Start Politik Games-Förderung: Bund sieht Länder in der Pflicht

Games-Förderung: Bund sieht Länder in der Pflicht

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Michael Kellner (Grüne / Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium) und Game-Geschäftsführer Felix Falk (Foto: GamesWirtschaft)
Michael Kellner (Grüne / Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium) und Game-Geschäftsführer Felix Falk (Foto: GamesWirtschaft)

Die Bundesregierung will die Games-Förderung weiterentwickeln – das Wirtschaftsministerium legt nun erste Vorschläge auf den Tisch. Und die haben es in sich.

Im Ziel sind sich alle – Politik, Verband, Entwickler – einig: Wenn Deutschland in der internationalen Games-Industrie eine wahrnehmbare Rolle spielen soll, braucht es seriöse und attraktive Standort-Bedingungen.

Dazu gehört ein wirtschaftliches Ökosystem mit international erfolgreichen Studios und Produkten, vom 1-Mann-/Frau-Startup über Mittelständler bis zum Konzern – und verlässliche, planbare Subventionen auf dem Niveau vergleichbarer Standorte im Ausland, um zu wettbewerbsfähigen Kosten zu produzieren.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf der Gamescom 2023 (Foto: GamesWirtschaft)
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf der Gamescom 2023 (Foto: GamesWirtschaft)

Wie kompliziert die Lage in der Praxis ist und wie sehr der Teufel im Detail steckt, wurde während eines einstündigen Twitch-Livestreams am heutigen Nachmittag deutlich: Michael Kellner (Grüne), einst Habecks Wahlkampf-Manager und heute Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium (BMWK), skizzierte im Dialog mit Verbands-Geschäftsführer Felix Falk, wie sich die Games-Förderung des Bundes ab 2025 weiterentwickeln soll.

  • Unbequeme Wahrheit Nummer 1: Die Förderung neuer Projekte liegt bereits seit Mai 2023 auf Eis. Infolge leerer Kassen gilt der Annahme-Stopp noch mindestens bis Ende des Jahres.
  • Unbequeme Wahrheit Nummer 2: Alle vorgebrachten Ideen und Vorschläge für die Zeit ab 2025 – so sinnvoll und notwendig sie sein mögen – sind vollständig abhängig von der Bereitschaft der Ampel-Parteien, im Rahmen der Haushaltsplanung neue Mittel bereitzustellen. Was, siehe Punkt 1, zuletzt nicht der Fall war. Und was mit Blick auf die – O-Ton – „schwierige und herausfordernde“ Haushaltslage kein Selbstläufer wird.
Computerspiele-Förderung: Die 32 größten Games-Projekte (Stand: 8.12.23)
Computerspiele-Förderung: Die 32 größten Games-Projekte (Stand: 8.12.23)

Die Eckpunkte der Games-Förderung ab 2025 im Einzelnen

Wichtig: Alle vorgestellten Bedingungen geben die Perspektive des Ministeriums wider und sind als Diskussions-Grundlage zu verstehen – in Stein gemeißelt ist noch nichts (zumal die EU das Subventions-Paket auch noch notifizieren müsste).

  • Die möglichen Förderquoten, also die anteiligen Zuschüsse, sollen sich – anders als bis 2023 – an der Unternehmens-Größe orientieren. Große Unternehmen können mit maximal 25 Prozent rechnen – kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) mit maximal 50 Prozent. Dadurch sollen Mitnahme-Effekte vermieden werden – ein Faktor, auf den sowohl Finanzminister Christian Lindner (FDP) als auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verwiesen haben.
  • Für Startups und KMUs soll es darüber hinaus Boni geben – etwa für Neugründungen, eine wirtschaftliche Verwertung in Deutschland, den Innovationsgehalt, Barrierefreiheit und eine klimafreundliche, sprich: CO2-neutrale Produktion.
  • Zuschüsse des Bundes müssen von den Unternehmen  nicht zurückgezahlt werden – auch dann nicht, wenn das Spiel kommerziell erfolgreich ist.
  • Die Förderanträge sollen weiterhin in der Reihenfolge des Eingangs bearbeitet werden. Dieses offenkundig alternativlose ‚Windhund-Verfahren‘ hatte allerdings zuletzt mehrfach dazu geführt, dass die Mittel vorzeitig und vorwarnungslos aufgebraucht waren. Durch ein ‚Fördermittel-Radar‘ und unterjährige Einreich-Stichtage soll mehr Transparenz und Fairness hergestellt werden.
Wirtschaftsminister Robert Habeck, Ubisoft-Sprecherin Nicole Lorenz und Ubisoft Blue Byte-Chef Benedikt Grindel am BMWK-Stand auf der Gamescom 2023 (Foto: GamesWirtschaft)
Wirtschaftsminister Robert Habeck, Ubisoft-Sprecherin Nicole Lorenz und Ubisoft Blue Byte-Chef Benedikt Grindel am BMWK-Stand auf der Gamescom 2023 (Foto: GamesWirtschaft)

Die eigentlichen Hämmer hatte sich Kellner für die zweite Hälfte der Debatte aufgespart:

  • Förderfähige Projekte müssen ein Mindest-Budget von 400.000 € aufweisen. Diese hohe Hürde wäre für die meisten Indie-Studios nicht zu stemmen.
  • Der Bund will sich damit bewusst auf die Ansiedlung und Anwerbung großer Studios und Projekte fokussieren – und sich damit auch von den bestehenden Programmen der Länder abgrenzen. Der Haken: Längst nicht alle Bundesländer verfügen über dedizierte, substanzielle Förderprogramme. Selbst wirtschaftlich starke Standorte wie Hessen, Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz bleiben mit ihren Budgets weit hinter dem Spitzen-Trio NRW, Berlin/Brandenburg und Bayern zurück.
  • Es kommt noch ‚besser‘: Denn künftig soll die Kumulierung – also die Kombination – von Bundes- und Landes-Fördermitteln nicht mehr möglich sein. Kellner begründet die Vorgabe mit dem „bürokratischen Albtraum“, der damit vorgeblich einher geht.

Immerhin: Das Wirtschaftsministerium bekennt sich weiterhin zur Einführung eines Tax-Credit-Systems – also Steuer-Rabatte, wie sie gerade in Kanada und einigen europäischen Ländern gängig sind. Kellner räumt allerdings ein, dass dafür erstens „dicke Bretter“ zu bohren seien und dass es sich zweitens um ein „Instrument für die ‚Großen‘“ handelt. Denn wer sich nach einigen Jahren einen Teil der Investitionen durch die Steuererklärung zurückholen will, muss zwangsläufig über das nötige Kleingeld zur Vorfinanzierung verfügen.

Vorläufiges Fazit: Der Bund verfolgt für die hiesige Games-Industrie sehr offenkundig einen ähnlichen Plan wie für den deutschen Film – nämlich das Ziel, mittel- und langfristig größere Produktionen zu ermöglichen und ins Land zu holen, bis hin zu Blockbustern der AAA-Liga.

Unter die Räder kämen kleine und mittelgroße Betriebe, denen schon jetzt die Mittel für Prototypen und Vorproduktion fehlen und die seit Mai 2023 auf eine Wiederaufnahme des Förderprogramms hoffen. Dass die Bundesländer die Lücke schließen sollen, die das Wirtschaftsministerium durch erstaunlich hohe Hürden aufreißt, dürfte in München, Düsseldorf, Dresden oder Wiesbaden für mittelgroße Begeisterung sorgen.

Offen bleibt zudem die Frage, welches Budget zur Umsetzung der BMWK-Planspiele vonnöten ist – und ob es dafür im politischen Berlin im Lichte der Haushaltslage überhaupt Mehrheiten gibt. Auch zum 100-Mio.-€-Paket, das ab 2024 von der Bundes-Kulturbeauftragten Claudia Roth (Grüne) in die Games-Branche investiert werden soll, liegen weiterhin keine Erkenntnisse vor.

Kellner wird auch an der Verleihung des Deutschen Computerspielpreises am morgigen Donnerstag in München teilnehmen und dort den Hauptpreis für das ‚Beste deutsche Spiel‘ überreichen. Sein Haus – also das Wirtschaftsministerium – ist einer der Mitveranstalter und steuert das Preisgeld von 800.000 € bei.

2 Kommentare

  1. Tragisch – wenn sich das durchsetzt profitieren am Ende die Studios/ Unternehmen, die unter dem Strich nicht unbedingt eine Förderung brauchen – schlussendlich beteiligt sich der Bund dann doch an einem Förderwettstreit (mit dann vollkommen unzureichender Kapitalausstattung) mit anderen Ländern und spielt dem Konzernen in die Karten, wenngleich dann das deutsche Angebot im Vergleich zu anderen Nationen nicht attraktiv ist. Indie-Studios ohne Investoren werden damit systematisch ausgeschlossen.

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