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Wirtschaftsministerium schafft Games-Referat ab (Update)

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Wirtschaftsminister Robert Habeck (hier bei der Gamescom-Eröffnung mit Game-Geschäftsführer Felix Falk) löst das bislang eigenständige Games-Referat auf - Fotos: BMWK / GamesWirtschaft
Wirtschaftsminister Robert Habeck (hier bei der Gamescom-Eröffnung mit Game-Geschäftsführer Felix Falk) löst das bislang eigenständige Games-Referat auf - Fotos: BMWK / GamesWirtschaft

Stühlerücken in der Behörde von Wirtschaftsminister Habeck: Das Games-Referat verliert seine Eigenständigkeit – von den Verbänden kommt heftige Kritik.

Update vom 15. Juli 2024 (11 Uhr): Ungeachtet der atmosphärischen Störungen zwischen Branchen-Lobby und dem BMWK hat Wirtschaftsminister Robert Habeck für die Gamescom 2024 zugesagt: Der Grünen-Politiker und Vizekanzler wird die Veranstaltung am 21. August offiziell eröffnen.


Update vom 12. Juli 2024 (12 Uhr): Mit dem Aus für das eigenständige Games-Referat beschäftigt sich auch die heutige Ausgabe unserer Kolumnen-Reihe ‚Fröhlich am Freitag‘.


Update vom 11. Juli 2024 (12:30 Uhr): Auch die Opposition bewertet die unterjährige Eingemeindung des Games-Referats als problematisch. Aus Sicht von CDU-Parlamentarier Fabian Gramling – Berichterstatter für Games in der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion – bleibt mit Blick auf die selbstgesteckten Ziele der Bundesregierung wenig übrig:

„Habeck wollte unbedingt das Games-Referat in seinem Haus haben, jetzt beerdigt er es. Nach großen Versprechungen wurde der seit Mai 2023 anhaltende Förderstopp der Computerspieleförderung immer noch nicht aufgelöst. Über die aus dem Bundeskanzleramt versprochenen 33 Mio. € für Games im Jahr 2024 schweigt die Regierung. Minister Habeck schwächt mit der Streichung des Referats nicht nur den Games-Standort Deutschland, sondern schadet auch unserem internationalen Ansehen.“


Update vom 9. Juli 2024 (13:30 Uhr): Auf Anfrage von GamesWirtschaft bestätigt das Wirtschaftsministerium die Zusammenlegung der bisherigen Referate ‚Kultur- und Kreativwirtschaft‘ (VI B4) und ‚Games‘ (VI B5) in ein gemeinsames Referat ‚Kultur- und Kreativwirtschaft; Games‘ (VI B6) unter Leitung von Ministerialrat Frank Fischer.

Die beiden bisher getrennten Referate hätten auch schon zuvor eng zusammengearbeitet – die Zusammenführung erschien mit Blick auf die „inhaltlichen Synergien“ sinnvoll. Games seien eine wichtige „Teilbranche“ der Kultur- und Kreativwirtschaft – was auch den Wechsel der Zuständigkeit vom Verkehrs- ins Wirtschaftsministerium erklärt.

Das Ministerium legt Wert auf den Umstand, dass in der neuen Abteilung auch die Film- und Musik-Industrie verortet sind, für die es zumindest im BMWK keine gesonderten Referate gäbe – wohl aber natürlich beim Kanzleramt im Ressort der Kulturstaatsministerin.


Wirtschaftsministerium schafft Games-Referat ab

Meldung vom 9. Juli 2024 (10 Uhr): Im aktuellen Organigramm auf der Website des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ist die Abteilung VI B 4 noch separat ausgewiesen – doch das dürfte sich zeitnah ändern: Denn das bisher eigenständige Games-Referat wird abgeschafft und in das neue Referat „Kultur- und Kreativwirtschaft / Games“ integriert.

Der Branchen-Verband Game ist auf der Zinne: Zwar würden die Games-Förderung oder der Deutsche Computerspielpreis weitergeführt. Doch die fehlende Eigenständigkeit schränkt die Handlungsfähigkeit ein – gerade mit Blick auf den seit Mai 2023 anhaltenden Antrags-Stopp und die noch zu entwickelnde Förder-Richtlinie ab 2025. Völlig unklar ist zur Stunde auch das Schicksal eines 33-Mio.-€-Games-Pakets, das im Haushalt von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) brach liegt – ohne Anzeichen, wann und wofür das Geld zur Auszahlung kommt.

Game-Geschäftsführer Felix Falk kann die überraschende Entscheidung des Wirtschaftsministeriums nicht nachvollziehen, weil sie im klaren Widerspruch steht zu den Zu- -und Aussagen der Ampel-Koalition und des zuständigen Ministers (gemeint ist Robert Habeck), den Games-Standort stärken zu wollen: Anstatt die wirtschaftliche und kulturelle Relevanz von Games anzuerkennen, drohe ein Rückfall in „vergessen geglaubte Zeiten“, in denen Games gegenüber anderen Kulturformen „systematisch benachteiligt“ worden seien.

„Egal ob Film, Musik oder Literatur – jeder dieser Bereiche hat zurecht ein eigenständiges Referat in der Bundesregierung, da es wichtig ist, die spezifischen Anforderungen der jeweiligen Branche zu adressieren. Games als dem größten und dynamischsten Medien- und Kulturbereich dies wieder zu verwehren, ist ein verheerendes Signal“, kritisiert Falk – und fordert, dem Games-Referat „schnellstmöglich“ wieder zur Eigenständigkeit zu verhelfen.

Zur Begründung verweist der Verband auf die Fülle an abzuschichtenden Aufgaben – etwa die Umsetzung einer steuerlichen Förderung (Tax Breaks / Tax Credits), wie sie die Bundesregierung im Zuge des Haushalts 2025 in Aussicht gestellt hat. Die Koalition habe eine Menge zu tun, um den Rückstand zu anderen Produktions-Standorten aufzuholen. „Das schafft man nicht im Rückwärtsgang“, so Falk.

Ungewöhnlich scharfe Kritik kommt auch vom Deutschen Kulturrat, der ebenfalls Widersprüche der Ampel mit Blick auf die Games-Strategie erkennt. Die Diagnose von Kulturrat-Geschäftsführer Olaf Zimmermann: „Die Bundesregierung fremdelt leider mit der Games-Wirtschaft, obwohl doch gerade hier große Wachstumspotenziale liegen. Das Bundeswirtschaftsministerium will das eigenständige Games-Referat auflösen und die Kulturstaatsministerin lässt die Games-Förderung nicht anlaufen.“

Mit Blick auf die verbleibende Zeit bis zur Bundestagswahl 2025 schwindet bei Zimmermann die Zuversicht, dass es noch zu kurzfristigen Korrekturen kommt: „In der nächsten Legislaturperiode muss endlich Klarheit geschaffen werden, wo die Zuständigkeit für die Games-Förderung liegt, im Wirtschaftsministerium oder bei der Kulturstaatsministerin. Doch jetzt geht es zuerst darum, die zugesagten Förderungen an die Branche endlich zu vergeben und die politische Bedeutung der Games nicht auch noch abzusenken.“

Vorteil eines eigenständigen Referats: Sollten sich Ministerien-Zuschnitte und Zuständigkeiten nach einem Regierungswechsel ändern (was im Falle der Games-Industrie regelmäßig passiert), wird die Abteilung samt eingespieltem Fachpersonal vergleichsweise geräuschlos umgetopft. So konnten nach dem Regierungswechsel 2021 die bis dahin im Verkehrsministerium tätigen ‚Games-Beamten‘ direkt ins Wirtschaftsministerium umziehen – beide Behörden liegen nur 200 Meter Luftlinie voneinander entfernt.

Die Abschaffung des Games-Referats überschattet auch die Gamescom 2024, die am 21. August in Köln startet: Das Wirtschaftsministerium ist enger Partner der Ausrichter und betreibt einen eigenen „Games made in Germany“-Auftritt in der Business Area. Habeck hatte die Gamescom 2023 eröffnet, einen Rundgang durch die Hallen unternommen und sich bei einem Abendessen mit Yves Guillemot (Ubisoft), Lars Wingefors  (Embracer), Arnaud Muller (Bandai Namco) und Phil Spencer (Microsoft Xbox) ausgetauscht.