Start Politik Showdown um die Games-Förderung: Wer will was? (Update)

Showdown um die Games-Förderung: Wer will was? (Update)

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Die haushaltspolitischen Sprecher im Bundestag: Johannes Kahrs (SPD), André Berghegger (CDU), Otto Fricke (FDP) und Sven-Christian Kindler (Grüne) - Fotos: Parteien / Sven Brauers
Die haushaltspolitischen Sprecher im Bundestag: Johannes Kahrs (SPD), André Berghegger (CDU), Otto Fricke (FDP) und Sven-Christian Kindler (Grüne) - Fotos: Parteien / Sven Brauers

Ist die Computerspiele-Förderung auf Bundesebene noch zu retten? Haushalts-Politiker von Union, SPD, Grünen, FDP und Linken signalisieren Zustimmung.

Update vom 25. Oktober 2019: Wir haben den Beitrag um die Stellungnahme von Linken-Haushaltspolitiker Victor Perli ergänzt.

Meldung vom 16. Oktober 2019: Sonntagsreden sind die eine Sache – konkrete politische Weichenstellungen eine ganz andere. Das gilt auch für die Computerspiele-Förderung auf Bundesebene: Nur wenige Wochen nach dem Startschuss beim Deutschen Computerspielpreis 2019 stellte sich heraus, dass für 2020 keine Mittel im Etat des Verkehrsministeriums eingeplant sind.

Von 50 Millionen Euro auf Null – eine unerwartete Vollbremsung, die für Entsetzen bei Spiele-Entwicklern, Lobby-Verbänden und Digitalpolitikern gesorgt hat.

Wer an dem Schlamassel „schuld“ ist, darüber kursieren unterschiedliche Legenden. Die Opposition ist sich wenig überraschend einig: Verkehrsminister Andreas Scheuer hat’s verbockt. Insbesondere die Freien Demokraten und die Grünen haben sich auf den CSU-Politiker eingeschossen, der wegen ungeklärter Vorgänge im Zusammenhang mit der PKW-Maut unter Druck steht und sich in Kürze vor einem Untersuchungsausschuss verantworten muss.

Scheuer selbst hat bei verschiedenen Gelegenheiten suggeriert, dass ihm die Streichung der Spiele-Förderung förmlich aufgenötigt wurde. Zur Gamescom-Eröffnung forderte er seine Kabinettskollegen auf, sich in dieser Sache „endlich“ zu bewegen. Zumal das Thema auf Platz 1 seiner Prioritätenliste stehe und er für die Förderung „fighten“ wolle – eine Deutung, die ihm unter anderem Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler nicht abkauft.

Immerhin: Mittlerweile haben Bundes- und Landespolitiker, Ministerpräsidenten, Generalsekretäre und ganze Landtage öffentlich bekundet, dass sie sich für den Erhalt der Games-Förderung einsetzen wollen.

Doch die Entscheidung fällt weder in Düsseldorf noch in München, sondern einzig im 44köpfigen Haushaltsausschuss des Bundestags unter Vorsitz von AfD-Politiker Peter Boehringer. Analog zu den Mehrheitsverhältnissen im Parlament stellen die Groko-Parteien CDU, CSU und SPD mit 25 Parlamentariern die meisten Abgeordneten – und haben es damit selbst in der Hand, ob und in welchem Umfang sie ihr Koalitionsvertrags-Versprechen einhalten.

Die Chronologie der Computerspiele-Förderung auf Bundesebene (Stand: 16.10.2019)
Die Chronologie der Computerspiele-Förderung auf Bundesebene (Stand: 16.10.2019)

Doch ob die Förderung weiterhin Bestand hat, ist längst keine ausgemachte Sache, zumal noch unzählige Extra-Wünsche und Umschichtungen im Haushalt Berücksichtigung finden müssen. Insbesondere wollen die Zusatz-Ausgaben für den Klimaschutz eingebacken werden. Klar ist nur: Spätestens zur Bereinigungssitzung am 14. November muss der 50-Millionen-Euro-Posten im Etat des Verkehrsministeriums hinterlegt sein.

Über dem kompletten Vorgang schwebt zudem das Damoklesschwert, dass Brüssel ein weiteres Scheuer-Projekt ausbremst oder komplett einkassiert: Die staatliche Subventionierung der deutschen 4,4-Milliarden-Euro-Games-Branche wird derzeit von den EU-Wettbewerbshütern gründlich geprüft – Ausgang: ungewiss.

Doch zunächst kommt es auf den Haushaltsausschuss an. GamesWirtschaft hat deshalb bei den Sprechern, Obmännern und Obfrauen der sieben im Bundestag vertretenen Parteien nachgefragt, mit welchem Plan sie in die Verhandlungen gehen – also jenen Politikern, die in Abstimmung mit der Fraktionsspitze den Kurs im jeweiligen Ausschuss verantworten.

Drei Posten sind im Haushalt von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gegenüber dem Vorjahr entfallen - darunter die Computerspiele-Förderung (Foto: CSU / Valentin Brandes)
Drei Posten sind im Haushalt von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gegenüber dem Vorjahr entfallen – darunter die Computerspiele-Förderung (Foto: CSU / Valentin Brandes)

Showdown um die Computerspiele-Förderung: Das sagen die Haushaltspolitiker

CDU / CSU (15 Abgeordnete)

Dr. André Berghegger (Obmann): „Im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens setzen wir uns als Haushaltspolitiker der CDU/CSU-Fraktion dafür ein, dass dieses Förderprogramm mit ähnlichen finanziellen Mitteln wie im Haushalt 2019 ausgestattet wird.“

Eckhardt Rehberg (Sprecher): „Die Beratungen zum Bundeshaushalt und zum Einzelplan des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur dauern an. Daher können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussagen zu einzelnen Forderungen treffen.“

SPD (10 Abgeordnete)

Johannes Kahrs: „Da die SPD-Fraktion ursächlich dafür war, dass die 50 Mio. Euro Games-Förderung durch den Haushaltsausschuss im letzten Jahr im Haushalt aufgetaucht sind, werden wir uns natürlich auch in diesem Haushalt 2020 dafür einsetzen, dass weiterhin 50 Mio. Euro im zuständigen Verkehrs-Etat auftauchen.“

FDP (5 Abgeordnete)

Wie schon im letzten Jahr plädieren die Freien Demokraten dafür, dass das Verkehrsministerium die Zuständigkeit für die Games-Branche verliert. Stattdessen solle die Computerspiele-Förderung an die Kulturförderung angedockt werden – parallel zu Film, Serie, Kino, Musik und Theater.

Gegenüber GamesWirtschaft stellt FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke klar: „Sollte die Koalition jedoch weiter an der Verankerung des Games-Fonds im Etat des Verkehrsministeriums festhalten, die für seine Fortschreibung notwendigen Mittel bereit stellen und unseren konstruktiven Vorschlag ablehnen, werden wir uns dem im Ergebnis nicht entgegen stellen.“

Bündnis 90 / Die Grünen (4 Abgeordnete)

Die Grünen wollen dafür stimmen, dass die Games-Förderung auf dem Niveau des Vorjahres – also 50 Millionen Euro – fortgeführt wird.

„Die Games-Förderung in Deutschland darf keine Eintagsfliege bleiben, ansonsten wird sich das wirtschaftliche Potenzial der Games-Entwicklung in Deutschland nicht entfalten“, sagt Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler. „Es ist ein Armutszeugnis, dass Andreas Scheuer für 2020 die Computerspielförderung wieder aus seinem Etat gestrichen hat. Die Games-Entwickler brauchen Verlässlichkeit und keinen Minister, der heute ja und morgen nein sagt.“ (komplettes Statement)

Die Linke (4 Abgeordnete) – Update vom 25.10.

Victor Perli, MdB (Die Linke)
Victor Perli, MdB (Die Linke)

Victor Perli ist Mitglied im Haushaltsausschuss und dort Berichterstatter für das Verkehrsministerium. „Die Linke will, dass Computerspiele als Kulturgüter endlich anerkannt werden und daher auch eine entsprechende Wertschätzung genießen. Das heißt auch, dass der Staat ihre Entwicklung entsprechend unterstützen muss“, fordert Perli auf Anfrage von GamesWirtschaft. „Wir wollen aber, dass vor allem kleine Entwicklerstudios, Start-Ups und Gründer gefördert werden, nicht die großen Megakonzerne. Wir wollen vor allem kreative Ideen und die Indie-Szene fördern, wo auch alternative und kunstvolle Spiele entwickelt werden, die sonst auf dem Markt kaum Chancen haben. Bei Theatern, Filmförderung und Büchern ist das schon lange eine Selbstverständlichkeit. Es ist nicht zu verstehen, warum das bei Spielen anders sein sollte. Daher setzten wir uns auch für eine entsprechende Spieleförderung ein.“

AfD (6 Abgeordnete)

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1 Kommentar

  1. Da die deutsche Wirtschaft keine wirkliche und zahlungskräftig Lobby besitzt, wird die Spieleförderung wohl restlos gestrichen werden. Das würde ja Innovationen eines stark wachsenden Marktes bedeuten und das kann die Bundesregierung nicht zulassen. Relevante Player suchen sich lieber Unterstützung im Um- und Ausland.

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