Start Meinung Fröhlich am Freitag 22/2020: Die Spotifyisierung der Spiele-Welt

Fröhlich am Freitag 22/2020: Die Spotifyisierung der Spiele-Welt

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Eines von vielen Flatrate-Angeboten: Microsofts Xbox Game Pass
Eines von vielen Flatrate-Angeboten: Microsofts Xbox Game Pass

Dem zahlenden Publikum wird konsequent das Gefühl für den Wert einzelner Videospiele abtrainiert. Wohin das führt? Zur Spotifyisierung der Games-Industrie.

Verehrte Leserinnen und Leser,

es geschah am vergangenen Wochenende: Beim Pay-TV-Sender Sky wird die Krimi-Komödie „Knives Out: Mord ist Familiensache“ beworben – ein recht neues und gut beleumundestes Kammerspiel mit Daniel Craig und Jamie Lee Curtis, das erst im Januar in den Kinos lief.

„Kaufpreis“ der digitalen Version: 13,99 Euro
Leih-Tarif: 4,99 Euro.

Im Vergleich zu einem korrespondierenden Kino-Abend, der inklusive allem Zipp und Zapp mit 20 Euro aufwärts pro Teilnehmer zu kalkulieren ist, haben wir es fraglos mit einem Preis der Nächstenliebe zu tun.

Trotzdem erwischte ich mich dabei, die schmale Investition von nicht mal 5 Euro rational vor mir selbst zu rechtfertigen. Warum? Weil links und rechts Tausende erlesener Blockbuster und Serien zum unschlagbaren Preis von gefühlt null Euro locken – bei Sky selbst, bei Disney+, bei Amazon Prime, bei Netflix.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Wie an dieser Stelle in den vergangenen Jahren mehrfach besprochen: Die TV-Streaming-Dienste mit ihren Flarate-Pauschalen haben das Gefühl für den Wert von Filmen gründlich versaut – bestenfalls vergleichbar mit All-you-can-eat-Buffets, wie wir sie aus der Prä- und mutmaßlich Post-Corona-Phase kennen. Wer vermag noch zu sagen, was ein fairer Preis für einen Spielfilm ist, wenn sich der Einzelabruf durch die Netflix-Mischkalkulation im Cent-Bereich bewegt?

Gleiches gilt für die Musikbranche, die sich nach jahrelanger erfolgloser Gegenwehr mit der Spotifyisierung des Gewerbes arrangiert hat und damit mittlerweile mehr Umsatz einfährt als mit gepressten CDs oder mit 99-Cent-Downloads wie in der iTunes-Steinzeit.

Games, Musik, Film, TV, Buch: Die Umsätze der wichtigsten Entertainment-Branchen im Vergleich (Stand: 12. Mai 2020)
Games, Musik, Film, TV, Buch: Die Umsätze der wichtigsten Entertainment-Branchen im Vergleich (Stand: 12. Mai 2020)

Und auch im Games-Geschäft ist der Wandel zu besichtigen: Was die Kauf-Software an Umsatz verliert, gewinnen Flatrate-Dienste wie Xbox Game Pass, Uplay+ oder PlayStation Now dazu, wie der Branchenverband in dieser Woche nachgewiesen hat.

Die Botschaft des Marktes ist klar: Der Kunde ist zunehmend seltener dazu bereit, Geld für einzelne Produkte auszugeben. Wenn überhaupt, dann muss es sich schon um eine üppig bestückte Sammler-Ausgabe handeln, die sich schick im Regal macht.


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Noch liegen keine finalen Zahlen vor, aber ich wäre verwundert, wenn der mehrwöchige und in vielen Ländern anhaltende Einzelhandels-Shutdown diese Entwicklung nicht massiv beschleunigt hätte. Zumal mit wenigen Ausnahmen („Animal Crossing“, „Doom Eternal“) in den vergangenen Wochen ohnehin nicht allzu viele Neuheiten auf den Markt kamen.

Pauschal formuliert: Der Pauschale gehört die Zukunft.

„Knives Out“ ist übrigens tatsächlich sehr gut – dringende Empfehlung, wenn Sie Agatha-Christie-Krimis mögen.

Ein schönes langes Pfingst-Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


Alle Kolumnen und Gastbeiträge finden Sie in der Rubrik „Meinung“.