Start Politik Landtagswahl in Bayern 2023: Die Games-Pläne der Parteien (Update)

Landtagswahl in Bayern 2023: Die Games-Pläne der Parteien (Update)

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Landtagswahl 2023 in Bayern: Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger, Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und die grünen Spitzenkandidaten Ludwig Hartmann und Katharina Schulze führen die Umfragen an (Fotos: Freie Wähler, Bayerischer Landtag / Rolf Poss, Sonja Herpich)
Landtagswahl 2023 in Bayern: Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger, Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und die grünen Spitzenkandidaten Ludwig Hartmann und Katharina Schulze führen die Umfragen an (Fotos: Freie Wähler, Bayerischer Landtag / Rolf Poss, Sonja Herpich)

Am 8. Oktober blickt die Republik nach Bayern: Was Söder, Aiwanger & Co. nach der Landtagswahl für die Games-Industrie im Freistaat planen.

Update vom 9. Oktober 2023: Minimale Verluste bei CSU, SPD und Grünen – deutliche Zuwächse bei Freien Wählern und AfD, und die FDP fliegt mit nur noch 3 % aus dem bayerischen Landtag: So lautet die Bilanz der Landtagswahl in Bayern.

Ministerpräsident Markus Söder hat am Tag nach der Wahl bekräftigt, was er im Wahlkampf laufend betont hat – nämlich den dringenden Wunsch nach der Fortführung der Koalition mit Aiwangers Freien Wählern, die auf 15,8 % kommen. Zusammen mit den 37 % der CSU ergibt sich eine komfortable Mehrheit. Für Konflikte dürften Verteilung und Zuschnitt der Ministerposten sorgen.

Größte Oppositionspartei ist künftig die AfD, die mit 14,6 % knapp vor den Grünen liegt. Die SPD fährt mit 8,4 % ein einstelliges Ergebnis ein.

Soweit es die Haushaltslage hergibt, spricht viel dafür, dass der Freistaat Bayern die Games-Förderung im bisherigen Umfang beibehält – ein erster Vorgeschmack wird sich aus dem Koalitionsvertrag ergeben, der in den kommenden Wochen ausverhandelt wird.


Update vom 6. Oktober 2023: Wenige Wochen vor der Landtagswahl am kommenden Sonntag hat die CSU mit einer Veranstaltung in der Münchener Parteizentrale noch einmal auf Erreichtes und Geplantes mit Blick auf die bayerische Games-Industrie hingewiesen (Zusammenfassung / Kolumne). Die jüngsten Umfragen sehen die Partei von Ministerpräsident Markus Söder bei komfortablen 36 bis 37 Prozent, also in etwa auf dem Niveau von 2018.

Freie Wähler, Grüne und AfD liegen im Korridor zwischen 14 und 16 Prozent eng beieinander; bei der SPD unter Führung von Spitzenkandidat Florian von Brunn ist hingegen noch offen, inwieweit sie ein zweistelliges Ergebnis einfahren kann. Das Momentum liegt derzeit auch nicht auf Seiten der FDP, die sich laut Wahlforschern von der 5-Prozent-Marke entfernt – was dazu führen könnte, dass die Liberalen nicht mehr dem Bayerischen Landtag angehören.

Zur Stimmabgabe am 8. Oktober aufgerufen sind nach Angaben der Staatsregierung rund 9,4 Millionen Wahlberechtigte im Freistaat.


Meldung vom 11. September 2023: Mit beachtlichen 4,4 Millionen € wird der Freistaat Bayern im laufenden Jahr die Games-Branche subventionieren, nach zuvor 3,9 Millionen €. Die Ankündigung hat CSU-Digitalministerin Judith Gerlach mit einer unverhohlenen Spitze Richtung Berlin verknüpft, wo das grüne Wirtschaftsministerium Anfang Mai einen Antrags-Stopp infolge leerer Kassen verhängen musste.

Im nationalen Vergleich steht der Freistaat weiterhin gut da. Bayern ist Heimat großer Spiele-Studios wie Upjers (Bamberg), HandyGames (Giebelstadt) und CipSoft (Regensburg). Im Großraum München beschäftigen Aesir Interactive, Travian Games, Realmforge, Grimlore Games, Chimera Entertainment und Mimimi Games (bis auf Weiteres) in Summe viele hundert Mitarbeiter. Mit Plaion (Dead Island 2, Metro) hat zudem einer der größten Publisher Europas seinen Sitz in der Landeshauptstadt, ebenso wie die Deutschland-Niederlassungen von Microsoft (Xbox) und Take-Two (GTA, NBA 2K).

Der Branchen-Mix macht Bayern zu einem der wirtschaftlich stärksten Games-Standorte der Republik – wenngleich insbesondere Berlin zuletzt eine stärkere Dynamik vorweisen konnte: mehr Gründungen, mehr Investitionen, mehr Internationalität.

Landtagswahl in Bayern 2023: Die Games-Pläne der Parteien

Am 8. Oktober werden – auch – die Weichen gestellt, wie es in den kommenden fünf Jahren mit der bayerischen Games-Branche weiter geht. Denn an diesem Tag wird ein neuer Landtag gewählt, zeitgleich mit Hessen.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat bereits angekündigt, im Falle der Wiederwahl die Koalition mit Aiwangers Freien Wählern fortzusetzen. Jüngste Umfragen sehen die CSU bei 36 Prozent, gefolgt von Grünen und Freien Wählern mit jeweils 16 Prozent. Die AfD kommt auf 12 Prozent, die SPD auf 9 Prozent, die FDP auf 4 Prozent – was nicht für den Wiedereinzug ins Maximilianeum reichen würde.

Teil der nachfolgenden Analyse sind alle Parteien, die derzeit dem bayerischen Landtag angehören.


CSU

„In Bayern lebt es sich einfach besser“ tönt die CSU auf dem Deckblatt ihres nur 24seitigen „Regierungsprogramms“ (PDF). Was das konkret für die Beschäftigten und Kunden der bayerischen Computerspiele-Branche bedeutet, lässt das Dokument völlig offen. An keiner Stelle findet sich ein Hinweis auf die Games-Industrie.

Was insofern verwundert, da die CSU seit 2018 mit Judith Gerlach eine dedizierte Digitalministerin stellt, die neben der Film- eben auch die Games-Förderung verantwortet.

Auf GamesWirtschaft-Nachfrage beteuert die Union: „Wir bekennen uns klar zum Games-Standort Bayern und positionieren uns, auch auf Bundesebene, weiterhin an der Seite der Spieleentwickler.“ Der bedeutendste Standortfaktor sei und bleibe „Verlässlichkeit“. An dieser Maxime wird sich Söders CSU in den kommenden Jahren messen lassen müssen.

Mit der Anerkennung der Gemeinnützigkeit für E-Sport-Vereine tut sich der Freistaat ungleich schwerer – daraus hat der für den Sport zuständige Innenminister Joachim Herrmann auch keinen Hehl gemacht. Wie es jetzt weitergeht? Unklar. Eine gemeinsame Initiative der CDU-/CSU-Fraktion auf Bundesebene sei am Koalitionspartner gescheitert. Die CSU weiß um die „dadurch entstehenden Untersicherheiten“ und will nach Lösungen suchen.

Immerhin: Nur vier Wochen vor der Landtagswahl hat Gerlach noch einen Arbeitsauftrag abgeräumt, den Söders Kabinett bereits 2019 erteilt hat – nämlich die Ausrichtung eines E-Sport-Events mit internationaler Strahlkraft. Im kommenden Sommer soll das Europa-Finale in der Disziplin League of Legends in München stattfinden.

Freie Wähler

„Anpacken für Bayern“ (PDF) will Parteichef und Spitzenkandidat Hubert Aiwanger, der es durch rustikale Bierzelt-Rhetorik und eine knapp überstandene Flugblatt-Affäre zu bundesweiter Bekanntheit gebracht hat. Seine Rolle als stellvertretender Ministerpräsident und Wirtschaftsminister will er fortsetzen – und bleibt es bei den aktuellen Umfragewerten, spricht viel dafür.

Bei der letzten Landtagswahl im Jahr 2018 wollten die Freien Wähler den Erwerb der umstrittenen ‚Lootboxen‘ („Beuteboxen“) erst ab 18 Jahren zulassen. Davon ist nun nicht mehr die Rede. Was bleibt, ist die Forderung nach einem „digitalen Secondhand-Verkauf“. Damit gemeint ist ein Recht auf Weiterverkauf von Zugriffsrechten „auf Dateien wie E-Books oder Computerspiele“, was in der Ära von Abo- und Streaming-Diensten etwas aus der Zeit gefallen wirkt.

Anders als im Bund liegt die politische Zuständigkeit für Computerspiele made in Bavaria nicht beim Wirtschaftsminister, sondern beim Digitalministerium.

Bündnis 90 / Die Grünen

Statt eines Spitzenkandidaten fährt die Partei gleich ein „Spitzenteam“ auf, bestehend aus dem Duo Katharina Schulze und Ludwig Hartmann. Die Grünen im Freistaat wollen sich „für unser schönes Bayern“ einsetzen – so lautet zumindest das Motto des „Regierungsprogramms“ (PDF). Klassische grüne Themen wie der Klima- und Umweltschutz nehmen erwartungsgemäß breiten Raum auf den mehr als 100 Seiten ein.

Indes ist auch das Thema Games außergewöhnlich präzise durchdekliniert: Unter anderem sollen Computerspiele ihren Weg in Jugendzentren (Juze) finden, wo die Jugendlichen im Rahmen pädagogischer Begleitprojekte einen „verantwortungsvollen Umgang mit Games“ erlernen. An anderer Stelle soll die Medienkompetenz gesteigert werden, auch mit Blick auf die „Sensibilisierung für suchtfördernde Mechanismen, wie z. B. Lootboxen in Games“.

Beim E-Sport wollen die Grünen „für Rechtssicherheit sorgen“, indem E-Sport-Vereine als gemeinnützig anerkannt werden. Die Partei will sich dafür einsetzen, dass „Vielfalt, Jugendschutz und ein gutes Miteinander ohne Diskriminierung“ selbstverständlich sind.

SPD

Gegenüber 2013 haben die Sozialdemokraten ihr Landtagswahlergebnis vor fünf Jahren mehr als halbiert – von 20,6 % ging es runter auf 9,7 Prozent. Die aktuellen Umfragen machen dem Spitzenkandidaten Florian von Brunn wenig Hoffnung, dass sich daran etwas ändern könnte: Die Schlagzeilen werden von Söder und Aiwanger gesetzt.

Im 84seitigen „Zukunftsprogramm“ (PDF) liefert die SPD keine Anhaltspunkte, wie sie es mit Games und E-Sport hält. Auf Nachfrage teilt der Landesverband mit, dass sich die Partei „auf Bundesebene“ für die Erhöhung und Verstetigung der Fördermittel eingesetzt habe. Auf Landesebene befürworte man „landeseigene Unterstützungsmaßnahmen“.

Und beim E-Sport? Die SPD-geführte Bundesregierung habe sich im Koalitionsvertrag dazu bekannt, Vereinen die Gemeinnützigkeit zuzugestehen. Die bayerische SPD unterstützt diesen Plan, schließlich seien Games „Kulturgut, Innovationsmotor und Wirtschaftsfaktor“ – na dann.

In Summe bleiben von Brunns Genossen ähnlich unscharf wie die politischen Mitbewerber; gleichwohl sind die Aussichten auf Mitgestaltung aus der Opposition heraus naturgemäß begrenzt.

FDP

Bei den bayerischen Liberalen ist man davon überzeugt: „Das Beste liegt vor uns“. So steht es geschrieben in pink-farbenen Lettern auf gelbem Hintergrund: Das Landtagswahlprogramm (PDF) umfasst 118 Seiten und verspricht „weltbeste Bildung für jeden“, „Nachhaltigkeit durch Innovation“ und eine „Politik, die rechnen kann“.

FDP-Chef Martin Hagen muss allerdings um den Wiedereinzug in den Landtag bibbern – aktuelle Umfragen sehen seine Partei unter der 5-Prozent-Hürde. Was auch, aber nicht nur daran liegt, dass Aiwangers Freie Wähler den Diskurs bestimmen – und damit auch FDP-Klientel abholen. Zudem wird die FDP als Teil der Ampel in Mithaftung genommen für die Bundespolitik.

Was will die FDP nun für die bayerische Games-Branche? Zur weltbesten Bildung gehört aus Sicht der FDP natürlich auch die Digitalisierung – in Form geeigneter Computerspiele: Pädagogisch-didaktische Videospiele könnten zu „mehr Motivation und Abwechslung beitragen“.

Ein Anliegen ist der FDP auch die Vermeidung über Glücksspielsucht, explizit mit Blick auf Kinder und Jugendliche: „Durch Lootboxen oder Slotstreams (Onlinecasinos) mit zehntausenden Zuschauern wird das Thema der Glücksspielsucht stark relativiert“. Anstelle auf Regulierung setzt die FDP auf Aufklärung, „um ein Abgleiten ins Suchtverhalten möglichst zu verhindern“.

Auf Seite 67 erfährt der Leser außerdem: „E-Sport ist Realität“. Deshalb soll es eine „bessere Anerkennung des E-Sports“ geben: Der Freistaat möge die Trainerausbildung (C-Lizenz) durch die Akademie des E-Sport-Bundes (ESBD) fördern und Fördermittel für E-Sport-Projekte bereitstellen. Als Blaupause wird Schleswig-Holstein genannt, wo es ein eigenes Landeszentrum für E-Sport und Digitalisierung gibt – dessen Mittel aber kürzlich drastisch gesenkt wurden.

AfD

Bei 10 bis 12 Prozent taxieren aktuelle Umfragen derzeit die bayerische AfD – dass der Wert deutlich unter dem Bundesschnitt liegt, hat auch mit der starken Konkurrenz durch die mitregierenden Freien Wähler zu tun.

„Heimat. Freiheit. Sicherheit.“ verspricht die AfD, die mit den Spitzenkandidaten Martin Böhm und Katrin Ebner-Steiner in den Wahlkampf zieht. Im thematischen Kanon der AfD spielen Games traditionell eine untergeordnete Rolle, weshalb die Partei an dieser Stelle keine Vorschläge einbringt.