Nur in ganz wenigen Unternehmen der deutschen Games-Industrie gibt es einen Betriebsrat. Neu auf der Liste: die Atlas Fallen-Macher von Deck13.
Update vom 9. Oktober 2023: Die im Beitrag genannten Games-Unternehmen mit Betriebsrat wurden nach Rücksprache an zwei Stellen aktualisiert: Demnach gibt es bei der THQ Nordic-Tochter Massive Miniteam mittlerweile keinen Betriebsrat mehr – umgekehrt existiert bei der Flying Sheep Studios GmbH in Köln seit 2022 eine solche Arbeitnehmervertretung. Im selben Jahr wurde das Unternehmen vom australischen Publisher iCandy Interactive übernommen. Aktuelles Projekt: Star Life.
Deck13: Frankfurter Studio bekommt Betriebsrat
Meldung vom 5. Oktober 2023:
„Nice-to-have: Erfahrung in der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Betriebsräten ist von Vorteil“
So lautet eine der Anforderungen an die Stelle des HR Manager, die derzeit bei der Deck13 Interactive GmbH in Frankfurt am Main ausgeschrieben ist. Das ‚HR‘ steht für Human Resources – neudeutsch für Personalabteilung.
Und Personal gibt es reichlich bei Deck13, denn das Unternehmen zählt zu den größten Spiele-Entwicklern in Deutschland. Das Studio ist seit 2020 eine Tochter des französischen Publishers Focus, beschäftigt hierzulande fast 100 Angestellte und hat sich mit Action-Abenteuern wie Lords of the Fallen und The Surge einen Namen gemacht, national wie international. Im August erschien Atlas Fallen für PC und Konsole – für Chained Echoes, das vom Indie-Label Deck13 Spotlight vermarktet wird, gab es im Mai den Deutschen Computerspielpreis.
Betriebsrats-Erfahrung wie im vorliegenden Fall gehört höchst selten zum Profil von Personalverantwortlichen in der Branche. Denn Arbeitnehmervertretungen sind eine absolute Seltenheit – zu den wenigen Ausnahmen gehören Bigpoint (Hamburg), die Flying Sheep Studios GmbH in Köln, Electronic Arts in Köln, Microsoft Deutschland in München und Nintendo of Europe in Frankfurt.
Gerade in unruhigen Zeiten taucht regelmäßig der Wunsch nach einem Betriebsrat auf, doch längst nicht alle Gründer, Unternehmer und Niederlassungsleiter sind von dieser Idee begeistert – zuweilen wurden solche Gremien gezielt verhindert oder mindestens ausgebremst. Denn Betriebsräte müssen bei vielen Themen mindestens gehört werden, etwa mit Blick auf Arbeitszeiten, Gehaltsstrukturen, Überstunden, Aus- und Fortbildung, Home-Office-Regelungen, Abmahnungen oder Umstrukturierungen bis hin zum Stellenabbau. Via Veto-Recht kann der Betriebsrat einzelne Entscheidungen gar ganz verhindern.
Und wie blickt das Deck13-Management auf das Thema? Auf GamesWirtschaft-Anfrage sagt Geschäftsführer Mathias Reichert: „Ein Teil unserer Mitarbeitenden fand die Idee gut, einen Betriebsrat zu gründen – und das unterstützten wir auch. Überrascht von dem Wunsch waren wir schon. Aus unserer Sicht bieten wir genug Möglichkeiten, Probleme und Wünsche offen zu besprechen. Wir haben aber mittlerweile eine Größe erreicht, wo sich einige einen neutralen Anlaufpunkt außerhalb von HR und Geschäftsführung gewünscht haben.“
Die formalen Voraussetzungen für eine Betriebsrat-Gründung sind gering – bereits fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer genügen, egal ob Teil- oder Vollzeit. Bei der Unternehmensgröße von Deck13 Interactive wird der Betriebsrat aus fünf Personen bestehen. Die Wahl hat bereits in den vergangenen Tagen stattgefunden – in der kommenden Woche soll es die erste konstituierende Sitzung geben.