Das Verkehrs-Ressort von Andreas Scheuer koordiniert die Games-Förderung – Opposition und Kulturrat halten das für keine gute Idee.
Games sind ab sofort Chefsache – das war die Botschaft nach dem Start der Groko im Frühjahr. Genauer: Chefinnen-Sache. Denn die Zuständigkeit für Branche und den Deutschen Computerspielpreis liegt seitdem bei Angela Merkel (CDU) und ihrer Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) – erst vor wenigen Wochen flanierte die Kanzlerin beim Tag der Offenen Tür durch die Pavillons und ließ sich das „Beste Kinderspiel 2018“ vorführen.
Inzwischen steht fest: Kommando zurück. Denn die Subvention deutscher Spiele-Entwickler auf Bundesebene – eines der Kernanliegen des Branchenverbands Game – wird vom Bundesverkehrsministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur (BMVI) organisiert. An der Ausformulierung der dazugehörigen Richtlinie wird an der Berliner Invalidenstraße bereits gearbeitet, im Haushalt 2019 soll das genaue Volumen hinterlegt sein.
Diese Verlegung war nicht abgestimmt: Der Branchenverband, der zuvor die „klare Zuständigkeit in der Bundesregierung“ noch mit großer Begeisterung begrüßt hatte, wurde von der mittelguten Botschaft zum Gamescom-Start eiskalt erwischt.
Grünen-Digitalpolitikerin Tabea Rößner kritisiert Zuschlag für BVMI
Die Rolle rückwärts stößt nun auch auf Kritik aus der Bundespolitik – und zwar von der netzpolitischen Sprecherin der Grünen: Die Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner stellt im Handelsblatt die Kompetenz des BMVI für dieses Projekt in Frage – zumal sich die Behörde von Minister Andreas Scheuer (CSU) und Amtsvorgänger Alexander Dobrindt (CSU) schon beim Breitbandausbau nicht zwingend ausgezeichnet habe.
Dem widerspricht der Parlamentarische Staatssekretär Steffen Bilger (CDU), der im März 2018 die Aufgaben von Dorothee Bär im BMVI übernommen hat. Bilger verweist auf die „vertieften Kenntnisse der Games-Branche“, die im CSU-geführten Ministerium durch die Betreuung des Deutschen Computerspielpreises entstanden seien.
Genau diesen Umstand kritisiert Rößner: Die Digitalpolitikerin hält es für zielführender, wenn die Computerspiele-Förderung analog zur Filmförderung aus einer Hand kommt – nämlich aus dem Kanzleramt. Das Handelsblatt zitiert Rößner mit den Worten, die Computerspiele-Förderung habe im Verkehrsministerium nichts zu suchen.
Deutscher Kulturrat plädiert für Bündelung im Kultur-Ressort
Zustimmung bekommt die Politikerin von Olaf Zimmermann, dem Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats und gleichzeitig Jury-Vorsitzender des Deutschen Computerspielpreises (DCP). Noch im April 2018 hatte Zimmermann es per Pressemitteilung als „eine gute Entscheidung“ gelobt, dass der DCP von Digital-Staatsministerin Bär verantwortet wird. Gegenüber dem Handelsblatt bezeichnete er es nun als „Fehler“, dass Bärs Kollegin – Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) – beim Computerspielpreis nicht „zugegriffen“ habe, zumal es sich um eine Kulturförderung handle.
Zimmermanns Forderung: Sowohl die Games-Förderung als auch der Computerspielpreis gehören ins Kultur- und Medien-Ressort. Dabei gilt Ressortleiterin Grütters, anders als Bär, nicht zwingend als glühende Games-Versteherin – auf den roten Teppichen der Filmbranche fühlt sie sich deutlich wohler.
Dockt die Games-Branche komplett beim BMVI an?
Dass die Games-Förderung doch noch einmal bei Dorothee Bär landet, kann nach Lage der Dinge ausgeschlossen werden. Weder personell noch finanziell sei deren „winzig kleine“ Abteilung (O-Ton Zimmermann gegenüber dem Handelsblatt) dazu in der Lage, ein Förder-Volumen von kolportierten 50 Millionen Euro pro Jahr zu verteilen – ganz im Gegensatz zum Kultur-Ressort, das schon jetzt auf einem 1,7-Milliarden-Euro-Topf sitzt.
Pikant: Im bereits vorliegenden Haushalts-Entwurf des Verkehrsministeriums für das Jahr 2019 findet sich zwar noch nicht das Volumen für die Games-Förderung, wohl aber das Budget für den Computerspielpreis. Die Auszeichnung wird im April 2019 in Berlin verliehen. Die Einreichungsphase startet traditionell Ende November, also schon in wenigen Wochen.
Heißt: Angesichts der jüngsten Entwicklungen ist nicht mehr undenkbar, dass Andreas Scheuer das Thema Games künftig doch wieder komplett in seinem Ministerium bündelt.
Sollte es tatsächlich dazu kommen, spricht wenig dafür, dass die Branche davon als erstes erfährt.