Start Wirtschaft Plaion-Chef Kundratitz: Förder-Unsicherheit ein „Armutszeugnis für Deutschland“

Plaion-Chef Kundratitz: Förder-Unsicherheit ein „Armutszeugnis für Deutschland“

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Plaion-CEO Klemens Kundratitz auf der Gamescom 2023 (Foto: GamesWirtschaft)
Plaion-CEO Klemens Kundratitz auf der Gamescom 2023 (Foto: GamesWirtschaft)

Gamescom, Förderung, Strategie: Plaion-CEO Klemens Kundratitz macht den Publisher, Entwickler und Distributor winterfest.

„Bitte Play-on. Nicht Plai-on.“

Das Gespräch ist keine zwei Minuten alt, da muss Klemens Kundratitz bereits eingreifen. Zurecht, denn genau darum soll es bei diesem Termin am Gamescom-Business-Stand in Halle 4.2 gehen: Wo steht Plaion, wofür steht Plaion, wo will Plaion hin – und was ist dran an den Gerüchten, dass die Eigenmarke Deep Silver nach 20 Jahren abgewickelt wird?

Interviews mit Kundratitz sind selten. Seit fast 30 Jahren steht der promovierte Jurist als CEO an der Spitze jenes Unternehmens, das bis Juli vergangenen Jahres Koch Media hieß und seit der Gamescom 2022 unter Plaion firmiert. Seit Februar 2018 – also seit mehr als fünf Jahren – ist das Unternehmen außerdem eines der zentralen Geschäftsfelder der schwedischen Embracer Group, einem der größten Spielehersteller Europas. Mehr als 600 Millionen € Umsatz wird die Sparte im laufenden Geschäftsjahr beisteuern.

Wer eine King of Queens-DVD-Box erwirbt oder Dead Island 2 spielt oder Diablo 4 auf Blu-Ray bestellt, wird Kunde der Plaion GmbH mit Sitz in Planegg bei München. Als Entwickler, Publisher und Distributor ist Plaion eine Macht: Zum Portfolio gehören Marken wie Saints Row, Metro, Payday, Ride, Homefront, Wasteland, Kingdom Come Deliverance und viele weitere.

Außerdem koordiniert Plaion den Vertrieb von PC- und Konsolenspiele für große Publisher – darunter Square Enix, Capcom, Focus Entertainment, CI Games, Warner, Kalypso Media, Paradox oder Activision Blizzard. Weitere Marken könnten folgen, denn Plaion soll nicht nur im Digitalen, sondern auch im physischen Markt wachsen – mit Spielen, Filmen, Serien und Merchandise.

Im österreichischen Höfen, unweit der Landesgrenze, wurde dazu erst 2022 ein robotergestütztes Logistikzentrum eingeweiht.

Focused, better, together: Die Strategie von Plaion

Ende Mai hat Kundratitz nun die künftige Plaion-Strategie vorgestellt – das Motto: Focused. Better. Together. Eine Strategie, die er explizit nicht als ‚Restrukturierung‘ verstanden wissen wollte, sondern als Vereinfachung und Anpassung an einen veränderten Markt. Daher werde das Unternehmen auch einen Beitrag zum Sparprogramm der Konzernmutter Embracer leisten (müssen): Zuletzt beschäftigte Plaion weltweit mehr als 2.300 Angestellte.

Sehr grundsätzlich werden weniger, dafür größere und bessere Spiele bei Plaion entstehen – eben: mehr Focus. Nach Möglichkeit better. Und together mit anderen Embracer-Säulen. Die Signale des Marktes seien da eindeutig. Auch die Zeit größerer Zukäufe sei erst mal vorbei.

Anfragen, was all das für die beiden Endverbraucher-Marken Deep Silver (Metro, Saints Row) und den erst seit 2021 existierenden Ableger Prime Matter (Payday, Kingdom Come Deliverance) bedeutet, blieben bislang unbeantwortet. Im Gespräch bestätigt Kundratitz die Marktspekulationen, wonach die beiden Labels aufgegeben und künftig unter Plaion subsumiert werden sollen – nicht abrupt, aber nach und nach.

Stattdessen sollen die jeweiligen Studios in den Vordergrund gerückt werden, im Falle von Dead Island 2 etwa die britischen Dambuster Studios.

Plaion-Chef Kundratitz: Förder-Unsicherheit ein „Armutszeugnis für Deutschland“

Plaion entwickelt auch in Deutschland, und zwar bei der Hamburger Tochter Fishlabs, die mit dem Weltraumspiel Chorus den Deutschen Computerspielpreis 2022 gewonnen hat. Für das Nachfolgeprojekt mit dem Codenamen Project Black stellt der Bund mehr als 5,5 Millionen € zur Verfügung – geplante Fertigstellung: August 2026.

Der Bescheid des Wirtschaftsministeriums erfolgte im März, zwei Monate später war der 70-Mio.-€-Topf leer. Ob und wie es weitergeht mit der Games-Förderung: unklar. Aus Sicht von Kundratitz ein „Armutszeugnis für Deutschland“: Dieser „Schlingerkurs“ gefährde den Standort.

Die Förderung des Bundes hält Kundratitz für „superwichtig“. Denn für Spielehersteller seien die Produktionskosten nun mal ein zentraler Faktor – und wenn die Mann-Monatsstunden in Deutschland dauerhaft höher seien als anderswo in Europa, dann sei das ein Problem. Dann würden die Unternehmen eben in Frankreich oder in Polen oder in UK oder in Tschechien (wo Kingdom Come Deliverance entsteht) investieren.

Wenige wüssten das besser als Lars Janssen: Der Vice President Worldwide Studios & Talent von Plaion ist gleichzeitig Vorstandsvorsitzender des deutschen Industrieverbands Game – und in dieser Funktion an den zentralen Gesprächen mit dem zuständigen Wirtschaftsministerium beteiligt, auch während der Gamescom.

Apropos: Anders als die Kollegen der Wiener Konzernschwester THQ Nordic hat Kundratitz am Messeauftritt in Köln festgehalten. Er sei stolz auf die Gamescom, die sich zur Nummer-1-Messe entwickelt habe – und zwar sowohl aus Business- als auch aus Verbraucher-Sicht. Deshalb dürfe man die Teilnahme auch nicht mit dem – so wörtlich – „harten Rechenstift“ kalkulieren; stattdessen habe er „schon immer ein warmes Herz“ für die Gamescom gehabt. Plaion werde die Veranstaltung daher auch künftig unterstützen.