Mit einem Mix aus Rollenspiel und Minecraft holt sich Keen Games den Hauptgewinn beim Deutschen Computerspielpreis 2017: „Portal Knights“ erhält den Titel für das „Beste deutsche Spiel“ und 110.000 Euro.
[no_toc]“Das Wichtigste zuerst: Bayern führt!“ jubelte die Jury-Vorsitzende Dorothee Bär eingangs ihrer Laudatio ins Mikro – zu diesem Zeitpunkt stand es noch 2:1 im DFB-Pokal-Halbfinale „ihrer“ Bayern gegen Borussia Dortmund.
Zwei Tore später sollte sich das Ergebnis drehen – und der Rekordmeister verabschiedete sich spektakulär aus dem Wettbewerb, ebenso wie gut eine Stunde zuvor bereits das Münchner Studio Mimimi Productions.
Und das kam so: Im Hintergrund wurde bereits der überdimensionale 40.000-Euro-Scheck auf die Bühne gewuchtet, Laudator Jens Kosche wollte die Trophäe für das „Beste Gamedesign“ an die Macher von „Shadow Tactics: Blades of the Shogun“ übergeben – doch der Electronic-Arts-Geschäftsführer wurde genauso ignoriert wie Moderatorin Barbara Schöneberger. Stattdessen trat Spieldesigner Dominik Abé eilig ans Mikrofon, dankte für die Anerkennung und erklärte, Mimimi könne an diesem Abend leider keine Preise annehmen.
Dann verließ er die Bühne.
Deutscher Computerspielpreis 2017: Eklat mit Ansage
Für zweieinhalb Sekunden verschlug es sogar der kampferprobten Schöneberger die Sprache, die sich sofort an den von ihr moderierten Eurovision-Song-Contest-Vorentscheid 2015 erinnert fühlte, als Sieger Andreas Kümmert aus dem Nichts verkündete, er könne die Wahl nicht annehmen. Im Publikum setzte natürlich umgehendes Rätselraten ein, was das Studio bewogen haben könnte, das stattliche Preisgeld abzulehnen – das schlimmsten-/bestenfalls auf 150.000 Euro hätte anwachsen können, denn das bereits hochdekorierte Echtzeit-Taktik-Spiel war auch in der Hauptkategorie „Bestes deutsches Spiel“ nominiert.
Im Nachgang haben sowohl Mimimi Productions als auch beide Branchenverbände entsprechende Stellungnahmen veröffentlicht: Demnach sei es in der Hauptjury-Sitzung zu Ungereimtheiten bei der Stimmenauszählung gekommen. Nach Darstellung von Mimimi Productions lägen „ernstzunehmende Bedenken“ vor, dass es in der Hauptjury-Sitzung keine „vernünftige Auseinandersetzung mit den eingereichten Spielen“ gegeben habe.
Der Eklat mit Ansage überlagerte zwangsläufig die Gespräche der After-Show-Party und hinterließ zudem irritierte Preisträger, die sich fragten, ob ihre Kategorie zu jenen dreien gehören, in denen – nach Darstellung des GAME Bundesverbands – falsch gezählt wurde. Sprich: ob Applaus, Glückwünsche, Titel und Preisgeld wirklich gerechtfertigt sind.
Jenseits des pikanten Vorfalls lief die Computerspielpreis-Gala reibungslos – im Gegensatz zum Live-Stream, der von technischen Problemen geplagt wurde. Zu den prominenten Laudatoren gehörten Paradiesvogel Olivia Jones, Komiker Kurt Krömer, Jury-Vorsitzende Dorothee Bär, Letsplay-König Gronkh und Verkehrsminister Alexander Dobrindt. Charts-Stürmer Mark Forster gab in der Halbzeitpause drei seiner größten Hits zum Besten, darunter „Chöre“.
Deutscher Computerspielpreis 2017: Portal Knights ist das „beste deutsche Spiel“
In Summe 550.000 Euro Preisgeld verteilten die drei Ausrichter an diesem Abend an die Sieger in den nationalen Kategorien – schließlich soll der Deutsche Computerspielpreis in erster Linie die heimische Entwickler-Landschaft fördern. Die internationalen Kategorien sowie der Publikumspreis sind undotiert.
Alle Sieger beim Deutschen Computerspielpreis 2017 im Überblick:
Bestes Deutsches Spiel 2017 (Preisgeld: 110.000 Euro + 60.000 Euro Medialeistungen)
Portal Knights – Keen Games, Frankfurt + 505 Games, Mailand
Ebenfalls nominiert:
- On Rusty Trails – Black Pants Studio, Berlin/Kassel
- Shadow Tactics: Blades of the Shogun – Mimimi Productions, München + Daedalic Entertainment, Hamburg
Bestes Nachwuchs-Konzept 2017 (Platz 1: 45.000 Euro / Platz 2: 30.000 Euro / Platz 3: 15.000 Euro + jeweils 10.000 Euro Mentoring-Leistungen)
DYO – Fabian Golz, Oliver Langkowski, Josia Roncancio, Ragnar Thomsen, Maximilian Warsinke (HTW Berlin)
Ebenfalls nominiert:
- Isometric Epilepsy – György János Droste, Juan Camilo Orjuela Lozano, Bálint Márk, Utz Stauder, (TH Köln)
- ViSP – Virtual Space Port – Timo Falcke, Sandro Heuberger, Ngoc Hoang Tran (HTW Berlin)
Bestes Kinderspiel (75.000 Euro)
She Remembered Caterpillars – Jumpsuit Entertainment, Kassel
Ebenfalls nominiert:
- Fiete Cars -Ahoiii Entertainment, Köln
- Portal Knights – Keen Games, Frankfurt am Main
Bestes Jugendspiel (75.000 Euro)
Code 7 – Episode 0: Allocation – Goodwolf Studio, Bonn
Ebenfalls nominiert:
- 12 Orbits – Roman Uhlig, Darmstadt
- Portal Knights – Keen Games, Frankfurt am Main
Beste Innovation (40.000 Euro)
VR Coaster Rides and Coastality App – VR Coaster, Kaiserslautern
Ebenfalls nominiert:
- Fightlings – Thoughtfish, Berlin
- Holocafé – Holocafé Eberlei, Karger, Kreutz GbR, Düsseldorf
Beste Inszenierung (40.000 Euro)
Robinson: The Journey – Crytek, Frankfurt am Main
Ebenfalls nominiert:
- Future Unfolding – Spaces of Play, Berlin
- On Rusty Trails – Black Pants Studio, Berlin / Kassel
Bestes Serious Game (40.000 Euro)
- Debugger 3.16: Hack’n‘Run – Spiderwork Games, Vechta
- Orwell – Osmotic Studios, Hamburg
Ebenfalls nominiert:
Meister Cody: Namagi – Kaasa health, Düsseldorf
Bestes Mobiles Spiel (40.000 Euro)
Glitchskier – Shelly Alon, Hamburg
Ebenfalls nominiert:
- Galaxy on Fire 3: Manticore – Deep Silver Fishlabs, Hamburg / Koch Media, Planegg
- Twisted Lines – Megagon Industries, Berlin / München
Bestes Gamedesign (40.000 Euro)
Shadow Tactics: Blades of the Shogun – Mimimi Productions, München / Daedalic Entertainment, Hamburg
Ebenfalls nominiert:
- On Rusty Trails – Black Pants Studio, Berlin / Kassel
- Robinson: The Journey – Crytek, Frankfurt am Main
Bestes internationales Spiel (undotiert)
The Legend of Zelda: Breath of the Wild – Nintendo
Ebenfalls nominiert:
- The Last Guardian – Sony Interactive Entertainment
- Uncharted 4: A Thief’s End – Sony Interactive Entertainment
Bestes Internationales Multiplayer-Spiel (undotiert)
Overwatch – Activision Blizzard
Ebenfalls nominiert:
- 1-2-Switch – Nintendo
- Battlefield 1 – Electronic Arts
Beste Internationale neue Spielewelt (undotiert)
Uncharted 4: A Thief’s End – Sony Interactive Entertainment
Ebenfalls nominiert:
- Battlefield 1 – Electronic Arts
- The Last Guardian – Sony Interactive Entertainment
Sonderpreis der Jury (undotiert)
Deutsches Computerspielemuseum Berlin
Publikumspreis (undotiert)
The Witcher 3: Blood and Wine – CD Projekt und Bandai Namco
Weitere Informationen rund um den Deutschen Computerspielpreis finden Sie in den folgenden Beiträgen:
- Mimimi Productions und der DCP 2017: Alle Fragen offen
- Bund der Steuerzahler: Games-Branche kommt ohne Subventionen aus
- Bund der Steuerzahler kritisiert Computerspielpreis
- Deutscher Computerspielpreis: Das ist die Jury
- Deutscher Computerspielpreis: Preisgeld steigt auf 550.000 Euro
- Dorothee Bär: „Werde mich weiter für die Computerspielbranche einsetzen“
- Weiter, immer weiter (Kolumne)
- Deutscher Computerspielpreis: Eine Branche kauft sich frei (Kolumne)
- Preiskampf um Deutschen Computerspielpreis
Disclaimer: GamesWirtschaft-Chefredakteurin Petra Fröhlich ist Jury-Mitglied des Deutschen Computerspielpreises und war 2017 Fachjury-Mitglied in der Kategorie „Bestes Gamedesign“ sowie Teil der 25köpfigen Hauptjury. Alle Jury-Mitglieder unterzeichnen eine branchenübliche Vertraulichkeitsvereinbarung, die vorsieht, dass über die konkreten Inhalte der Jury-Sitzungen Stillschweigen zu bewahren ist.