Start Politik Nach der Landtagswahl in Hessen: Die Games-Pläne im Koalitionsvertrag (Update)

Nach der Landtagswahl in Hessen: Die Games-Pläne im Koalitionsvertrag (Update)

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Wollen bei der Landtagswahl in Hessen am 8. Oktober 2023 Ministerpräsident/in werden: Boris Rhein (CDU), Nancy Faeser (SPD) und Tarek Al-Wazir (Grüne) - Fotos: Tobias Koch, Peter Jülich, Grüne Fraktion Hessen)
Wollen bei der Landtagswahl in Hessen am 8. Oktober 2023 Ministerpräsident/in werden: Boris Rhein (CDU), Nancy Faeser (SPD) und Tarek Al-Wazir (Grüne) - Fotos: Tobias Koch, Peter Jülich, Grüne Fraktion Hessen)

Am 8. Oktober hat Hessen einen Landtag gewählt – worauf sich CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag mit Blick auf den Games-Standort verständigt haben.

Update vom 14. Dezember 2023: CDU und SPD haben sich auf einen gemeinsamen Koalitionsvertrag geeinigt, der am Wochenende von den Partei-Gremien abgesegnet werden soll. Die Vereidigung des bisherigen und künftigen hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein wird erst nach der Weihnachtspause erfolgen.

Der mehr als 180 Seiten starke Entwurf (PDF) unter der Überschrift „Eine für alle“ setzt Schwerpunkte bei Bildung, Innerer Sicherheit, Wohnungsbau, Wirtschaft und Klima.

Mit Blick auf die Games-Branche bleibt die Wiesbadener Groko wolkig: Man werde die Entwicklung der stark wachsenden Kreativwirtschaft „unterstützen“ – wie und in welchem Umfang, wird nicht weiter ausgeführt.

Mehr noch: Der Abschnitt „E-Sport“ würfelt Begrifflichkeiten und Zielsetzungen wild durcheinander. Wörtlich heißt es: „Videospiele werden unter den höchsten technischen Standards entwickelt und benötigen hochqualifizierte Fachkräfte verschiedenster Berufszweige, deren Fähigkeiten auch in anderen wichtigen Bereichen, wie bspw. Luft- und Raumfahrt, Cybersicherheit oder dem Informationssektor benötigt werden.“

Daher werde sich Hessen für eine Bundesratsinitiative einsetzen, um „die Förderung der Games-Branche in Deutschland in Richtung einer vergleichbaren steuerrechtlichen Regelung mit den anderen europäischen Staaten bringt“. Entsprechende Steuerrabatte (‚Tax Credits‘) fordert auch der Branchenverband Game.

Das Förderprogramm „Games made in Hessen“ (das noch gar nicht existiert) soll „ausgebaut“ und „weiterentwickelt“ werden. Gemeint ist mutmaßlich die Richtlinie „Hessen Serious Game“, die Zuschüsse auf maximal 50.000 € begrenzt – damit bleibt Hessen im bundesweiten Vergleich deutlich hinter anderen Standorten zurück. Die CDU hatte in ihrem Wahlprogramm eine XXL-Games-Förderung angekündigt, die einen „Fokus auf AAA-Spiele“ haben soll – gemeint sind Blockbuster-Spiele mit Budgets im mindestens zweistelligen Millionen-Bereich.

Dem organisierten E-Sport wollen CDU und SPD zur Gemeinnützigkeit verhelfen (diesmal wirklich) – allerdings „innerhalb bestehender Vereinsstrukturen“. Gemeinsam mit dem Landessportbund Hessen soll ein Förderangebot entstehen, das „Medienpädagogik und Gesundheitsförderung“ in den Mittelpunkt rückt.


Update vom 9. Oktober 2023: Laut vorläufigem Endergebnis hat die CDU die Landtagswahl in Hessen mit 34,6 Prozent klar gewonnen – mit deutlichem Vorsprung vor AfD (18,4 %), SPD (15,1 %) und Grünen (14,8 %). Die FDP hat den Wiedereinzug ins Parlament erst auf der Schlussgeraden geschafft und holt exakt 5 Prozent.

Der amtierende Ministerpräsident Boris Rhein wird nun Sondierungsgespräche führen: Als wahrscheinlichste Koalition gilt die Fortführung von Schwarz-Grün – die Branche hofft auf ein substanzielles Förderprogramm, auf Augenhöhe mit Nachbarländern wie Nordrhein-Westfalen oder Bayern.


Update vom 6. Oktober 2023: Migration, Innere Sicherheit, Verkehr, Bildung, Klima und Energie – das sind die Themen im hessischen Wahlkampf, der an diesem Wochenende in den Schlussspurt geht, ehe am Sonntag (8. Oktober) gewählt wird.

Aktuelle Umfragen sehen CDU-Amtsinhaber Boris Rhein mit deutlichem Vorsprung vor SPD-Mitbewerberin Nancy Faeser, deren Partei zuletzt an Zuspruch eingebüßt hat. Die Sozialdemokraten liegen nun gleichauf mit Grünen und AfD – FDP und Linke kämpfen um die 5-Prozent-Marke.

Für Games-Entwickler und -Publisher in Hessen geht es in Sonntag insbesondere um Weichenstellungen mit Blick auf substanzielle Fördermittel durch die künftige Landesregierung.


Meldung vom 7. September 2023: Hessen war und ist einer der bedeutendsten Games-Hotspots in Deutschland – und das ohne großes Zutun der Politik. Gleich mehrere Weltkonzerne unterhalten Niederlassungen in und um Frankfurt, etwa PlayStation-Hersteller Sony Interactive, Bandai Namco Entertainment, die Microsoft-Sparte Zenimax (Starfield) oder Nintendo of Europe – mit knapp 1.000 Beschäftigten einer der größten Arbeitgeber der Branche.

Darüber hinaus werden in Hessen erfolgreiche PC- und Konsolenspiele entwickelt und vermarktet, etwa von Crytek, Deck13, Assemble Entertainment, Keen Games oder Cloud Imperium Games (Studio-Übersicht).

„Ohne großes Zutun“ meint, dass die Games-Unternehmen in Hessen bislang gut beraten waren, besser nicht auf Beihilfen der jeweiligen Landesregierung zu hoffen. Denn anders als benachbarte Bundesländer subventioniert die seit 2014 regierende, schwarz-grüne Koalition ausschließlich ausgewählte Serious-Games-Projekte mit zuletzt 260.000 €.

Wenige Kilometer weiter – in Nordrhein-Westfalen oder Bayern – steht jeweils mehr als das Zehnfache zur Verfügung.

Landtagswahl am 8. Oktober in Hessen: Was die Parteien im Bereich Games und E-Sport planen

Welche Ideen Konzepte haben die kandidierenden Parteien nun für die Games-Industrie in Frankfurt, Darmstadt, Kassel, Wiesbaden oder Offenbach? GamesWirtschaft hat die Wahlprogramme jener Parteien analysiert, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ab Ende 2023 dem Landtag in Wiesbaden angehören.

Die Wahl findet am 8. Oktober 2023 statt – am selben Tag wird auch in Bayern gewählt. In aktuellen Umfragen liegt die hessische Union mit knapp 30 Prozent sehr deutlich vor SPD und Grünen (jeweils 18-20 Prozent). Die AfD wird ihr 2018-Ergebnis von damals 13 Prozent steigern können – die FDP zittert indes noch um die 5-Prozent-Marke, während Die Linke nur Minimal-Chancen auf einen Wiedereinzug hat.


CDU

Amtsinhaber Boris Rhein stellt sich erstmals zur Wahl. Im Programm seiner Partei („Hessen weiter führen“ / PDF) heißt es zurecht: „Schon heute ist die Rhein-Main-Region ein Spitzenstandort in der Gaming-Entwicklung“. Was nicht erwähnt wird: Die CDU hat zu dieser Spitzenstellung in Regierungsverantwortung verblüffend wenig beigetragen.

Das soll sich aber jetzt ändern (diesmal wirklich) – und zwar in Form einer „besonderen Unterstützungslinie für ‚Games made in Hessen‘ mit einem Fokus auf AAA-Spiele“. Die Frage bleibt, inwieweit diese Ankündigung erstens ernst gemeint ist und ob Rheins Partei zweitens an dieser Stelle fachlich klug beraten war: Denn mit ‚AAA‘ sind Blockbuster gemeint, deren Entwicklungskosten im signifikant zwei-, eher dreistelligen Millionen-Bereich liegen – Hessens Förderprogramme würden ohne Zwischenschritt von Knallfrosch auf Mondlandung umschalten.

Darüber hinaus soll sich das Rhein-Main-Gebiet „für große nationale und internationale Turniere“ etablieren. Im E-Sport-Segment will die CDU außerdem „Exzellenz fördern“ und gemeinsam mit privaten Partnern eine „players foundation“ aufbauen – die es allerdings schon gibt (nämlich in Köln) und noch dazu genauso heißt.


SPD

Bei den Sozialdemokraten müht sich Spitzenkandidatin Nancy Faeser, neben ihrer hauptberuflichen Tätigkeit als Bundesinnenministerin auch regionale Akzente in Hessen zu setzen. Dazu beitragen soll eine eigene Personality-Zeitschrift („Die Hessin Nancy Faeser“), zu der sie unter anderem ein Rezept für ihr Lieblingsgericht („Rotes Thai-Curry“) beisteuert.

Unter dem Motto „Die besten Kräfte für Hessen“ hat der SPD-Landesverband ein 88seitiges Wahlprogramm (PDF) aufgeschrieben. Auf Seite 10 verspricht die Partei, die Unterstützung für die Kultur- und Kreativwirtschaft „weiterentwickeln“ und „verstetigen“ zu wollen. Wie genau? „Für die Games-Branche werden wir eine echte eigene Förderlinie Games etablieren.“ In diesem Zusammenhang soll der Mediencampus Dieburg der Hochschule Darmstadt „gezielt“ ausgebaut werden. Zudem soll es „Maßnahmen zur Förderung der Medienkompetenz im Videospielebereich auch für Eltern“ geben.

Auf Seite 48 wird der „Aufbau eines hessischen eSports-Leistungszentrums“ angekündigt – Ehrenamtliche sollen bei der Ausübung ihres Sports unterstützt werden.


Bündnis 90 / Die Grünen

Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir will sich am 8. Oktober zum Ministerpräsidenten wählen lassen – er führt die hessischen Grünen erneut in den Landtags-Wahlkampf (Motto: „Hessen lieben. Zukunft leben“PDF).

Wenngleich Al-Wazir regelmäßig die Relevanz der Videospiele-Industrie betont, so hat sein Ministerium bislang nur vereinzelte Akzente gesetzt – unter anderem mit den erwähnten Serious-Games-Fördertöpfen. Die Standortinitiative Gamearea Hessen übt seit Jahren scharfe Kritik und sieht die „Erwartungen nicht erfüllt“.

Dessen ungeachtet will der Spitzen-Grüne die bislang dünne Förderung „in der Breite ausbauen“ und „im engen Austausch“ mit den Studios und Lobbyverbänden „weiterentwickeln“. Insbesondere wollen sich die Grünen dafür einsetzen, „dass der Raum für Games-Entwicklung in Hessen wertschätzende sowie diskriminierungsfreie Inhalte und Strukturen fördert, um alle Perspektiven im Gaming zu integrieren.“


FDP

„Feuer und Flamme für Hessen“ ist man bei den Liberalen – zumindest laut Wahlprogramm (PDF). Die Analyse mit Blick auf die Spiele-Branche ist schon mal zutreffend: Denn bei den Fördermaßnahmen für die Kreativwirtschaft läge Hessen im Bundesvergleich auf hinteren Rängen, „was der Bedeutung dieses Wirtschaftszweiges nicht gerecht wird“. Deshalb seien die Film- und Games-Förderung „dem wirtschaftlichen Stellenwert“ anzupassen – wie genau: unklar.

Auf Seite 115 sprechen sich die Freien Demokraten dafür aus, „eine Gaming-Messe in Hessen“ auszurichten. Zurückliegende Veranstaltungen im ‚Waldstadion‘ (mittlerweile: Deutsche Bank Park) hätten in der Vergangenheit mehr als 55.000 Besucher angezogen.

Darüber hinaus sei Hessen und insbesondere Frankfurt der „ideale Standort für Deutschlands Gaming-Industrie und eSports-Vereine“ – was aus diesem Befund für die Praxis folgt, ist nicht weiter ausgeführt.


AfD

Unter der Überschrift „E-Sport fördern“ will die AfD „den Zwang zur Rundfunklizenz bei Streamern mit einem Erstwohn- und Streaming-Sitz in Hessen“ abschaffen. Der E-Sport müsse zudem „als offizielle Sportart“ anerkannt werden.