Start Politik Deutsche Games-Industrie will Digitalministerium

Deutsche Games-Industrie will Digitalministerium

0
Kommt das Digitalministerium nach der Bundestagswahl 2021?
Kommt das Digitalministerium nach der Bundestagswahl 2021?

Braucht Deutschland ein Digitalministerium – und wenn ja, wie viele? Der Verband der deutschen Games-Industrie ist der Idee jedenfalls nicht abgeneigt.

Dass die Digitalisierung ein wichtiges Thema im Allgemeinen und bei der Bundestagswahl im Besonderen sein könnte, daran lässt keine Partei auch nur Restzweifel. Allein im CDU-Wahlprogramm findet sich die Vokabel „digital“ an 200 Stellen auf 139 Seiten – vom „digitalen Stromzähler“ bis zu „digitalen Feldfrüchten“.

Doch wer soll diese Herkules-Aufgabe stemmen?

Bislang sind die Digital-Zuständigkeiten im politischen Berlin auf ungefähr alle Ministerien verteilt. So widmet sich das Wirtschaftsministerium von Peter Altmaier (CDU) etwa den Startups und der Netzpolitik, während Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) für den Breitbandausbau und den Mobilfunk ebenso zuständig ist wie für die Subventionierung der Games-Branche und den Deutschen Computerspielpreis. Die Cyber-Sicherheit ist wiederum Sache des Innenministeriums unter Leitung des CSU-Granden Horst Seehofer.

Tür an Tür mit Merkel wirken zudem Kanzleramts-Chef Helge Braun (CDU) plus Dorothee Bär (CSU) als Staatsministerin für Digitales – Letztere mit geringen Befugnissen und ohne Budget, dafür aber mit einem unversiegbaren Fundus an Ideen für Kampagnen, Konzepte, Konferenzen und Kommissionen. Im März 2021 hat Bär gemeinsam mit dem Fachblatt Bravo einen Jugendbeirat eingerichtet: Wer Ideen hat, was er als König*in von Deutschland verändern würde, möge eine E-Mail an ideen_stmin_digital@bk.bund.de schicken.

Mit dem Flickenteppich soll Schluss sein: Die Union schlägt in ihrem Programm (GamesWirtschaft-Analyse) ein dediziertes „Bundesministerium für digitale Innovationen und Transformation“ vor, das die technologischen Herausforderungen koordiniert. Als konkrete Beispiele werden der elektronische Personalausweis oder auch die Corona-App genannt, die folglich aus dem Verantwortungsbereich von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) respektive seines Nachfolgers herausgelöst werden würde.

Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet wirbt schon seit langem für das Digitalministerium, ebenso der mögliche Koalitionspartner FDP. Die Freien Demokraten haben bereits entsprechende Anträge in den Bundestag eingebracht. Bei der SPD ist das Bild uneinheitlich – gerade an der Spitze ist man skeptisch: Parteichefin Saskia Esken stichelt, ein solches Ressort sei „so 80er“ – Vize-Kanzler Olaf Scholz präferiert im Falle eines Wahlerfolgs eine Verortung im Kanzleramt. Bei den Grünen und bei den Linken sorgt man sich um die Tendenz zur Symbolpolitik.

Überwiegend sind sich die Parteien jedoch darin einig, dass das Digitalministerium nur dann Sinn ergibt, wenn es analog zu anderen Querschnitts-Ministerien – allen voran Justiz oder Finanzen – mit entsprechenden Kompetenzen und Befugnissen, vor allem aber mit fähigem Personal und Geldmitteln ausgestattet ist.

IT-Verbände wie der Bitkom haben sich in der Frage längst positioniert: Das Digitalministerium ist überfällig. Und wie hält es die deutsche Games-Industrie?

Nach anfänglicher Dissonanz, holprigem Start und zwischenzeitlichen Verständigungsproblemen zwischen Antragsstellern und Antragsentscheidern hat sich die Computerspiele-Förderung des Bundes eingespielt. 50 Millionen Euro hat der Bundestag pro Jahr eingeplant – die Branche wird sich anstrengen müssen, um diesen Rahmen bis Jahresende auszureizen. Allzu große Hürden hat Scheuers Ressort jedenfalls nicht aufgebaut: Bezuschusst werden nicht nur komplett neue Games, sondern auch Erweiterungen (DLCs) und Portierungen bestehender Produkte auf andere Plattformen.

Game-Geschäftsführer Felix Falk und Verkehrsminister Andreas Scheuer beim Besuch des Berliner Studios Yager (Foto: Game / Franziska Krug / Getty Images)
Game-Geschäftsführer Felix Falk und Verkehrsminister Andreas Scheuer beim Besuch des Berliner Studios Yager (Foto: Game / Franziska Krug / Getty Images)

Seitens des Verbands gibt es eine vertrauensvolle, um nicht zu sagen: enge Zusammenarbeit mit dem Minister und seinen Beamten. Mit einem eigenen Referat „Games in Deutschland“ und einer „Games-Strategie für den Standort Deutschland“ macht das Verkehrsministerium außerdem deutlich, dass man die Zuständigkeit inklusive des dazugehörigen 250-Millionen-Euro-Etats bis 2026 ungern wieder hergeben möchte.

Beim Berliner Branchenverband ist man ungeachtet der tendenziell positiven Entwicklung jedoch der Meinung, dass „nach der Bundestagswahl ein Digitalministerium auf Bundesebene eingerichtet werden sollte“, wie der Game auf Anfrage mitteilt.

„Angesichts der langsamen Entwicklung und fehlenden Konsequenz bei der der Digitalisierung in Deutschland ist unsere Überzeugung als Verband in diesem Punkt über die Jahre immer stärker geworden“, betont Geschäftsführer Felix Falk. „Es braucht endlich klare, schnelle und große Fortschritte, wenn wir aufholen wollen. Die Digitalisierung unserer Gesellschaft und Wirtschaft ist eine der größten Aufgaben unserer Zeit und muss zentral politisch gesteuert und effizient koordiniert werden.“

Klar sei aber auch: Damit so ein Digitalministerium wirklich erfolgreich arbeiten könne, müsse es mit ausreichend Kompetenzen, Personal, Know-how und Budget ausgestattet werden, so Falk. „Und auch unabhängig davon müssen alle Ministerien einen Schwerpunkt auf Digitalisierung legen. Dabei muss zudem die Arbeitsweise in Politik und Verwaltung insgesamt endlich noch schneller, agiler und chancenorientierter werden, um dem digitalen Wandel gerecht zu werden.“

Ein neues Digitalministerium könne laut Falk „sicherlich auch eine gute politische Heimat für Games sein“, die ja ganz generell als Innovationstreiber für digitale Technologien gelten: „Wie sinnvoll so eine Verortung aber ist, hängt stark von den konkreten Aufgaben und Ressourcen eines solchen Ministeriums ab.“

Analog zur Bundestagswahl 2017 will der Verband im Übrigen rechtzeitig vor dem Wahltermin am 26. September 2021 einen Forderungskatalog aufstellen. Es spricht viel dafür, dass zum 10-Punkte-Programm auch der dringende Wunsch nach einem eigenen Digitalministerium gehört.