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen lehnen wir ab] [Wir führen ein generelles Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen ein]
Koalitionsvertrag: Union und SPD planen „steuerliche Anreize“ für Games-Studios
Gleichwohl gibt es schon ganz viele Themen, bei denen offenkundig Einigkeit besteht.
So ist auf Seite 28 festgehalten: „Die Gaming-Branche hat großes kulturelles, wirtschaftliches und technologisches Potenzial. Mit Spill-Over-Effekten sorgt sie für Fortschritt und Innovation. Deshalb wollen wir die internationale Wettbewerbsfähigkeit unseres Games-Standortes durch mehr Planbarkeit und Passgenauigkeit des Fördersystems stärken.“
Und weiter: „Die Förderpolitik der Bundesregierung wird einer Konsolidierung unterzogen. Die Programme müssen in einem Fördercontrolling überwacht werden. Neue Programme müssen konsequent an Leistungsindikatoren und Kriterien, wie in den subventionspolitischen Leitlinien festgehalten, ausgerichtet werden.“
Ergänzend heißt es auf Seite 132 im Kapitel ‚Kultur und Medien‘: „Games sind ein Kulturgut und Innovationstreiber. Daher werden wir den Games-Standort durch steuerliche Anreize und verlässliche Programme fördern.“
Schöner hätte es der Industrieverband Game nicht formulieren können.
Schließlich stehen Steuerrabatte – sogenannte ‚Tax Credits‘ – sowie plan- und kalkulierbare Fördermittel ganz oben auf der Wunschliste der Games-Entwickler. Im selben Absatz wird auch der Filmbranche ein „steuerliches Anreizsystem“ in Aussicht gestellt – inklusive der heftig umstrittenen ‚Investitionsverpflichtung‘, die Streaming-Dienste und Privatsender dazu verdonnert, entlang fester Quoten in Serien und Filme made in Germany zu investieren.
Gratis sind diese Subventionen natürlich nicht zu haben: Die Gesamtbelastung durch Steuermindereinahmen entlang einer neu eingeführten steuerliche Games-Förderung beziffern die Haushalts-Experten im Entwurf auf 140 Mio. € pro Jahr – bei der Film-Förderung sind es sogar 200 Mio. €.
Koalitionsvertrag: E-Sport
Weiterhin Klärungsbedarf gibt es offenbar mit Blick auf die seit Jahren versprochene Gemeinnützigkeit des E-Sport. Zwar steht auf Seite 101 wortwörtlich und unmissverständlich, dass diese Anerkennung kommen soll. Gleichzeitig wird auf Seite 105 zunächst die Frage aufgeworfen: „Welche finanziellen Auswirkungen auf den Bundeshaushalt hat es, wenn E-Sport zukünftig gemeinnützig ist?“
Dennoch: Dass die Computerspiele-Branche samt ihrer Kernanliegen im Koalitionsvertrags-Entwurf berücksichtigt wird, ist zweifelsohne ein wichtiger Etappen-Erfolg – die Chancen, dass zentrale Formulierungen bis zum finalen Status ‚überleben‘, sind erfahrungsgemäß hoch. Ob und wie schnell die guten Vorsätze dann in die Praxis umgesetzt werden, steht natürlich auf einem anderen Blatt und hängt auch von der Haushaltslage ab.
Entscheidend ist insbesondere die Frage, in welchem Ressort die Games-Politik künftig stattfindet – weiterhin im Wirtschaftsministerium? In einem noch zu gründenden Digitalministerium? Im Kultur-Bereich? Oder in einer ganz anderen Konstellation?
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Niemand, aber auch absolut niemand abseits von ein paar der größten Lobbyisten beim Game Verband, möchte Steueranreize oben auf der Liste der Forderungen von Spieleentwicklern.
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