Start Meinung Glückskeks-Romantik (Fröhlich am Freitag vor Weihnachten)

Glückskeks-Romantik (Fröhlich am Freitag vor Weihnachten)

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Nicht alle Hoffnungen haben sich 2024 erfüllt (Abbildung: KI-generiert)
Nicht alle Hoffnungen haben sich 2024 erfüllt (Abbildung: KI-generiert)

Nicht allen in der Branche ist an den Feiertagen tatsächlich zum Feiern zumute: Die Themen des Jahres 2024 sind auch die Quests für 2025.

Verehrter GamesWirtschaft-Leser,
verehrte GamesWirtschaft-Leserin,

ja, stimmt schon, wir haben den 20. Dezember und in vier Tagen ist Bescherung.

Aber ich sag’s Ihnen ganz ehrlich: In wirklich weihnachtlicher Stimmung bin ich nicht. Zumindest noch nicht. Denn die Adventszeit ist an mir sehr rapide und sehr wirkungslos vorbeigezogen – und war vor allem durch Abschichten von Amazon-Wunschlisten, Steuer-Unterlagen und anderweitigen To-Do-Listen geprägt.

Hinzu kommt, dass bei bedecktem Himmel und muckeligen 8 bis 10 Grad per se wenig winterliches Festtags-Flair aufkommen mag. Und man sich fragt, wie vieler Keramik-Stiefelchen mit Vier-Euro-Fuffzich-Qualitäts-Glühwein es wohl bedarf, um sich einen handelsüblichen Weihnachtsmarkt schön zu trinken.

Unter Umständen ist auch ein gewisser Abstumpfungsprozess gegenüber der durchchoreografierten Jingle-Bells-Folklore eingetreten: An den fix und fertig dekorierten Kunsttannen in den Kaufhaus-Eingangsbereichen sind mir jüngst zuerst die angeflanschten Transportrollen aufgefallen – rein im November, raus im Januar. X-Mas to go. Das Fest verliert irrsinnig an Magie. Wham, Chris Rea und Mariah Carey erledigen den Rest.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Neue Bestwerte auf der nach oben offenen Besinnlichkeits-Skala hat gestern eine E-Mail-Weihnachtskarte eines Bundestagsabgeordneten aufgestellt, die mich erst irritierte und dann herzhaft schmunzeln ließ. Denn Text und Motiv waren – nach meinem Eindruck: bewusst – KI-generiert und daher auch brav als solche gekennzeichnet: „Gemeinsam konnte 2024 viel erreicht werden – und zugleich war es ein Jahr voller Herausforderungen und nicht zuletzt der Neuanfänge und Chancen, die es nun zu ergreifen gilt.“

Generisch bis zur Schmerzgrenze – mehr Glückskeks-Romantik geht nicht. Ich fand’s frech. Aber witzig.

Zur frostigen Gesamtsituation mag beitragen, dass das Jahr 2024 eine Schneise der Verwüstung durch Deutschlands Games-Branche gefräst hat. Eine Schneise, von der sich die Industrie so schnell nicht erholen wird, denn die Entscheidungen markieren vielfach nicht etwa ein vorübergehendes Wird-schon-wieder, sondern das Ende einer Entwicklung. Siehe GameStop: Die Läden schließen in wenigen Wochen. Nicht einige wenige, sondern alle. Dann verschwindet das schwarz-rot Logo aus den Innenstädten, und zwar für immer.

Damit kippt der nächste Dominostein weg vom physischen Datenträger hin zum reinen Digital-Vertrieb. Und fürs Retail-/Einzelhandel-Marketing fällt eine weitere Option weg.

Apropos Schwarz-Rot: Im Netz und in den Fußgängerzonen hat erkennbar der Wahlkampf begonnen – schließlich wird in zwei Monaten schon gewählt, Weihnachten hin oder her. Im Lichte richtig dicker Bretter, die die nächste Bundesregierung zu bohren hat, rutschen „Games made in Germany“ zwangsläufig etwas nach unten in der Prioritätenliste. Das zeigt eine erste Analyse der Wahlprogramme von CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP. Und das, obwohl sich an strukturellen Problemen der Spiele-Entwicklung im Land ja wenig verändert hat – trotz staatlicher Interventionen im dreistelligen Millionen-Bereich. Im Einzelfall wurden vorhandene Probleme bestenfalls kaschiert – in Luft aufgelöst haben sie sich zur allgemeinen Verblüffung nicht.

Doch die Kolumne hieße nicht Fröhlich am Freitag, wenn sie nicht auch etwas Frohsinn und Zuversicht verbreiten würde.

Die letzte Ausgabe der Saison verknüpfe ich daher traditionell mit einem aufrichtigen und aus sehr tiefem Herzen kommenden Dankeschön an Sie alle – fürs Mitlesen, Mitmachen, Mitdenken, Mitkommentieren und Mit-Liken. GamesWirtschaft wäre nicht möglich ohne das anhaltende Vertrauen ganz vieler Menschen in das Versprechen, dass sensible Informationen hier gut aufgehoben sind. Vertrauliches bleibt vertraulich – und Anonymität gewahrt. Danke dafür.

Wenn ich einen Wunschzettel-Wunsch (oder besser: eine Anregung) formulieren dürfte, dann diesen, dass ich mir zuweilen eine etwas proaktivere und vorausschauendere Krisen-PR wünschen würde. Eine Kommunikation, die Unangenehmes nicht aussitzt oder kleinredet oder gar negiert, sondern den ‚Spin‘ genauso sorgsam (um nicht zu sagen: professionell) handhabt wie einen Produkt-Launch. In keinem Fall ist es eine gute Idee, Entwicklungen einfach ‚laufen‘ zu lassen, in der Hoffnung, dass sie sich versenden. Oder dass es niemandem auffällt.

Umgekehrt kann ich bei erfreulichen Meldungen und Spielen, die einem wirklich am Herzen liegen, nur dringend appellieren, nicht stumpf Pressemitteilungen zu verschicken und aufs Beste zu hoffen – in der Erwartung, der Adressat würde alles stehen und liegen lassen und sich dieser Meldung annehmen. Im Redaktions-Postfach schlägt tagtäglich eine dreistellige Zahl an Mails auf – von Publishern, Studios, Agenturen, Startups, Institutionen, Veranstaltern, Ministerien, Behörden, Verbänden, Instituten, Standort-Initiativen.

Das Risiko, buchstäblich nicht ‚gesehen‘ zu werden, ist exorbitant hoch. Nehmen Sie ausbleibende Resonanz nicht hin – und vor allem nicht persönlich. Seien Sie hartnäckig wie ein Terrier!

Das gilt auch und gerade dann, wenn ein Thema mal einen vermeintlich falschen Zungenschlag oder einen Zahlendreher oder einen Vertipper in der Bildunterschrift aufweisen sollte. Hey, wir betreiben hier eine Website, keine Gefäß-Chirurgie – Dinge lassen sich quasi in Echtzeit zurechtruckeln, ohne bleibende Schäden.

Und was passiert auf GamesWirtschaft.de in den kommenden zwei Wochen? Mit Blick auf den Abwesenheitsnotiz-Winterschlaf vieler Unternehmen fällt das Grundrauschen erfahrungsgemäß gering aus, doch einige Beiträge sind trotzdem in Planung. Der reguläre, tagesaktuelle Betrieb startet wieder in der Woche ab dem 6. Januar 2025, den der Süden des Landes noch als gesetzlichen Feiertag mitnimmt.

Also: Ja, es gab schon erfreulichere Jahrgänge. Umso mehr wünsche Ihnen, Ihrem Team und Ihren Familien erholsame Feiertage und ein famoses 2025.

Oder um die erwähnte KI-Weihnachtspost zu zitieren: „Möge das neue Jahr Gesundheit, Glück und viele schöne Momente bereithalten.“

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


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