Start Politik Reaktionen auf eSport-Kritik am DOSB-Neujahrsempfang (Update)

Reaktionen auf eSport-Kritik am DOSB-Neujahrsempfang (Update)

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Das DOSB-Präsidium lehnt es ab, weiterhin von eSport zu reden, wenn es um eSport geht - und präferiert stattdessen den BEgriff
Das DOSB-Präsidium lehnt es ab, weiterhin von eSport zu reden, wenn es um eSport geht - und präferiert stattdessen den BEgriff "eGaming" (Foto: DOSB / Jörg Carstensen)

Die eSport-kritische Rhetorik beim DOSB-Neujahrsempfang 2019 stößt auf Kritik von Verband, Digital-Staatsministerin und Oppositions-Politikern.

Update vom 29. Januar 2019 (17 Uhr): „eSport ist gekommen, um zu bleiben“ – so kommentiert der eSport-Bund Deutschland (ESBD) die Äußerungen von DOSB-Präsident Hörmann und Hessens Innen- und Sportminister Peter Beuth während ihrer Reden beim DOSB-Neujahrsempfang 2019 in Frankfurt.

Es sei bedauerlich, wenn „einzelne Landespolitiker“ (gemeint ist Beuth) zusammen mit dem DOSB die Türen gegenüber der eSport-Bewegung zuschlagen und auch noch von innen verriegeln wollen, so ESBD-Präsident Hans Jagnow. Das In-Frage-Stellen von eSport zeuge von der Vorstellung, dass gesellschaftliche Entwicklungen verschwinden, wenn man sie nur energisch genug ignorieren würde.

Als „grob unsportlich“ gegenüber dem ehrenamtlichen Engagement und der eSport-Community wertet Jagnow die Feststellung des hessischen Innenministers, der eSport sei rein kommerziell geprägt. Anstatt der ESBD-Forderung nach einer „wertebasierten Entwicklung“ des eSports zu folgen, würden DOSB-Fachsportverbände rein kommerzielle Wettbewerbe für sportbezogene Spiele ins Leben gerufen. Jagnow verweist hier offenbar auf die neu eingeführte VBL Club Championship von Deutscher Fußball-Liga (DFL) und Electronic Arts, an der sich 22 Vereine der ersten und zweiten Bundesliga beteiligen. Jagnow: „Das ist an Unaufrichtigkeit kaum zu überbieten.“

Update vom 29. Januar 2019 (14 Uhr): Aus Sicht der FDP-Bundestagsabgeordneten Britta Dassler gehen die Äußerungen von DOSB-Präsident Alfons Hörmann „völlig an der Realität vorbei“. Die motorischen und psychischen Fähigkeiten von eSportlern seien mehr als beeindruckend. Die sportpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion fordert daher eine „umfassende Anerkennung des eSports in Deutschland“ – das Land stünde vor der Wahl, ob es den digitalen Wandel aktiv mitgestalte oder den Anschluss verpassen wolle. „Für die junge Generation ist es gar keine Frage mehr, ob eSport richtiger Sport ist. Er gehört einfach dazu“, so Dassler.

Digital-Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) reagierte via Twitter auf die Zuspitzung des hessischen Innenministers Beuth, eSport sei kein Sport, sondern eher mit Stricken vergleichbar: „Das können nur Männer behaupten, die früher den Handarbeitsunterricht geschwänzt haben.“

DOSB-Neujahrsempfang: „eSport existiert in dieser Form nicht!“ (Meldung vom 28. Januar 2019)

Beim DOSB-Neujahrsempfang 2019 haben sowohl der Olympische Sportbund als auch Hessens Innenminister Peter Beuth ihre ablehnende Haltung zum eSport untermauert.

„Die Digitalisierungsbeauftragte mag noch mehrere Male festhalten: ‚eSport ist Sport. Punkt‘. Und wir formulieren: ‚eSport existiert in dieser Form nicht – Ausrufezeichen‘. Und es wird auch nicht ins olympische Programm kommen!“

DOSB-Präsident Alfons Hörmann hatte seine Spitze gegen CSU-Staatsministerin Dorothee Bär noch nicht beendet, als das Publikum im Frankfurter Römer bereits zu kräftigem Applaus ansetzte. In der ersten Reihe beim traditionellen Neujahrsempfang des Deutschen Olympischen Sportbunds: Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU), der zuvor dem Spitzenverband für die Positionierung zum Thema „eSport“ ausdrücklich gedankt hatte. Beuth ging noch einen Schritt weiter: Computerspiele seien ‚genauso wenig Sport wie Stricken oder Blockflöten‘ – ungeachtet der Konzentration und Fingerfertigkeit, die in allen Fällen vonnöten sei. Mit Sport habe dies indes nichts zu tun. Die DOSB-Positionierung sei ein kluger Kompromiss, bei dem es darum gehe, sportliche Werte wie Respekt und Fairplay vor der – Zitat – „gewinnorientierten E-Gaming-Industrie zu schützen“.

Beuth hatte im November 2018 dafür geworben, den Begriff ‚eSport‘ „auszuradieren“. Für die Wortwahl war er unter anderem vom eSport-Bund (ESBD) scharf kritisiert worden.

Hintergrund: Der Deutsche Olympische Sportbund hat im Herbst 2018 nahezu einstimmig beschlossen, in Deutschlands Sportvereinen maximal ‚virtuelle Sportsimulationen‘ zu betreiben – sprich: „FIFA 19“, „PES 2019“, „NBA 2K19“ oder „F1 2018“. Alle anderen eSport-Disziplinen – von „League of Legends“ bis „Fortnite“ – gelten als „eGaming“ und sollen keine Anwendung finden, ebensowenig wie der Begriff „eSport“.

Das ablehnende DOSB-Votum hat erhebliche Signalwirkung für die künftige sportpolitische Anerkennung des eSport bis hin zu einer „olympischen Perspektive“, wie er im Koalitionsvertrag von Union und SPD vorgesehen ist. Das für den Sport zuständige, CSU-geführte Bundesinnenministerium hat sich der neuen DOSB-Definition bereits angeschlossen.

DOSB-Neujahrsempfang: Präsident Hörmann verteidigt eSport-Absage

In seiner Ansprache hat DOSB-Präsident Alfred Hörmann keinen Zweifel daran gelassen, dass die bilateralen Beziehungen zwischen klassischem Sport und eSport-Branche mindestens als zerrüttet gelten. „Natürlich hätten wir es uns im vergangenen Jahr leichter und einfacher machen können, indem wir dem Mainstream gefolgt wären und uns gekonnt als jene inszeniert hätten, die neue Trends aufgreifen und aufnehmen und auch ein solches Thema offensiv angehen“, so Hörmann. „Das wäre von vielen Seiten wahrscheinlich positiver aufgenommen worden. Allerdings von den Seiten, die uns unterm Strich wohl weniger wert sein dürfen oder sollten als diejenigen, die uns mit großer Unterstützung in unserer Positionierung unterstützt und auch den notwendigen Rückenwind gegeben haben. Und ich formulier’s – ohne da jetzt noch einmal in eine Grundsatzdiskussion einzusteigen – relativ einfach und kurz: Es mag aus den Reihen der Politik formulieren wer auch immer es sein möge – die Autonomie des Sports darf auch und gerade in solchen Themen niemals unterlaufen werden. Da müssen wir weiterhin die bewährte Rollenverteilung aufrecht erhalten.“

Weitere Hintergrund-Informationen zur Debatte um die (sport)politische Anerkennung von eSport / eGaming / eFootball finden Sie in folgenden Beiträgen:

6 Kommentare

  1. man sieht es am Bild oben. Der DOSB besteht aus älteren Damen und Herren die aus einer anderen Zeit kommen und scheinbar eine eingefahrene Einstellung haben. esports kann man nicht mehr wegreden und mit jedem Satz mit dem Unwort „egaming“ machen Sie sich noch unglaubwürdiger weil niemand ausser ihnen selbst dieses Wort nutzt. Im Endeffekt bremsen Sie nur die Zukunft aus. Der eSport ist wirtschaftlich nicht mehr wegzudenken.

  2. Der DOSB ist ehrlich wie Deutschland. Technisch Rückschrittlich. Wegen so einer inakzeptanz wird jedem E-Sportler vorgeworfen nur eine Begründung zu haben um deren Sucht zu kompensieren. Ich will nur Festhalten, dass wenn E-Sport nicht akzeptiert wird, wieso aber Schach? Schach hat nichts mit Sport zu tun, ist aber eine Olympia Disziplin. Dieser Stress, die Angst ein Fehler zu machen etc. findet man auch in E-Sport Titel wieder. Einfach nur traurig in einem Land zu leben was sich so technisch freiwillig zurückwirft.

  3. Ich würde esport mit Schach vergleichen. Und Schach ist keine olympische Disziplin. Wieso sollte es esport sein?

    • Ich würde es eher mit Schießen vergleichen. Und das ist eben olympisch. Ist auch keine körperliche Aktivität und reine Kopfsache.

  4. Die haben es ja ganz treffend formuliert.
    eSport ist kein Sport. Deswegen das kleine e vorneweg.
    Was der DOSB nach wie vor nicht realisiert hat: Mit dem Begriff hat er nichts zu tun, der ist international schon einige Jahre etabliert.
    Inzwischen gibt es auch ohne Unterstützung von DOSB und Bund bereits Verbände die versuchen Werte und Sportsgeist zu vermitteln sowie hoch dotierte Turniere mit reichlich Zuschauern. Ein Beispiel: das Finale 2018 in League of Legends hatte 200 Millionen Zuschauer, das meistgesehene Turnier im Fussball bei der WM in Russland kam auf 40.
    An den Zahlen kann man sicher noch diskutieren, der Punkt ist aber folgender; der eSport hat seinen Platz und sein Publikum bereits gefunden. Jetzt ist nur noch abzuwarten wie er sich weiterentwickelt. Der DOSB und die Anerkennung als offizieller Sport in einem Kaff wie Deutschland spielt dabei jedoch keine Rolle.

    • Sehr treffend formuliert.
      Dass der DOSB sich raus nimmt, den Begriff „eSport“ umprägen zu wollen, habe ich auch nie verstanden. Der Begriff ist eh schon etabliert, da gab es und wird es nie eine Unterscheidung nach Sport-Simulatoren und anderen Spielen geben. Und dass es beim eSport nicht um die körperliche Betätigung, sondern um den Wettkampf/-Streit selbst geht, scheinen die ja auch noch immer nicht verstanden zu haben (Verweis auf den Vergleich zu Stricken und Blockflöten).

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