Pünktlich zur Gamescom legt das Wirtschaftsministerium einen überarbeiteten Vorschlag für die Games-Förderung vor – wesentliche Kritikpunkte bleiben.
Keine zehn Minuten, nachdem Hauptredner Robert Habeck den Konrad-Adenauer-Saal der Koelnmesse verlassen hatte, drückten seine Mitarbeiter auf den Button: Per Newsletter übermittelte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die Details einer frisch ausgearbeiteten Games-Förder-Richtlinie, die allerdings noch innerhalb der Bundesregierung abgestimmt und von der EU-Kommission genehmigt werden muss.
Geplanter Start: Anfang 2025. Das Ziel: den Games-Produktions-Standort Deutschland zu stärken und wettbewerbsfähiger zu machen.
So weit die Theorie. In der Praxis enthält das Papier immer noch (fast) alle jener bitteren Pillen, die schon in den vergangenen Monaten für erbitterten Widerstand beim Branchenverband und aus den Ländern gesorgt hatten.
Eine der Neuerungen: Künftig sollen sowohl Games-Prototypen als auch deren Umsetzung (also die ‚Produktion‘) gefördert werden. Der konkrete Zuschuss ergibt sich im Einzelfall aus einer Quote, die von der Unternehmensgröße abhängt – bislang wurde nicht zwischen Indie-Studio und Konzern unterschieden. Je nach Firma reicht der Zuschuss zu den Entwicklungskosten nun von 25 Prozent (für große Firmen) bis 50 Prozent (für kleine Firmen und Startups).
Klingt sinnvoll, doch der Teufel steckt im Detail: Ein Mindest-Budget von 300.000 € lässt kleine und junge Studios von vornherein außen vor, weil dort nahezu immer das nötige Kleingeld (also Eigenkapital) fehlt. Diese offenkundige Lücke sollen die Bundesländer schließen – wo aber entweder die Bereitschaft oder die Mittel oder beides fehlen.
Wie bisher ist ein EU-weit üblicher Kulturtest obligatorisch. Gewaltverharmlosendes sowie Glücksspiele und deren Simulation sind von der Förderung ausgeschlossen – ebenso Games, die „übermäßig manipulative Designs oder Prozesse“ (im Fachjargon: Dark Patterns) nutzen. Was genau „übermäßig“ bedeutet und wer darüber entscheidet, bleibt offen – und dürfte in der Praxis für spannende Diskussionen sorgen.
Auch beim Antrags-Prozedere gibt es Licht und Schatten: Die Bearbeitung soll nicht mehr nach dem ‚Windhundverfahren‘ erfolgen – was bisher dazu führte, dass nur die Schnellsten von der Förderung profitierten und Viele leer ausgingen. Stattdessen gibt es nun zwei ‚Einreichungsfenster‘, die aber zwangsläufig den Nachteil bergen, dass Entwickler schlimmstenfalls ein halbes Jahr auf den nächsten Einreich-Termin warten und diese Zeit däumchendrehend überbrücken müssen. Immerhin: Ein „Fördermittel-Radar“ soll zeigen, wie viele Euro noch im Topf sind.
Die Games-Förderung des Bundes ist weiterhin als „nicht-rückzahlbarer Zuschuss“ ausgestaltet. Bedeutet: Die Spielehersteller müssen die Gelder nicht zurückzahlen – unabhängig davon, ob das Spiel floppt oder kommerziell durch die Decke geht.
Das Wirtschaftsministerium hält wie angekündigt an der Maßgabe fest, dass die Bundes-Förderung nicht mehr mit Mitteln der Länder kombiniert werden darf. Das BMWK begründet das Entweder-Oder neuerdings mit dem Befund des Bundesrechnungshofs, der eine klarere Aufgabenteilung angemahnt hatte.
Games-Förderung: Viel Kritik an Habecks neuer Richtlinie
Der Widerspruch aus der Branche zum Habeck-Papier ließ keine 90 Minuten auf sich warten: In einer ersten Reaktion gelangt der Industrieverband Game zu einer komplett gegenteiligen Einschätzung als das Haus des Ministers. Denn statt besserer Verlässlichkeit und Planbarkeit würde sich der Status Quo verschlechtern – damit werde Deutschland weiterhin nicht wettbewerbsfähig sein können, sagt Game-Geschäftsführer Felix Falk.
Der Verband erweckt den Eindruck, dass er vor vollendete Tatsachen gestellt worden sei. Denn das Dokument lasse „Fragen offen“, die nun dringend mit der Branche geklärt werden müssten – und zwar, „bevor die Richtlinie zur Notifizierung bei der EU-Kommission eingereicht wird“, so Falk. Das BMWK legt wiederum Wert auf die Feststellung, dass die Förderrichtlinie in „in einem transparenten Prozess unter Einbezug der Branche“ entstanden sei. Tatsächlich hat der Game im Mai eine ausführliche „Stellungnahme zu den Eckpunkten der neuen BMWK-Förderrichtlinie für Games“ abgegeben.
Parallel wiederholt der Game-Verband die dringende Forderung nach einer „steuerlichen Games-Förderung“, wie sie in der sogenannten „Wachstums-Initiative der Bundesregierung“ zumindest angerissen ist. Nur mit solchen Steuer-Rabatten (Tax-Credits) werde es gelingen, die „Aufholjagd“ fortzusetzen und im internationalen Wettbewerb nicht noch weiter abgehängt zu werden.