Start Wirtschaft Deck13-Gründer Jan Klose: „Ohne Focus hätten wir vielleicht nicht überlebt“

Deck13-Gründer Jan Klose: „Ohne Focus hätten wir vielleicht nicht überlebt“

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Jan Klose war 2001 einer der Co-Gründer von Deck13 und hat das Studio bis 2024 geführt (Foto: Deck13 Interactive)
Jan Klose war 2001 einer der Co-Gründer von Deck13 und hat das Studio bis 2024 geführt (Foto: Deck13 Interactive)

Vier Jahre nach der Übernahme durch Focus Interactive streicht Deck13-Gründer Jan Klose die Segel: Das Studio sieht er gut gerüstet.

„Acquisition of Deck13 Interactive“ – eine Adhoc-Meldung, die am 25. Juni 2020 eine mittelgroße Schockwelle durch die Branche schwappen ließ. Der börsennotierte französische Publisher Focus Home Interactive (heute: Pullup Entertainment) hatte soeben das Frankfurter Traditions-Studio gekauft – ziemlich genau 20 Jahre nach dessen Gründung. Preisschild: 7 Mio. €.

Mit knapp 100 Beschäftigten ist Deck13 nicht nur einer der größten Games-Entwickler Deutschlands, sondern auch einer von ganz, ganz wenigen, die hierzulande Action-Spiele für PC, PlayStation und Xbox mit zweistelligen Millionen-Budgets produzieren. Für Lords of the Fallen gab es 2015 den Deutschen Computerspielpreis. Es folgten The Surge, The Surge 2 und zuletzt Atlas Fallen, das vor wenigen Tagen mit Reign of Sand ein kostenloses Update erhalten hat. Die Indie-Sparte Deck13 Spotlight vermarktet außerdem Perlen wie Chained Echoes und Highrise City.

Das nächste Großprojekt mit dem Codenamen Foxtrott ist für Ende 2026 geplant – die Unreal Engine 5 ersetzt erstmalig die eigenentwickelte Fledge-Engine. Das Wirtschaftsministerium steuert 5 Mio. € im Rahmen der Games-Förderung bei.

Bereits bei der Focus-Übernahme anno 2020 war klar, dass Co-Gründer Jan Klose langfristig an Bord bleiben würde. In diesem Frühjahr rückte er nun gezielt in die zweite Reihe und übergab das Ruder an den langjährigen Plaion-Manager Lars Janssen, der seitdem die Deck13-Geschäfte führt. Zum Stichtag 31. Juli 2024 ging Klose nun endgültig von Bord – wie von Anfang an geplant.

Deck13-Gründer Jan Klose: „Ich werde ganz sicher der Games-Branche treu bleiben“

Gegenüber GamesWirtschaft schildert der Games-Unternehmer, wie er auf sein Studio und den Markt blickt – und was er sich für die Zukunft vorgenommen hat.

GamesWirtschaft: Jan, du hast eines der größten Studios des Landes aufgebaut und Deck13 mehr als zwei Jahrzehnte durch alle Stürme manövriert – jetzt der Abschied. Stumpf gefragt: Was macht das mit dir? Und wie ist der Tag X abgelaufen, an dem du deinen Rechner heruntergefahren hast?

Klose: Interessanterweise war das der am wenigsten wichtige Tag für mich, denn da war eigentlich alles schon entschieden. Viel spannender war für mich die Zeit davor, in welcher wir gemeinsam einem Unternehmen, das noch sehr stark auf die Gründer ausgerichtet war, Stück für Stück richtige unabhängige Strukturen gegeben haben.

Das war viel Arbeit, aber eigentlich hat sich dadurch auch schon mein Weg abgezeichnet. Als wir es dann dem Team verkündet haben, musste ich schon ein paar Tränen herunterschlucken. Aber die Entscheidung fühlt sich auf jeden Fall richtig an.

Und ich fühle mich nach wie vor sehr willkommen bei Deck13 und komme gerne gelegentlich auf einen Kaffee vorbei. Das vereinfacht natürlich einen Abschied ein bisschen.

Eines der erklärten Ziele beim Verkauf an Focus lautete, langfristiger und strategischer planen zu können. Inwieweit ist dir und euch das im Rückblick gelungen?

Ich denke, dass wir wirklich von Glück sagen können, dass wir zur richtigen Zeit einen Partner gefunden haben, der zum Unternehmen passt und der es mit guter Strategie und Vertrauen weiter aufbauen möchte.

Denn der Markt für Spiele direkt unter dem AAA-Segment ist unglaublich herausfordernd. Man kämpft eigentlich täglich damit, mit einem kleinen Budget Wunder zu vollbringen – aber Team und Budget sind auf der anderen Seite schon so groß, dass man sich keine Fehler erlauben darf.

Aktuell hat Deck13 ca. 100 Mitarbeiter und die Budgets sind im Bereich von 10 bis 20 Millionen Euro. In diesem Bereich findet man schwer Partner – schon gar nicht im investitionsscheuen Deutschland, aber auch im Ausland ist es schwierig.

In der Krise, in welcher sich die Branche gerade befindet, können wir von Glück sagen, dass wir bei einem Mutterkonzern in sicheren Händen sind. Auf dem freien Markt hätten wir für unsere Projekte vielleicht in der Zeit keinen Partner gefunden und wir hätten vielleicht nicht überlebt.

Ausgezeichnet: Für "Lords of the Fallen" gab es 2015 gleich zwei Trophäen beim Deutschen Computerspielpreis.
Ausgezeichnet: Für „Lords of the Fallen“ gab es 2015 gleich zwei Trophäen beim Deutschen Computerspielpreis.

Du hast dich an verschiedener Stelle für den Games-Standort Hessen und Deutschland eingesetzt – und wiederholt angemahnt, dass es an Respekt für die Branche mangelt, sowohl finanziell als auch kulturell. Inwieweit haben sich die Zustände verbessert – worin siehst du die größte Baustelle?

Tatsächlich habe ich gerade etwas mehr Zeit, mich dem Thema Hessen zu widmen. Gemeinsam mit Claudia Stricker bin ich ja Vertreter des Game Hessen und wir haben gerade einen vollen Terminkalender, um den Standort nach vorne zu bringen.

Wir haben erreicht, dass es die Games-Förderung in den Koalitionsvertrag geschafft hat. Hier kann Hessen jetzt endlich die riesige Lücke im Vergleich zu den anderen Bundesländern füllen!

Aber noch ist nichts passiert, die Gespräche dauern an, wir bleiben dran. Die größte Baustelle ist, dass Games trotz riesiger Umsätze noch nicht als Branche ernst genommen werden. Das Verständnis, dass man mit Standortförderung nicht subventioniert, sondern in eine Industrie investiert, ist noch nicht bei allen angekommen, hier haben wir noch viel Aufbauarbeit vor uns.

Du gibst das Steuer in unruhigen Branchen-Zeiten ab. Ist Deck13 mit Blick auf Personal, Produkte und Finanzen in einem Zustand, der den Abschied leicht – oder zumindest leichter – macht?

Das ist eigentlich einer der größten Punkte für meine Entscheidung, Deck13 jetzt zu verlassen: Wir haben ein super Führungsteam aufgebaut.

Mit Lars Janssen haben wir einen CEO mit viel Erfahrung, aber auch viel Feingefühl für ein Games-Team gewonnen. Mathias Reichert ist nach wie vor an Bord. Unsere Director-Gruppe ist so groß und stark wie nie zuvor. Und das ganze Team hat ein unglaubliches Talent – also ich denke, dass man jetzt wirklich das Schiff mal segeln lassen kann!

Anno 117: Pax Romana von Ubisoft Mainz ist das größte Einzelprojekt im Rahmen der staatlichen Games-Förderung (Stand: 11.6.2024)
Anno 117: Pax Romana von Ubisoft Mainz ist das größte Einzelprojekt im Rahmen der staatlichen Games-Förderung (Stand: 11.6.2024)

Beim Verkauf im Jahr 2020 war ja vereinbart, dass das Management „langfristig“ an Bord bleibt – konkret waren es jetzt genau vier Jahre. Also viel Zeit, um dein Leben nach Deck13 zu planen. Wie weit sind deine Pläne gediehen? Was hast du vor? Und: Gab es zwischendurch Plan-Änderungen?

Der Verkauf war ein sehr emotionaler Moment für mich, und davor gab es viel Hin und Her, nicht nur in den Verhandlungen, sondern bestimmt auch bei den persönlichen Zielen. Aber seitdem Deck13 zu Focus/Pullup gehört, habe ich ein gutes Gefühl und denke, dass die Entscheidung richtig war.

Die letzten Jahre waren so sehr vom Auf- und Umbau des Teams und von der Entwicklung von Atlas Fallen geprägt, dass kaum Platz für große Zukunftsgedanken war. Einen Laden wie Deck13 zu führen ist sehr fordernd, und auch deswegen wollte ich jetzt mal kurz durchatmen, bevor es ins nächste Abenteuer geht.

Aber irgendwie glaube ich, dass es gar nicht so lange dauern wird, bis das nächste Projekt beginnt, und ich werde ganz sicher der Games-Branche treu bleiben, nicht nur durch das Engagement beim Game-Verband, sondern bestimmt auch mit einer neuen coolen Idee.


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