Start Politik Dorothee Bär: „Der DCP reicht nicht als Förderung“

Dorothee Bär: „Der DCP reicht nicht als Förderung“

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BIU-Geschäftsführer Felix Falk, BMVI-Staatssekretärin Dorothee Bär und GAME-Vorstand Linda Breitlauch bei der Vertragsunterzeichnung im Verkehrsministerium (Foto: DCP/Dirk Deckbar)
BIU-Geschäftsführer Felix Falk, BMVI-Staatssekretärin Dorothee Bär und GAME-Vorstand Linda Breitlauch bei der Vertragsunterzeichnung im Verkehrsministerium (Foto: DCP/Dirk Deckbar)

Exklusiv-Interview: Staatssekretärin Dorothee Bär (CSU), BIU-Geschäftsführer Felix Falk und GAME-Vorstand Linda Breitlauch über die neue Computerspielpreis-Vereinbarung.

[no_toc]Mit knapp 58 Prozent hat Dorothee Bär vor vier Jahren „ihren“ Bundestagswahlkreis Bad Kissingen gewonnen. Auf der CSU-Landesliste kandidiert sie am Sonntag direkt hinter Joachim Herrmann und ihrem derzeitigen Vorgesetzten, Verkehrsminister Alexander Dobrindt. Es spricht also viel dafür, dass Bär auch ab kommendem Montag dem neuen Bundestag angehört.

Zuvor hat die Parlamentarische Staatssekretärin im Verkehrsministerium als eine ihrer letzten Amtshandlungen der laufenden Legislatur noch den Weg frei gemacht für den Deutschen Computerspielpreis 2018 und 2019. Gemeinsam mit den beiden Branchenverbänden BIU und GAME wurde eine neue Vereinbarung unterzeichnet, die eine Reihe von Änderungen gegenüber dem bisherigen Vertragswerk vorsieht.

Kaum war die Tinte getrocknet, stellten sich Dorothee Bär (gleichzeitig Jury-Vorsitzende des Deutschen Computerspielpreises), GAME-Vorstandsmitglied Linda Breitlauch und BIU-Geschäftsführer Felix Falk den GamesWirtschaft-Fragen im Rahmen eines Exklusiv-Interviews.

Deutscher Computerspielpreis 2018: „Parität beim Preisgeld ist das falsche Signal.“

GamesWirtschaft: In den bisherigen Vereinbarungen war der DCP als „wesentliches Förderinstrument für die Spielewirtschaft in Deutschland“ deklariert. In der neuen Fassung ist davon keine Rede mehr – stattdessen wird der DCP als reiner Förderpreis bezeichnet. Warum diese Abgrenzung?

Bär: Der Preis reicht nicht als Förderung. Wir müssen auch eine grundlegende strukturelle Games-Förderung in der nächsten Legislaturperiode hinbekommen. Der Preis ist wichtig für die Vernetzung, für die Aufmerksamkeit und der Preis hat natürlich Fördergelder. Aber es wird der Branche nicht gerecht, dass sie bislang keine strukturelle Games-Förderung hat. Das ist ein wesentlicher Punkt, der in den nächsten Koalitionsverhandlungen Einzug halten soll.

Falk: Wir haben uns sehr bewusst für diese Formulierung entschieden, damit auch Weiterentwicklungen möglich sind und auch eingefordert werden können. Wir sind der Meinung, dass etwa die Parität beim Preisgeld das falsche Signal ist. Mit der neuen Vereinbarung machen wir zudem sehr deutlich, dass der Deutsche Computerspielpreis kein Ersatz für eine strukturelle Förderung sein kann und dass die Preisgelder weiter steigen sollen. Dass Preisträger ihre eigene Auszeichnung finanzieren müssen, widerspricht dem eigentlichen Ziel, das mit dem Deutschen Computerspielpreis verfolgt wird und bedeutet zudem eine Ungleichbehandlung mit allen anderen Kultur- und Medienpreisen der Bundesregierung.

BIU-Geschäftsführer Felix Falk: „Wir werben für die Gleichbehandlung mit anderen Kulturpreisen.“

Der BIU hat an verschiedener Stelle darauf hingewiesen, dass der DCP der einzige Kulturpreis in Deutschland sei, bei dem die Branche das Preisgeld selbst finanziert. In den nächsten Jahren wird sich an diesem Zustand nichts ändern. Warum hat der BIU der Regelung trotzdem zugestimmt? Und woran ist es gescheitert, dass der Bund das komplette Preisgeld stellt?

Falk: Die Vereinbarung verhindert nicht, dass sich etwas ändert, sondern sie ermöglicht es. Aber man muss auch sehen, dass der Bundestag maßgeblich über die Finanzierung des Deutschen Computerspielpreises entscheidet. Das können wir als Träger nicht allein. Die neue Vereinbarung ist deshalb so gestaltet, dass der Bundestag die paritätische Finanzierung jederzeit beenden kann. Wir gehen daher mit vereinten Kräften in die neue Legislaturperiode und werben dafür, dass eine Gleichbehandlung mit anderen Kulturpreisen stattfindet. Selbstverständlich übernehmen wir als Branche weiterhin Verantwortung, beispielsweise bei der Preisverleihung oder mit der wesentlichen Beteiligung der Stiftung Digitale Spielekultur.

Bär: Man muss immer realistisch sehen, wo wir beim DCP herkommen und wo wir hin wollen. Wir brauchen eine stärkere Beteiligung des Bundes. Der Wunsch ist klar, aber wir müssen immer auch die Realität im Blick behalten. In der nächsten Runde kann man sich dem Idealbild – der Bund zahlt 100 Prozent – weiter annähern.

Linda Breitlauch: „Games-Industrie nimmt schon jetzt Verantwortung wahr.“

Wer finanziert die Preisgelder? Bleibt es bei der hälftigen Aufteilung zwischen Politik und Wirtschaft?

Falk: Die genaue Aufteilung der Preisgelder werden wir später bekannt geben. Das BMVI wird ja auch während der laufenden Koalitionsverhandlungen für den Deutschen Computerspielpreis zuständig sein, bis die neue Bundesregierung – möglicherweise – eine neue Ressortzuständigkeit beschließt. Das BMVI ist also weiterhin unser Ansprechpartner und wir werden gemeinsam an der Ausgestaltung des Preises arbeiten. Klar ist dabei die Richtung, in die es gehen muss. Die Bundesregierung soll stärker Verantwortung übernehmen bis hin zur Übernahme der kompletten Preisgelder so wie es auch bei anderen Preisen der Bundesregierung der Fall ist. Als Vertreter der Wirtschaft übernehmen wir in anderen Bereichen Verantwortung.

Breitlauch: Wir werden alles versuchen, auf der einen Seite die Preisgelder zu erhöhen und auf der anderen Seite den Anteil der Wirtschaft zu senken. In diesem Zusammenhang werden wir auch noch einmal darstellen, welche Verantwortung die Industrie bereits jetzt wahrnimmt – nicht nur finanzieller Art, sondern auch mit Mentorenleistungen, mit Medialeistungen, mit der USK oder mit der Stiftung Digitale Spielekultur.

Dorothee Bär: „Kurze Laufzeit erhöht den Druck auf handelnde Personen“

Die neue Vereinbarung deckt nur die Jahre 2018 und 2019 ab – und nicht die komplette Legislaturperiode bis 2021. Warum?

Falk: Wir wollen den Deutschen Computerspielpreis in der kommenden Legislaturperiode weiterentwickeln und deshalb auch schneller in grundlegende Gespräche mit der neuen Bundesregierung eintreten.

Bär: Ich finde es ganz wichtig, dass wir nicht so eine lange Vorfestlegung einziehen. Eine neue Vereinbarung ist immer auch eine Chance, um zu prüfen, ob es nicht noch weitere Verbesserungen geben kann. Damit erhöht man natürlich auch den Druck auf die handelnden Personen, sich mit der Thematik zu befassen und sich nicht mit dem Status Quo abzufinden, sondern aktiv am Preis zu arbeiten.

In der Vereinbarung ist für den DCP 2019 ein Neuzuschnitt der Kategorien eingeplant. Was hat es damit auf sich?

Breitlauch: Zum einen haben wir festgestellt, dass die Kategorie-Beschreibungen ein bisschen in die Jahre gekommen sind und dass wir die Kriterien gerne konkreter formulieren möchten. Wir haben jetzt sowohl die Fachjury als auch die Hauptjury deutlich gestärkt – das gibt uns dann in 2018 die Chance, nochmal an das Reglement heranzugehen. Zum Beispiel könnte man überlegen, Preise nicht nur an Unternehmen zu verleihen, sondern auch an einzelne Personen.

Felix Falk: „Wechsel zwischen München und Berlin dient dem Wettbewerb zwischen den Standorten“

Bislang gab es drei Preise in der Nachwuchs-Kategorie. Warum wurde die Kategorie in zwei mal zwei Preisträger aufgesplittet?

Breitlauch: Bei den Nachwuchspreisen hatten wir in den vergangenen Jahren das Problem, dass wir Einreichungen mit und ohne Prototyp hatten. Wir konnten die jeweiligen Leistungen nicht hinreichend würdigen. Viele haben sich auch nicht getraut, sich mit einer Idee ohne Prototyp zu bewerben. In Zukunft reicht man also in der einen oder in der anderen Kategorie ein.

Der DCP wird auch künftig im Wechsel in München und Berlin verliehen. Welche Überlegung steckt hinter dieser Regelung?

Bär: Ich denke, dass es gut ist, mehrere Länder in die Pflicht zu nehmen. Es ist eine gute Chance zu zeigen, dass wir ein föderaler Staat sind und auch durch die Gamescom 2017 in Köln und die Verleihung in Berlin und München nicht auf eine Stadt festgelegt sind. Das zeigt auch noch einmal die ganze Bandbreite der Branche. Ich finde das ganz positiv – auch, weil es die jeweiligen Landesregierungen zwingt, sich zum Thema Gaming zu bekennen.

Falk: Der Wechsel der Orte war am Anfang gewöhnungsbedürftig, hat sich aber jetzt gut eingespielt. Und es dient eben auch dem Wettbewerb zwischen den Standorten, der durchaus dazu beigetragen hat, dass die Gala jedes Jahr noch besser geworden ist.

Dorothee Bär: „DCP wäre am besten in einem Digitalministerium aufgehoben“

Frau Bär, wenn wir zum Schluss eine Runde Wünsch-dir-was spielen: Wo wäre der DCP aus Ihrer Sicht am besten aufgehoben – in einem noch zu gründenden Digitalministerium? Im Kanzleramt? Im Wirtschaftsministerium?

Bär: Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich mir ein eigenes Digitalministerium wünschen würde – und dort wäre der DCP natürlich am besten aufgehoben. Ein Staatsminister für Digitalpolitik, wie er im gemeinsamen CDU-/CSU-Regierungsprogramm vorgesehen ist, wäre natürlich die zweitbeste Lösung.

Ich glaube, dass der Preis so großartig ist, dass wir ihn sogar im Familien- oder im Landwirtschaftsministerium promoten könnten. Es kommt am Ende gar nicht darauf an, welches Ministerium dafür zuständig ist, sondern dass es dort Menschen gibt, die mit Leidenschaft den Preis verteidigen und weiter entwickeln. Das ist das Entscheidende.

Wenn man den DCP in einem Digitalministerium unterbringt und dort niemanden hat, der sich für das Thema interessiert, dann ist das schlechter, als wenn der Preis im Entwicklungshilfeministerium oder Auswärtigen Amt angesiedelt ist, wo jemand sagt: ‚Das ist meine große Leidenschaft‘. Deshalb kommt es nicht so sehr auf die Aufhängung an, sondern auf die handelnden Personen.

Weitere Informationen rund um den Deutschen Computerspielpreis: