Mit einem weiteren ‚Games-Brunch‘ positioniert sich die CSU als Partner der Videospiele-Branche. Schwerpunkt diesmal: Künstliche Intelligenz.
Er strauchelte, aber er stürzte nicht: CSU-Generalsekretär Martin Huber hatte erkennbar die Wirkung eines turbulenten Fahrgeschäfts unterschätzt, als er mit angelegter VR-Brille die virtuelle Wiesn erkundete. Das offizielle Oktoberfest-Spiel der K5 Factory GmbH – vom Bund mit über 1 Mio. € bezuschusst – bildete den Abschluss des 2. Games-Brunch in der Münchener CSU-Zentrale in Schwabing, in direkter Nachbarschaft von Tech-Giganten wie Microsoft und Amazon.
Auf Einladung des partei-eigenen Netzpolitik-Thinktanks CSUnet diskutierten Manager großer Studios am Vormittag über Chancen, Risiken und Nebenwirkungen von Künstlicher Intelligenz in der Games-Entwicklung, flankiert von Brezeln und Weißwurst.
Den Fragen von Marc Bosch (im Hauptberuf Publishing Director bei Aesir Interactive) stellten sich:
- Benjamin Zuckerer, Geschäftsführer beim Regensburger Studio CipSoft (Tibia)
- Lars Janssen, Managing Director von Deck13 Interactive (Atlas Fallen, Drova) und Vorstandsvorsitzender des Branchenverbands Game
- Thomas Wagner, COO bei den VR-Oktoberfest-Machern K5 Factory
- Henrik Lesser, Gründer und Chef von Remote Control Productions und Vorstandsmitglied bei Games Bavaria Munich (GBM)
- Reinhard Brandl, CSU-Bundestagsabgeordneter und CSUnet-Chef
Gleich zu Beginn der Veranstaltung machte Brandl deutlich: Die CSU bereitet sich auf die Bundestagswahl 2025 vor – auf allen Ebenen werde an Konzepten und Programmen gefeilt. Darin Eingang finden soll auch die Spiele-Industrie, der Brandl zu mehr Sichtbarkeit verhelfen will – auch durch ein dediziertes Digitalministerium auf Bundesebene, das analog zu Bayern für Games-Belange zuständig sein soll.
Kern der Diskussion war die „Zukunft der Games-Branche im Zeitalter der KI“. Wenig überraschend ist diese Zukunft bereits vielerorts Gegenwart: Künstliche Intelligenz kommt an vielen Stellen zum Einsatz. CipSoft-Manager Zuckerer nannte als Beispiel den Support-Bereich, wo auf Mail-Anfragen der Kunden automatisch und damit schneller reagiert werden kann – und zwar in allen Weltsprachen.
Gerade im Bereich der Automatisierung gäbe es großes Potenzial, auch mit Blick auf mehr Effizienz und damit Kostensenkungen. In seinem Regensburger Betrieb wurden eigens Stellen geschaffen, die sich mit möglichen Anwendungen von KI-Tools beschäftigen. Gleichwohl sähen es die Spieler kritisch, wenn Spiele nicht von Menschen erstellt würden. Hinsichtlich der vielfach diskutierten Kennzeichnungspflicht warnte Zuckerer vor überzogenen Erwartungen: Schon heute ließe sich dies vielfach nicht zurückverfolgen, etwa bei Dienstleistern.
Weitgehend Einigkeit gab es bei der Frage, ob und wie stark der Einsatz von KI reguliert werden muss: Nationale Alleingänge seien wenig zielführend – vielversprechender sind Leitplanken, die mindestens auf EU-Ebene gelten. Brandl nannte als Beispiele die Regulierung von Plattformen und Tech-Konzernen via Digital Services Act (DSA) und Digital Markets Act (DMA). Der am 1. August 2024 in Kraft getretene AI Act soll nun in nationales Recht umgesetzt werden.
Auf die entscheidende Rolle der EU verwies auch Hendrik Lesser, der an einer Vielzahl von Studios und Dienstleistern beteiligt ist und sich auf politischer Ebene als Präsident des europäischen Entwicklerverbands EGDF einbringt: „Ohne Regulatorik wird’s zappenduster.“
CSU-Digitalpolitiker Brandl: „Steuerliche Förderung geht nur dann, wenn sie die Film-Branche auch bekommt.“
Doch damit die deutschen Games-Entwickler mitspielen können, braucht es neben Beinfreiheit und gemeinsamen Standards auch Impulse von staatlicher Seite. Anders als etwa in Polen, wo mit CD Projekt, Techland oder 11Bit Studios große Unternehmen entstanden seien, fehle es in Deutschland an entsprechenden Strukturen, so Lesser. Verbands-Chef Janssen betonte, der Aufbau eines stabilen Ökosystems brauche Zeit und international wettbewerbsfähige, verlässliche Rahmenbedingungen: „Wir sind noch lange nicht auf einem level playing field.“
Mit Blick auf die von der Games-Branche geforderten ‚Tax Credits‘ dämpfte Brandl wie schon im Vorjahr die Erwartungen: „Steuerliche Förderung geht nur dann, wenn sie die Film-Branche auch bekommt.“ Eine These, die auf Empörung bei den Mitdiskutanten stieß – auch mit Verweis auf die ungleich größere, wirtschaftliche Relevanz des Videospiele-Sektors. Brandls Argument: Die dicken Bretter samt chirurgischer Eingriffe ins Steuerrecht ließen sich im gemeinsamen Schulterschluss leichter und schneller bohren – zumal die Anforderungen ähnlich sind. Die Chancen für eine praktische Umsetzung seien schlichtweg höher als bei Alleingängen.
Jenseits von klaren Zuständigkeiten und mehr Finanzen ist es Brandl weiterhin ein Anliegen, die Industrie nicht stumpf mit immer mehr Fördergeldern auszustatten, sondern auch strukturell zu unterstützen.
CSU-General Martin Huber, der sich qua Amt immer im Wahlkampfmodus befindet, verknüpfte seine kurze Ansprache mit gewohnt subtiler Ampel-Kritik und einer Zusage: Zwar könne der Freistaat nicht alles ausgleichen, was der Bund liegen lässt. Gleichwohl werde sich Bayern für bessere Bedingungen und mehr Planungssicherheit einsetzen.
Die Rolle der CSU mit Blick auf die Games-Politik in Deutschland beleuchtet diese Kolumne vom September 2023.
Oktoberfest Spiel? Die deutsche Games Industrie ist endlich in der Kulturhochburg Deutschland angekommen. Ich rieche ganz große Kunst auf uns zukommen – was anderes darf man auch bei einem geförderten Budget von über 1 Mio. € nicht erwarten, oder?
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