Start Politik Medienstaatsvertrag: Entwurf enthält Ausnahmen für Letsplayer

Medienstaatsvertrag: Entwurf enthält Ausnahmen für Letsplayer

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Staatssekretärin Heike Raab ist in der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei für Europa, Medien und Digitales zuständig (Foto: Staatskanzlei RLP/LV Ferrlein)
Staatssekretärin Heike Raab ist in der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei für Europa, Medien und Digitales zuständig (Foto: Staatskanzlei RLP/LV Ferrlein)

Die Rundfunkkommission stellt den Entwurf für den Medienstaatsvertrag ins Netz, der für Letsplayer eine mögliche Befreiung von der Rundfunklizenz vorsieht.

„Unkonventionell und ungewöhnlich“ sei das, was die Bundesländer derzeit veranstalten. Aber deswegen müsse es ja nicht falsch sein – lieber zu viel Transparenz als zu wenig. So kommentiert Cornelia Holsten – Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten – gegenüber dem Deutschlandfunk die Idee der federführenden Landesregierung von Rheinland-Pfalz, den aktuellen Entwurf für den neuen Medienstaatsvertrag ins Netz zu stellen und in aller Öffentlichkeit zu diskutieren.

Denn normalerweise findet dieser Prozess im stillen Kämmerlein statt, wo Beamte, Referenten und Experten mit freundlicher Unterstützung von Lobbyisten und Kanzleien um jedes Wort eines Gesetzestexts feilschen. Stattdessen wünscht sich die rheinland-pfälzische Medien-Staatssekretärin Heike Raab „eine breit geführte Debatte“.

Der neue Medienstaatsvertrag soll Antworten liefern, ob und wie Streaming-Portale, Suchmaschinen, Youtube-Kanäle, soziale Netzwerke und andere Angebote künftig reguliert werden – und zwar möglichst so zukunftsfähig, dass sie sowohl auf aktuelle Medien wie Facebook oder Twitch passen als auch für Apps, Dienste und Geschäftsmodelle, die demnächst hinzu kommen könnten.

Weil die Medienpolitik zum Aufgabengebiet der Länder zählt, ist deren gemeinsame Rundfunkkommission für die Entwicklung des neuen Medienstaatsvertrags zuständig.

Medienstaatsvertrag: Ausnahmen für Letsplayer vorgesehen

Für die Games-Branche besonders spannend ist jener Absatz, der sich unter der Überschrift „Bagatellrundfunk“ (Paragraph 20b) findet: Seit mehr als einem Jahr gehen die Landesmedienanstalten gegen reichweitenstarke Letsplayer vor, die via Twitch, Youtube Gaming oder Website regelmäßig Live-Sendungen veranstalten. Nach Auffassung der Aufsichtsbehörden benötigen die Social-Media-Stars dafür eine (kostenpflichtige) Genehmigung in Form der berüchtigten Rundfunklizenz – andernfalls drohen Bußgelder.

Die angeschriebenen Letsplayer haben auf die Aufforderung der Anstalten ganz unterschiedlich reagiert – das Team von PietSmiet hat das Streaming-Angebot eingedampft, während Erik Range („Gronkh“) und weitere Youtuber nach anfänglichem Widerstand doch eine Rundfunklizenz beantragt haben.

Medienstaatsvertrag: Neuer Begriff „Bagatellrundfunk“

Im Entwurf des Medienstaatsvertrags sind nun Korrekturen vorgesehen: Demnach ist keine Zulassung erforderlich, wenn die „journalistisch-redaktionelle“ Gestaltung, die Dauer oder die Häufigkeit nur in geringfügigem Umfang erfolgen.

Auch Rundfunkprogramme, die weniger als 5.000 Nutzern zum zeitgleichen Empfang angeboten werden, sollen ausgenommen werden – was in der Praxis allerdings wenig Belang hat, denn Twitch-, Mixer-, Twitter- oder Facebook-Livestreams kennen keine formale Zuschauer-Obergrenze.

Kanäle, die im Monatsschnitt weniger als 20.000 Zuschauer erreichen oder „vorwiegend dem Vorführen und Kommentieren des Spieles eines virtuellen Spiels dienen“ (sprich: Letsplays), sollen genehmigungsfrei sein.

Indes werden diese 20.000 Zuschauer – was weniger als 1.000 Nutzer pro Tag entspricht – von vielen Live-Streamern im deutschsprachigen Raum mühelos erreicht.

Die zuständige Landesmedienanstalt stellt auf Antrag eine „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ aus.

Staatssekretärin Heike Raab hatte bereits vor einem Jahr in einem Gastbeitrag für die FAZ dafür plädiert, dass die tatsächlichen Nutzerzahlen bei einer Neuregelung eine wesentliche Rolle spielen sollen.

Medienstaatsvertrag: Rundfunkkommission fordert zu Feedback bis 26.8.2018 auf

Youtuber wie Gronkh, die bereits eine Rundfunklizenz erworben haben, wären nach dem jetzigen Entwurf also nicht mehr lizenzpflichtig – Rund-um-die-Uhr-Angebote wie Rocket Beans TV hingegen schon.

Denn auch wenn Letsplays ausgenommen wären – für Live-Talk-Shows, Quiz-Formate oder nachrichtenähnliche Sendungen (etwa Sportberichterstattung) gelten die Ausnahmen nicht. Zuletzt hatte die Axel Springer AG angekündigt, sich juristisch gegen eine Rundfunklizenz wehren zu wollen: Die Online-Redaktion von Bild.de produziert regelmäßig Live-Streams.

Bis einschließlich 26. August 2018 – also bis zum Sonntag nach der Gamescom 2018 – können Bürger via Kontaktformular Anregungen und Änderungsvorschläge einbringen. Die Einreichungen werden dann innerhalb der Kommission ausgewertet – im Herbst soll dann das weitere Vorgehen beraten werden. Bis der neue Medienstaatsvertrag in Kraft tritt, werden also noch einige Monate ins Land ziehen – inklusive der bestehenden Rechtsunsicherheit.