
Mit ihrem „Ehrenamtsgesetz 2021“ bringen CDU und CSU den deutschen E-Sport-Betrieb in die Bredouille: Minimal-Konsens mittragen oder nicht?
Verehrte Leserinnen und Leser,
man muss es so deutlich sagen: Das, was die CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten in dieser Woche mit ihrem „Ehrenamtsgesetz 2021“ vorgelegt haben, ist dazu geeignet, das zarte Pflänzlein des organisierten E-Sport in Deutschland zu zerstören. Zumindest jenen E-Sport außerhalb der Vollzeit-Profis von SK Gaming, MouseSports, Wolfsburg & Co.
Warum? Weil (Sport-)Vereine den existenziell wichtigen Status der Gemeinnützigkeit laut dem CDU-/CSU-Papier nur dann behalten dürfen, wenn sie das E-Sport-Angebot auf „elektronische Sportsimulationen“ beschränken.
Also ungefähr 1 Prozent aller Spiele(r), die den E-Sport ausmachen.
Alles, was ehrenamtliche Trainer ihren „League of Legends“-Schützlingen beibringen, all die privat organisierten „Fortnite“- und „Overwatch“-Turniere, kurzum: der ‚Breitensport‘ – all das soll nach Vorstellungen der Union bestenfalls eigen-, aber bitte nicht gemeinnützig sein.
Gemeinnützig heißt: Spendenquittungen, Pauschalen, Fördertöpfe, Zuschüsse, Steuerbefreiung.

Diese Zuspitzung auf Sportsimulationen war zu erwarten: Die Politik folgt damit 1:1 der Position des mächtigen Olympischen Sportbunds (DOSB) und der Landessportverbände. Dass sie die DOSB-Sicht grundsätzlich für das zumutbare Maximum halten, daran haben die für den Sport zuständigen Innenminister Seehofer (Bund), Beuth (Hessen) oder Herrmann (Bayern) ohnehin nie Zweifel gelassen. Deren Hauptinteresse: um Himmelswillen kein staatlich legitimiertes „Counter-Strike“, „Call of Duty“ oder „Valorant“ unter dem Deckmantel des Sports.
Runtergebrochen auf die Marktanteile bei „elektronischen Sportsimulationen“ macht sich die CDU/CSU von einem einzigen Spiel (nämlich „FIFA“) und damit einem einzigen Hersteller (nämlich Electronic Arts) abhängig. Und damit von einem US-Konzern, der zuletzt 1,5 Milliarden Dollar mit dem Verkauf digitaler Sammelkarten-Packs erwirtschaftete, mit denen sich Superstars wie Salah, Hazard, Messi & Co. per Zufallsprinzip freischalten lassen, um im Online-Modus FIFA Ultimate Team (FUT) halbwegs konkurrenzfähig zu werden oder zu bleiben. Ein Geschäftsmodell, was nach Auskunft des Herstellers kei-nes-falls als Pay2Win zu werten ist.
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Dabei tut EA selbst alles, um die Entwicklung von „FIFA“ im Profi-Bereich zu verhindern. Die Preisgelder in der Virtuellen Bundesliga und bei der WM sind weiterhin beschämend niedrig. Vom geplanten eDFB-Pokal hat man nie wieder was gehört. Die eNationalmannschaft spielt unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Erste Bundesligisten müssen ihre „FIFA“-Abteilungen aufgeben. Und als Blaupause für Ersatz-Sport in Corona-Zeiten taugt „FIFA“ erst recht nicht: eNations Cup und FIFA eWorld Cup wurden abgesagt.
Die Groko steht seit zweieinhalb Jahren im Wort, während der laufenden Legislatur für die Gemeinnützigkeit des E-Sport sorgen zu wollen. Der deutsche E-Sport wird sich nun selbstkritisch prüfen müssen, ob man diesen schalen Besser-als-nix-Minimal-Konsens zähneknirschend mitträgt, für den es – so realistisch muss man sein – auch große Sympathien bei der mitregierenden SPD gibt.
Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen
Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft
Alle Kolumnen und Gastbeiträge finden Sie in der Rubrik „Meinung“.