Start Politik Rundfunklizenz für Letsplayer: Nutzerzahlen als künftiges Kriterium

Rundfunklizenz für Letsplayer: Nutzerzahlen als künftiges Kriterium

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Youtuber und Letsplayer (links) und Politiker (rechts) sind sich einig: Die Rundfunklizenz für Live-Streaming-Angebote ist nicht mehr zeitgemäß.

In einem Gastbeitrag für die FAZ plädiert die rheinland-pfälzische Staatssekretärin Heike Raab für eine abgestufte Anzeigepflicht bei Live-Streaming-Angeboten – eine teure Rundfunklizenz wäre nicht länger notwendig.

[no_toc]Wenn sich die Staatssekretärin für Bundes- und Europaangelegenheiten der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei zur Medienpolitik äußert, lohnt sich genaues Hinhören. Denn Heike Raab koordiniert im Auftrag von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) die Rundfunkkommission der Länder – inklusive einer Arbeitsgruppe, die sich mit der Zukunft der umstrittenen Rundfunklizenz für Live-Streaming-Angebote beschäftigt.

Kurzum: Raab sitzt an der entscheidenden Stelle, wenn es um die drohende Rundfunkzulassung für Twitch-Kanäle und Youtube-Gaming-Angebote von Letsplayern wie PietSmiet oder Erik Range („Gronkh“) geht. Beide waren ins Visier der Landesmedienanstalten geraten und haben sich in den vergangenen Monaten mehrfach öffentlich gegen eine Rundfunklizenz und deren Folgen für die gesamte Letsplay-Szene ausgesprochen.

Raab wurde vor diesem Hintergrund auch zum Gamescom Congress 2017 eingeladen, wo sie mit dem NRW-Landesmedienanstalt-Chef Tobias Schmid zum Thema „Ein neuer Rundfunkstaatsvertrag“ debattierte.

In einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung plädiert die Staatssekretärin nun für weitreichende Korrekturen. Die Medienpolitikerin verteidigt die grundsätzliche Idee der Medienregulierung mit Blick auf Meinungsvielfalt, Medienkonzentration und Jugendschutz, hält aber eine differenzierte Betrachtung der unterschiedlichen Live-Streaming-Angebote für geboten.

Staatssekretärin Heike Raab ist in der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei für Europa, Medien und Digitales zuständig (Foto: Staatskanzlei RLP/LV Ferrlein)
Staatssekretärin Heike Raab ist in der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei für Europa, Medien und Digitales zuständig (Foto: Staatskanzlei RLP/LV Ferrlein)

Rundfunklizenz: Rheinland-Pfalz will Rechtssicherheit für Letsplayer

Die enormen technischen und finanziellen Hürden für den Betrieb eines klassischen Fernsehsenders gäbe es bei Live-Streaming-Kanälen nicht. Jeder könne sofort loslegen. Gleichzeitig zeichnet sich das Netz durch eine enorme Bandbreite an Kanälen aus, vom Letsplay-Hobbyprojekt bis hin zu Medienriesen wie der britischen Perform Group („DAZN“, Goal.com, Spox.com), die durch die Champions-League-Übertragung im Konzert der Großen mitspielen.

Ob etwas „Rundfunk“ ist oder nicht, bemisst sich nach vier Kriterien – eines davon ist die technisch mögliche Reichweite von mehr als 500 Zuschauern. Dies trifft grundsätzlich auf jeden Livestreamer zu, egal ob es sich um einen „GTA 5“-Spieler mit fünf Zuschauern handelt oder um Twitch-Streams wie jener von Gronkh, der regelmäßig ein Live-Publikum im deutlich fünfstelligen Bereich erreicht.

Ziel sei es, für alle Beteiligten – Plattformen, Live-Streamer, Medien-Unternehmen, Künstler Zuschauer, Medienanstalten, Sponsoren – hinreichend Rechtssicherheit zu schaffen. Ähnlich hatte Raab bereits Mitte Juli auf GamesWirtschaft-Anfrage argumentiert.

Staatssekretärin: Einfache Anzeigepflicht genügt nicht

Eine stumpfe Anzeigepflicht, wie sie zuletzt verschiedentlich im Gespräch war, lehnt die Staatssekretärin ab. Stattdessen müsse es ein abgestuftes System geben, das sich nach der tatsächlichen Reichweite bemisst, also nach den Nutzerzahlen.

Übersetzt: Der „kleine“ Hobby-Live-Streamer soll ohne Vorab-Prüfung und somit auch ohne teures Verfahren loslegen können. Ab einer bestimmten Größenordnung soll es hingegen eine „aktive Impressumspflicht“ geben, also die Verpflichtung zur Information der zuständigen Landesmedienanstalt. Bei Live-Streaming-Anbietern, die über entsprechende Finanzkraft verfügen, soll es hingegen eine umfangreichere Prüfung geben, wer hinter einem Angebot steckt. Ziel solcher Checks ist es unter anderem, eine Dominanz von einzelnen Medienanbietern zu vermeiden.

Die wichtigste Botschaft: Eine kostenintensive Rundfunklizenz für Einzelpersonen oder kleine Unternehmen nach bisherigem Modell würde in diesem Szenario entfallen. Raabs Fazit: Klare Regeln seien wichtig, auch im Netz – gleichzeitig dürfe man nicht die Augen vor technischen und gesellschaftlichen Veränderungen verschließen.

Rundfunklizenz für Live-Streamer vor dem politischen Aus

Was heißt das nun in der Praxis? Die entsprechenden Passagen im nordrhein-westfälischen Koalitionsvertrag, die klare Positionierung faktisch aller großen Parteien, die eindeutigen Signale des Zulassungskommissions-Vorsitzenden Siegfried Schneider sowie der jüngste Vorstoß aus Rheinland-Pfalz – all das deutet darauf hin, dass die bisherigen Regelungen für eine Rundfunklizenz bei Live-Streaming-Angeboten politisch nicht länger zu halten sind.

Prominente Live-Streamer wie PietSmiet und Gronkh haben ihre Twitch-Angebote in den vergangenen Monaten entweder pausiert oder umgebaut. Im Lichte der jüngsten Entwicklungen wäre es gerade für reichweitenstärkere Letsplayer widersinnig, zum jetzigen Zeitpunkt noch eine Rundfunklizenz nach bisherigem Muster zu beantragen.

Zu klären wird vielmehr sein, wie mit bereits erteilten Rundfunkzulassungen umgegangen wird. So streamt beispielsweise der bekannte Webvideo-Anbieter Rocket Beans TV auf Basis einer Rundfunklizenz, unterliegt also den gleichen strengen Auflagen wie ein klassischer TV-Sender, zum Beispiel hinsichtlich Sponsoring und Jugendschutz.

Abzuwarten bleibt in jedem Fall, ob die Landesmedienanstalten ihren bisherigen Kurs beibehalten und reichweitenstarke Live-Streamer proaktiv anschreiben – oder ob es bis zur Einführung einer neuen Regelung zu einer Art Moratorium kommt.

Eines steht jedoch fest: Der Einsatz von Influencern wie PietSmiet-Mitglied Peter Smits hat Wirkung gezeigt. Inzwischen wird nicht mehr über die Notwendigkeit von Korrekturen debattiert, sondern bereits über ganz konkrete Maßnahmen.

Weitere Informationen rund um das Thema Rundfunklizenz und Live-Streaming lesen Sie in folgenden Beiträgen: