Das Ampel-Aus hat unabsehbare Konsequenzen für den Haushalt 2025 – und die Frage, ob und wenn ja: wie es mit der Games-Förderung in Deutschland weitergeht.
Update vom 11. November 2024: Das Auseinanderbrechen der Ampel-Koalition schränkt den Handlungsspielraum der Bundesregierung deutlich ein. Jenseits des Streits um den Zeitkorridor für Neuwahlen droht nun zunächst eine monatelange Planungs-Unsicherheit für den Haushalt 2025.
Ursprünglich war geplant, dass der Haushalts-Ausschuss am Donnerstag entlang der sogenannten ‚Bereinigungssitzung‘ letzte Korrekturen vornimmt, um im Anschluss den Bundestag abstimmen zu lassen. Mangels Mehrheit im Parlament gibt es erhebliche Fragezeichen mit Blick auf den Nachtragshaushalt 2024 und die Etatpläne für 2025. Ohne Einigung ist nur eine ‚vorläufige Haushaltsführung‘ möglich – in dieser Phase dürfen zwingend nötige und bereits bewilligte Mittel ausgezahlt werden.
In der deutschen Wirtschaft – inklusive der Games-Branche – gibt es nun die Sorge vor einer monatelangen Hängepartie, die insbesondere Förderprogramme ausbremst. Helge Braun (CDU), der Vorsitzende des Haushalts-Ausschusses, geht gegenüber dem MDR sogar davon aus, dass der Haushalt 2025 erst Mitte 2025 oder noch später verabschiedet wird.
Im Etat des für Games zuständigen Wirtschaftsministeriums sind bislang 48 Mio. € für die Games-Förderung, 2 Mio. € für Standort-Marketing und 1,5 Mio. € für den Deutschen Computerspielpreis eingeplant. Voraussichtlich ungefährdet ist der Start des ‚Gründer-Stipendium Games‘, dessen Mittel aus dem Etat der Kultur-Staatsministerin Claudia Roth (Grüne) stammen.
Mit den Folgen des Koalitionsbruchs und den Auswirkungen auf die Computerspiele-Industrie beschäftigt sich auch die aktuelle Freitags-Kolumne.
Haushalt 2025: Jetzt gilt’s für die Games-Förderung
In den kommenden Wochen wird sich weisen, ob – und wenn ja: wie – es ab 2025 mit der Games-Förderung in Deutschland weitergeht.
Meldung vom 9. September 2024: Die Sommerpause ist vorbei – im Deutschen Bundestag geht es ab dem morgigen Dienstag wieder hoch her. Erster und wichtigster Tagesordnungspunkt: das „Haushaltsgesetz 2025“. Mehr als 3.300 Seiten umfasst das Zahlenwerk (PDF).
Am Donnerstag (12. September) beschäftigt sich das Parlament erstmals mit dem vergleichsweise kleinen 10,2 Mrd. €-Etat des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), das mit über 800.000 € weniger auskommen muss als noch 2024.
Für die „Förderung der Computerspiele-Entwicklung auf Bundesebene“ stehen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach aktuellem Stand 51,5 Mio. €. zur Verfügung – davon …
- 48 Mio. € für die Games-Förderung
- 2 Mio. € fürs Standort-Marketing (etwa Messen und Konferenzen)
- und 1,5 Mio. € für den Deutschen Computerspielpreis, der im Frühjahr 2025 in Berlin verliehen wird.
Allzu große Sprünge sind damit nicht möglich: Denn mit dem Geld müssen zunächst die fälligen Tranchen für 60 laufende Projekte bezahlt werden, die erst 2025 oder 2026 fertig werden – etwa das Deck13-Action-Spiel mit dem Arbeitstitel Foxtrott, das Kalypso-Aufbauspiel Tropico 7 oder Anno 117: Pax Romana von Ubisoft Mainz. Für die Koordinierung und Verteilung der Fördermittel ist ein externer ‚Projektträger‘ zuständig, der alleine 4 Mio. € erhält.
Haushalt 2025: Jetzt gilt’s für die Games-Förderung
Seit eineinhalb Jahren nimmt das Ministerium keine Förder-Anträge mehr entgegen – an dieser Situation wird sich mindestens bis Jahresende nichts ändern. Mehr noch: Wann und in welchem Umfang sich Studios und Publisher demnächst wieder bewerben können, ist nicht abzusehen.
Ende August hat Habeck bei seinem Gamescom-Besuch eine „novellierte Richtlinie“ angekündigt, die sowohl die Praxis-Erfahrungen seit 2019 als auch die unmissverständlich formulierten Backpfeifen des Bundesrechnungshofs berücksichtigt. Die dafür erforderliche Abstimmung innerhalb der Bundesregierung ist allerdings noch nicht abgeschlossen, wie das Wirtschaftsministerium auf GamesWirtschaft-Anfrage einräumt.
Erst im Anschluss kann das Notifizierungsverfahren bei der Europäischen Kommission starten. Wie lange Brüssel für die Prüfung braucht, ist nicht absehbar – das BMWK hofft, dass die Richtlinie „Anfang 2025“ in Kraft treten kann. Eine seriöse Prognose ist aber unmöglich.
Hinzu kommt: Bund, Länder und Branchenverband sind sich in einigen zentralen Punkten völlig uneins, wie die Förderung ausgestaltet sein soll. Das Wirtschaftsministerium will beispielsweise nur noch Spiele fördern, deren Entwicklungskosten bei 300.000 € aufwärts liegen – die Hürden sind damit viel höher als bisher, gerade für Startups und junge Indie-Studios.
Die entstandene Lücke sollen die Bundesländer schließen – dort gibt es aber weder die Bereitschaft noch die erforderlichen Mittel. Selbst große Förderer wie Berlin / Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Bayern müssten ihre Fördertöpfe deutlich aufstocken, um den Status Quo zu halten. Ganz erheblichen Nachholbedarf hätten Rheinland-Pfalz, Hessen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen – unter anderem.
An dieser Stelle drohen erhebliche Verwerfungen – und schlimmstenfalls ein Subventions-Flickenteppich mit marianengrabengroßen Unterschieden innerhalb weniger Kilometer Luftlinie. Zusätzlich soll die bisher mögliche Kombination der Programme von Bund und Ländern entfallen. Argument des BMWK: zu großer bürokratischer Aufwand.
Games-Förderung ab 2025: Wie geht es weiter?
Damit überhaupt frisches Geld verteilt werden kann, ist nun zunächst wichtig, dass die eingeplanten Games-Fördermittel unbeschadet das parlamentarische Verfahren überstehen und nicht zugunsten anderer Vorhaben unter die Räder kommen. Ein wichtiger Meilenstein ist in diesem Zusammenhang erfahrungsgemäß die ‚Bereinigungssitzung‘ des Haushaltsausschusses, die üblicherweise Mitte November ansteht.
Doch selbst dann, wenn der 2025-Bundeshaushalt endlich Gesetzeskraft erlangt, gibt es keine Garantie, dass sofort die Schleusen geöffnet werden.
Beispiel auch hier: die Games-Förderung. Auf Seite 331 sind nämlich weiterhin 33,334 Mio. € als „Anreiz zur Stärkung der Entwicklung und Produktion von Computerspielen in Deutschland“ geparkt – und zwar bei Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) im Kanzleramt. Nach wie vor gibt es keinerlei Anhaltspunkte, was mit dem Geld passiert – genauer: seit Anfang 2024 hätte passieren sollen. Klar ist nur: Die für 2025 und 2026 geplanten Beiträge in gleicher Höhe wurden vorsichtshalber komplett gestrichen.
Claudia wo ist das Geld?!
Man könnte ja beinahe von spannenden Zeiten sprechen, wenn nicht das Gefühl überwiegen würde, dass für die „Kleinen“ und die die es werden wollen am Schluss wahrscheinlich nichts übrig bleibt oder die Hürden wieder dermaßen hoch gestaltet werden, dass es so wie so nicht funktioniert. Vielleicht hat Frau Roth am Schluss wirklich noch ein Ass im Ärmel.
Dass Hessen so gar kein Interesse an der Branche zu haben scheint, da die großen etablierten Entwickler ja bereits da sind, ist nicht weniger als ein Armutszeugnis für die Landesregierung.
Immerhin bleibt die Spannung darüber, ob es nun spannend wird, weiterhin bestehen. Wenn man sonst nichts hat.
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