Start Meinung Titel, Tränen und Triumphe: Das Comeback der Fußballmanager (Fröhlich am Freitag)

Titel, Tränen und Triumphe: Das Comeback der Fußballmanager (Fröhlich am Freitag)

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Szene aus We Are Football: Der Fußballmanager soll an die Tugenden der Fußballmanager von Anfang der 2000er Jahre anknüpfen (Abbildung: THQ Nordic)
Szene aus We Are Football: Der Fußballmanager soll an die Tugenden der Fußballmanager von Anfang der 2000er Jahre anknüpfen (Abbildung: THQ Nordic)

Mit Anstoss 2022 und Gerald Köhlers We Are Football wollen gleich zwei frische Fußballmanager an die Blütezeit des Genres anknüpfen.

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,

„Arbeiten, wo andere Urlaub machen“ – mit diesem Slogan warb Software 2000 in den 90ern um Mitarbeiter. Der Spiele-Entwickler mit Sitz in Eutin nahe den Ostsee-Stränden war damals eine Großmacht in der damals noch recht übersichtlichen Games-Szene, spezialisiert auf Wirtschafts-Simulationen, die auf so schöne Namen wie Der Reeder, Der Baulöwe oder Pizza Connection hörten.

Bestes Umsatz-Pferd im Stall: die Bundesliga Manager-Serie, die ab 1989 quasi zur Grundausstattung vieler C64-, Atari- und Amiga-Besitzer zählte. Jahr um Jahr überwinterte der Bundesliga Manager Professional damals auf vorderen Plätzen in den Charts – heute kaum noch vorstellbar. Die Spieler verbrachten ganze Nächte damit, an Taktik, Transfers und Training ihres Herzensvereins zu tüfteln.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
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Ausgerechnet der Bundesliga Manager bildete den Anfang vom Ende: Der Bundesliga Manager 97 wurde überhastet mit massiven Fehlern ausgeliefert, was zu einem schlimmen Image-Schaden führte, von dem sich Software 2000 nie wieder erholen sollte. Der Insolvenzverwalter urteilte damals desillusioniert: „Das Unternehmen, das ich dort vorgefunden habe, ist nur noch abzuwickeln“.

Nahezu deckungsgleich lief es bei Ascaron im westfälischen Gütersloh: Eine ganze Heimcomputer-Generation ist mit Hanse, Der Patrizier und natürlich mit dem Fußballmanager Anstoss aufgewachsen. Spätestens Anstoss 4 (2002) läutete allerdings den Ascaron-Niedergang ein, zumal zuvor die beiden Haupt-Entwickler Gerald Köhler und Rolf Langenberg zum 1. FC Electronic Arts nach Köln gewechselt waren und dort ein Jahrzehnt lang den EA Sports Fußballmanager verantworteten. Tuchel, Löw und Rangnick warben für die Serie, die 2013 eingestellt wurde.

So bitter all diese Fußballmanager-Tragödien anmuten: Letzten Endes wurde damit der Grundstein gelegt für die deutsche Games-Industrie, wie wir sie heute kennen. InnoGames, Bigpoint, Goodgame Studios, Upjers, Travian Games, Gameforge – sie alle und viele mehr sind mit Free2Play-Management-Browsergames groß und erfolgreich geworden. Ohne die PC-Wirtschaftssimulationen der 90er und frühen 2000er Jahre sähe Deutschlands Videospiel-Branche heute anders aus, soviel ist sicher.

Aus den noch glühenden Software 2000- und Ascaron-Ruinen sind wiederum neue Studios entstanden, gegründet von den einst führenden Spieldesignern – etwa Gaming Minds (Port Royale). Zu ihnen zählen auch die Anstoss-Erfinder Köhler und Langenberg, die in dieser Woche ihr neues Projekt We Are Football vorgestellt habennatürlich wieder ein Fußballmanager, abermals mit Bundesliga-Lizenz, diesmal vertrieben von THQ Nordic. Parallel arbeitet der Wormser Publisher Kalypso Media an Anstoss 2022, das an die glorreichere Phase der Kult-Serie anknüpfen soll.

Dass wir 20 bis 25 Jahre nach der Fußballmanager-Blütezeit ein zweites Wirtschaftssimulationswunder in diesem Genre erleben, ist nicht garantiert. Doch zumindest die Voraussetzungen waren selten besser. Ob es wirklich gelingt, wird man in den kommenden Monaten besichtigen können – denn weiterhin gilt: Die Wahrheit liegt auf dem Platz.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


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