Mit 50 Millionen Euro geht der Steuerzahler ins Risiko, damit Deutschlands Studios künftig wieder eine wahrnehmbare Rolle auf dem Videospiel-Markt spielen.
Fröhlich am Freitag 46/2018: Die wöchentliche Kolumne aus der Chefredaktion
Verehrte GamesWirtschaft-Leser,
bis Weihnachten sind es noch mehr als sechs Wochen, doch die deutschen Spiele-Entwickler dürfen sich schon jetzt über eine vorgezogene Bescherung freuen. Denn der Haushaltsausschuss des Bundestags hat gestern den Weg frei gemacht für die ersehnte Games-Förderung auf Bundesebene.
Auch wenn die geplanten Millionen-Subventionen noch einige parlamentarische und formale Hürden nehmen müssen: Die Bundestags-Haushälter waren das entscheidende Zünglein an der Waage.
Mit einem Volumen von – zunächst – 50 Millionen Euro erfüllt der Bundestag exakt das, was der Branchenverband Anfang dieses Jahres auf den Wunschzettel gesetzt hat. Die Branche dürfte sich fühlen wie ein 10jähriger an Heiligabend: Fahrrad gewünscht – und bekommen.
Das grüne Licht seitens des Haushaltsausschusses ist zweifellos ein gewaltiger Erfolg – in den Statements werden Vokabeln wie „historisch“ bemüht. Dabei war keineswegs gesichert, dass es dazu kommt. Denn die „Bereinigungssitzung“ am 8. November war die wirklich allerletzte Chance, den Posten im 2019er-Budget des Verkehrsministeriums unterzubringen.
Im Nachhinein kennt dieser Durchbruch natürlich viele Väter und Mütter. Im Stundentakt reklamieren Abgeordnete und Parteien für sich, das Projekt entscheidend befördert zu haben. So lässt sich CDU-Haushaltspolitiker Rüdiger Kruse mit den Worten zitieren, er habe „sehr gern dafür gesorgt“, dass der Fonds den Weg in den Haushalt findet. Den Vollzug spoilerte gar ein fröhlich dahintwitternder SPD-Politiker, der gar nicht im (hinter verschlossenen Türen tagenden) Haushaltsausschuss sitzt.
Die Erleichterung dürfte auch bei jenen groß sein, die die Förderung im Februar in den Koalitionsvertrag getextet haben – Lars Klingbeil (inzwischen SPD-Generalsekretär), Thomas Jarzombek (inzwischen Luft- und Raumfahrt-Koordinator), Helge Braun (inzwischen Kanzleramts-Chef) oder Dorothee Bär (inzwischen Staatsministerin für Digitales).
Wenn die Sache schief gegangen wäre, hätte sich die Suche nach den „Schuldigen“ für die Misere auf ungefähr diesen Personenkreis konzentriert. Dafür hätte allein schon die Opposition gesorgt, die den Groko-Plänen ohnehin misstraute. Wir hätten ein tagelanges Schauspiel erlebt, wer es wann an welcher Stelle verbockt haben soll – Wiedervorlage: Haushaltsentwurf 2020.
Stattdessen besteht nun die reelle Chance, dass die deutsche Spielebranche beweisen kann, was wirklich in ihr steckt – wenn man sie nur mit hinreichend Kapital ausstattet. Bis die ersten konkreten Ergebnisse vorliegen, wird es natürlich noch etwas dauern, denn zunächst müssen ja Konzepte und Prototypen entstehen – und das nötige Fachpersonal fällt auch nicht vom Himmel.
Um wirklich einen nennenswerten Unterschied zum Status Quo zu erreichen, sind pro Projekt siebenstellige Förderbescheide erforderlich, sagt einer, der es wissen muss: Deck 13-Chef Jan Klose. Sein Frankfurter Studio produziert PC- und Konsolen-Vollpreis-Spiele mit internationalem Anspruch wie „The Surge 2“.
Aber Klose sagt auch: „Über den Marktanteil wird am Ende die Qualität der Titel entscheiden. Denn auch mit 5 Millionen Budget mehr kann ein Titel ein Flop werden, das ist nicht anders als bei Filmen.“
Das erste Etappenziel ist jedenfalls erreicht. Aus Gründen der Planbarkeit und Nachhaltigkeit werden Branche und Politik nun dafür zu sorgen haben, dass die Games-Millionen künftig Jahr für Jahr zuverlässig in die Etats eingebacken werden. Gleichzeitig muss die Branche qualitativ abliefern. Eines ist jedoch sicher: Ab heute dürfen sich Startups, Mittelständler, Groß-Publisher und Investoren schon mal Gedanken machen, wie sie vom Geldsegen profitieren.
Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen
Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft
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