
Die Gamescom 2019 belegt abermals: Auch bei der Computerspiele-Politik der Bundesregierung gibt es kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem.
Verehrte GamesWirtschaft-Leser,
wer einen Eindruck davon gewinnen wollte, warum es am Spiele-Standort Deutschland so schleppend vorangeht, musste in dieser Woche nur den Live-Stream der Auftaktveranstaltung beim Gamescom Congress am Mittwoch verfolgen (oder sich alternativ die Aufzeichnung ansehen).
Beim „Debatt(l)e Royale“ trafen die Generalsekretäre und Parteimanager von fünf der sieben im Bundestag vertretenen Parteien aufeinander: Ziemiak (CDU), Klingbeil (SPD), Teuteberg (FDP), Schindler (Linke), Kellner (Grüne). Nur CSU und AfD fehlten auch in diesem Jahr, weil der Lobbyverband Game sicherheitshalber erst gar keine Einladungskärtchen verschickt hatte.
Was bemerkenswert ist, weil zum Beispiel die CSU erstens den eSport-Minister (Seehofer), zweitens Merkels Digitalisierungs-Adjutantin (Bär) und drittens den für Computerspiele-Förderung, Computerspielpreis und Breitbandausbau verantwortlichen Minister (Scheuer, zuvor Dobrindt) stellt. Die Chance, ihre betrübliche Bilanz zu erklären, bekam die Partei jedenfalls nicht. Dass die größte Oppositionspartei nicht in der Runde saß, war mindestens dahingehend kein Verlust, weil die AfD bei den verhandelten Digital-Themen laut Wahlprogramm wenig bis nichts Erhellendes beizutragen hat.

Nun lässt der Name des Formats in Anlehnung an das überaus populäre Battle-Royale-Genre auf ordentlich Konfro (oder wie marktführende Influencer sagen würden: Beef) schließen – wenn auch nicht mit dem Fortnite-Ergebnis, dass am Ende der Diskussion nur eine(r) übrig bleibt. Tatsächlich herrschte geradezu beängstigende Einigkeit.
- Computerspiele-Förderung?
- Gemeinnützigkeit von eSport?
- Fixes Internet an jeder Milchkanne?
- Ein halbwegs zeitgemäßer Medien-Staatsvertrag?
Alles ultra-wichtig, alle total dafür – schon immer. Angesichts der von Paul Ziemiak und Lars Klingbeil vorgetragenen Entrüstung – etwa über die klaffenden Mobilfunklöcher in ihren Wahlkreisen – konnte man phasenweise glatt vergessen, dass ihre Parteien seit sechs Jahren gemeinsam das Land regieren und es nur deshalb ein Umsetzungsproblem gibt, weil sich die Großkoalitionäre bei der Abarbeitung des Koalitionsvertrags selbst im Weg stehen.
Und so versicherten sich „der Paul“ und „der Lars“ wechselseitig und mehrfach, dass etwa die Subventionierung deutscher Spiele-Entwickler auf gar keinen Fall an ihren Parteien scheitern werde. Was insofern Anlass zur Sorge gibt, weil ja die CSU – siehe oben – die relevanten Ressorts besetzt.
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An Erkenntnissen herrscht jedenfalls kein Mangel. Alle wissen, wo es brennt, die Themen sind hinreichend benannt und durchdekliniert. Das wissen Partei- und Fraktionsspitzen, das weiß die Kanzlerin, das wissen die Minister.
Mein Eindruck: Die Generalsekretäre haben sich spektakulär weit aus dem Fenster gelehnt – die Fortschreibung der Computerspiele-Förderung ist vermutlich längst eingetütet, allen innerparteilichen Widerständen zum Trotz. Ob ich mit meinem Gefühl richtig liege, könnte sich am 12. September ab 12:40 Uhr zeigen: Dann wird nämlich Scheuers 2020-Haushalt erstmals im Bundestag verhandelt – Einschalten lohnt sich.
Ein schönes Wochenende und weiterhin viel Spaß auf der Gamescom 2019 wünscht Ihnen
Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft
Alle bisherigen Folgen unserer Kolumnen-Reihe finden Sie in der Rubrik „Meinung“.