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Gehalts-Debatte: So reagiert die Branche (Update)

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Am Standort Berlin beschäftigt Yager rund 140 Mitarbeiter (Foto: Yager)
Am Standort Berlin beschäftigt Yager rund 140 Mitarbeiter (Foto: Yager)

Welche Gehälter zahlt Deutschlands Games-Industrie? InnoGames nennt konkrete Eckdaten – die Mitbewerber reagieren zurückhaltend.

Update vom 27. Juli 2022: Wir haben die Stellungnahmen zweier großer Traditions-Studios – Deck13 und Yager – ergänzt.


Meldung vom 25. Juli 2022: 44.000 € aufwärts für einen Berufseinsteiger im Marketing, 58.000 € für einen Spieldesigner, annähernd sechsstellige Jahresgehälter für erfahrene Entwickler und Analysten ohne Personalverantwortung: In der vergangenen Woche hat der Hamburger Online- und Mobilegames-Produzent InnoGames einen Einblick in die Lohnabrechnungen ermöglicht – offiziell mit der Intention, für mehr Transparenz zu sorgen.

Sollte mit der Aktion möglicherweise auch ein klitzekleiner Marketing-Effekt beabsichtigt gewesen sein, so ist dieser eingetreten: Die Aktion hat ein erwartbar großes und überwiegend positives Echo über Branchengrenzen hinweg ausgelöst. Wer sich umhört, stellt allerdings fest: Restlos amüsiert sind Gründer, Unternehmer und Personal-Chefs nicht, dass InnoGames dieses – O-Ton – „Fass aufgemacht“ hat. Von einem „Bärendienst“ ist gar die Rede. Die Reaktionen fallen zuweilen zurückhaltend bis unterkühlt aus.

Der Grund: Die kommunizierten Zahlen liegen zumindest bei einzelnen Gewerken sehr deutlich über jenen (Einstiegs-)Gehältern, die in der Fläche an Community-Manager, Grafiker oder Level-Designer gezahlt werden. Genauer: gezahlt werden können. Dies gilt insbesondere – aber nicht nur – für Indies, also kleine und mittelgroße Studios, sowie inhabergeführte Spiele-Entwickler, die ohne börsennotierten Mutterkonzern oder ohne Investor auskommen (mehr dazu in der jüngsten Kolumne).

In den TV-Spots des Stellenportals Stepstone wirbt InnoGames offensiv mit konkreten Gehältern (Szene aus Werbespot)
In den TV-Spots des Stellenportals Stepstone wirbt InnoGames offensiv mit konkreten Gehältern (Szene aus Werbespot)

Gehalts-Debatte: So reagiert die Branche

Doch welche Folgen hat die InnoGames-“Transparenz-Offensive“ in der Praxis?

GamesWirtschaft hat bei führenden Studios und Publishern nachgefragt, ob die Unternehmen dem Beispiel folgen und ihrerseits beabsichtigen, zumindest mittelfristig die Gehälter offenzulegen.

Vorläufige Erkenntnis: Nur in einem einzigen Fall (der noch anonym bleiben möchte) wird sehr konkret über eine Veröffentlichung der Daten nachgedacht. Allerdings will man zunächst die Haltung der bestehenden Angestellten abfragen. In anderen Fällen soll es zumindest nach innen – also gegenüber der Belegschaft – eine grobe Aufschlüsselung geben.

Gleich mehrere große Unternehmen wollen sich grundsätzlich nicht zum Sachverhalt äußern. Bislang liegen folgende Rückmeldungen vor (wird laufend aktualisiert):


Yager  NEU 

Seit 2020 hält Weltmarktführer Tencent Anteile am Berliner Traditionsstudio, das seit über 20 Jahren PC- und Konsolen-Spiele entwickelt. Der Hauptfokus der derzeit rund 145köpfigen Belegschaft in der Hauptstadt liegt beim Online-Multiplayer-Shooter The Cycle.

Yager-Co-Gründer Philipp Schellbach
Yager-Co-Gründer Philipp Schellbach

Co-Gründer und Geschäftsführer Philipp Schellbach: „Yager hat im Augenblick nicht die Absicht, Gehälter zu veröffentlichen. Wir arbeiten aber intensiv daran, intern noch mehr Transparenz zu schaffen und finden die aktuelle Debatte sehr spannend.

Es gibt bei Yager schon seit Jahren regelmäßige Gehalts-Reviews für alle, bei denen es als Minimum für jeden Yagerian einen Inflationsausgleich gibt. Gleichzeitig schauen wir uns an, ob es Unausgewogenheit zwischen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen mit gleicher oder ähnlicher Qualifikation gibt und nehmen entsprechend Anpassungen vor. Das verhindert auch, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen durchs Raster fallen.

Generell ist es aufgrund der Vielzahl der verschiedenen Disziplinen und deren Spezialisierungen in der Games-Industrie selbst für eine Firma unserer Größe nicht immer leicht, feste Gehaltsbänder zu definieren, da es in vielen Bereichen dann doch nur ein oder zwei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit gleicher Qualifikation und Seniorität gibt.

Und das Gehalt macht heutzutage auch nur ein Teil der Entscheidungsfindung von potentiellen Bewerbern und Bewerberinnen aus. Eine gute Firmenkultur und weitere Benefits spielen für viele eine ebenso wichtige Rolle. Auch hier denke ich, dass Yager sehr gut aufgestellt ist.

Unser mittlerweile 7köpfiges People & Culture Team fühlt sich verpflichtet, fürsorglich und proaktiv eine mittlerweile remote/hybride internationale Belegschaft in 13 Ländern zu betreuen. Wir orientieren uns dabei stark an unseren Firmenwerten und haben verstanden, dass eine offene Feedback Kultur, Gesundheitsmanagement (vor allem Mental Health Support), kompetente und regelmäßig geschulte Führungskräfte und wertschätzende Kommunikation für unsere Mitarbeiter und deren Zufriedenheit und Bindung sehr wichtig ist.

Für die Loyalität unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben wir uns in diesen Sommer außerdem mit einem finanziellen Bonus (Gesamt-Auszahlung: 1 Million Euro) bedankt.

Mit Blick auf die veröffentlichten Zahlen und das, was wir durch eigene Recherche ermittelt haben, kann ich selbstbewusst sagen, dass sowohl unsere Gehälter als auch unsere Firmenkultur auf jeden Fall international konkurrenzfähig sind.“


Felix Moske, HR-Manager bei Deck13
Felix Moske, HR-Manager bei Deck13

Deck13  NEU 

Auf bis zu 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter soll die Belegschaft bei Deck13 (The Surge 2) in Frankfurt bis Ende des Jahres anwachsen. Die Tochter des französischen Publishers Focus arbeitet an einem, noch unangekündigten Projekt.

HR-Manager Felix Moske: „Wir haben die Offenlegung der Gehälter von InnoGames gesehen und beobachten die Lage. Zum jetzigen Zeitpunkt werden wir unsere Gehaltsstruktur nicht öffentlich zugänglich machen.“


Jörg Strathaus, CEO von Travian Games
Jörg Strathaus, CEO von Travian Games

Travian Games

Der Online-Games-Pionier beschäftigt an den Standorten München und Köln (Bright Future) knapp 190 Mitarbeiter.

Travian-CEO Jörg Strathaus: „Travian Games findet die Initiative von InnoGames sehr bemerkenswert und außergewöhnlich. Wir werden uns die Information sehr genau anschauen, sie analysieren und schauen, wie sich etwaige Learnings auf unsere Strukturen übertragen lassen. Im Anschluss entscheiden wir dann, wie wir damit umgehen und konkret weiter fortfahren.“


Kalypso Media

Simon Hellwig, Gründer und Geschäftsführer von Kalypso Media
Simon Hellwig, Gründer und Geschäftsführer von Kalypso Media

Mit Studios in München (Realmforge, Nine Worlds), Gütersloh (Gaming Minds) und Darmstadt (Claymore Games) gehört der rheinland-pfälzische Publisher zu den größten Arbeitgebern der deutschen Computerspiele-Branche.

Gründer und Geschäftsführer Simon Hellwig: „Unsere Gehaltsstrukturen und Benefits variieren von Standort zu Standort (allein sechs in Deutschland) und sind für ein mittelständisches, privates Games-Unternehmen angemessen.“


HandyGames

Die THQ-Nordic-Tochter mit Sitz in Giebelstadt bei Würzburg hat zuletzt kräftig expandiert und bereitet sich auf weiteres Wachstum vor.

Markus Kassulke, Co-Gründer und -Geschäftsführer von HandyGames
Markus Kassulke, Co-Gründer und -Geschäftsführer von HandyGames

Co-Gründer und Geschäftsführer Markus Kassulke: „Natürlich hat die Offenlegung der Gehälter bei uns und unseren Kollegen, in der Branche und in breiter Öffentlichkeit für Diskussionen gesorgt. Allem voran: ein cleverer HR-Marketing-Schachzug von InnoGames, vor dem wir den Hut ziehen.

Gehälter offenzulegen steht nicht in unserem Interesse, da wir das Gesamtpaket von HandyGames in den Fokus rücken und wir an dessen Wertschätzung seitens der Bewerber:innen und Mitarbeiter:innen glauben.

Eine familiäre Atmosphäre, abwechslungsreiche Projekte auf internationalem Niveau, internes Feel-Good-Management, betriebliches Gesundheitsmanagement, Work-Life-Balance und Nachhaltigkeit sind nur einige große Themen, die bei uns schon immer eine große Rolle spielen und die in Zukunft weiter fortgeführt und ausgebaut werden.

Benefits rücken bei internationalen Fachkräften immer mehr in den Fokus. Hier gilt es vor allem in unserer Branche zukünftig neue Maßstäbe zu setzen, denn hier gibt es sicherlich mehr Vorurteile zu überwinden als nur ‚in der Games-Branche verdient man zu wenig‘.

Wir versuchen hier andere Wege rund um das Thema Benefits zu gehen, welche die Core Values und die DNA von HandyGames tragen und dem Standort Giebelstadt stärken. Unser Team befindet sich inmitten einer Wachstumsphase – nicht nur personell, sondern auch räumlich. Ein Beispiel hierfür wäre das große Investment in unser neues Team-Restaurant am Standort, welches sich aktuell im Bau befindet und in Kürze an den Start gehen wird.

Am Ende entscheiden Bewerber:innen selbst, welche Kriterien für eine Start in die Games-Branche oder einen Wechsel des Arbeitgebers entscheidend sind. Hier werden wir zukünftig gerne in den Ring steigen.“


Black Forest Games

Adrian Goersch, Gründer und Geschäftsführer von Black Forest Games
Adrian Goersch, Gründer und Geschäftsführer von Black Forest Games

Das Offenburger Studio (Destroy All Humans!) gehört zur THQ-Nordic-Gruppe und plant keine Offenlegung der Gehaltsstufen.

Gründer und Geschäftsführer Adrian Goersch zu den Gründen: „Black Forest Games befindet sich stark im Wachstum und entsprechend haben sich unsere Strukturen in den letzten Monaten stark verändert und werden sich auch in der nächsten Zeit noch verändern. Eine Aufteilung in Juniors, Regulars, Seniors und Leads gibt es bei uns zum Beispiel erst seit letztem Jahr – genauso wie eine dedizierte HR Abteilung.

Wir sind noch mitten im Prozess, die Anforderungen, Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Kompetenzen zu diskutieren und zu definieren. Das Thema Gehaltsbänder ist ebenso gerade erst in Arbeit. Nicht aus Wettbewerbsgründen, sondern um die internen Diskussionen zu vereinfachen. Da ist ein schon seit Jahren mitarbeiterstarkes Unternehmen wie InnoGames natürlich schon viel weiter.

Ohne eine Definition dieser Rollen und der damit verbundenen Anforderungen macht ein Vergleich für uns und auch für Externe nur eingeschränkt Sinn. Muss ein ‚Regular‘ mindestens fünf Jahre Berufserfahrung haben, ist eine Berufsanfängerin schon ein ‚Junior‘?

Ich tausche mich mit anderen CEOs vor allem vergleichbarer deutscher und europäischer Studios zu Gehaltsstrukturen aus, um sicherzustellen, dass wir mit unseren Gehältern wettbewerbsfähig bleiben. Da ist weit mehr als ein Nebeneinanderlegen von Jahresgehaltszahlen notwendig, um ein aussagekräftiges Bild zu bekommen.

Wir sehen keinen Mehrwert für uns, die Zahlen zu veröffentlichen. Ich gebe aber zu, dass ich mich immer freue, wenn es ein anderer tut. Das hilft uns einzuordnen, wo wir mit unseren Gehältern stehen. Die Leute, die wir rekrutieren, haben in der Regel mindestens zwei andere Angebote vorliegen. So können wir gar nicht anders, als marktgerechte Gehälter zu zahlen.

Last not least ist das sowieso immer nur eine Momentaufnahme in einer sich schnell wandelnden Branche und Welt. Schon die nächste Gehaltsrunde, in der sehr viel über Inflation diskutiert werden wird, verändert wieder die Zahlen.“

1 Kommentar

  1. Spannender Artikel,vielen Dank Frau Fröhlich,besonders die Aussage von Black Forest Games fand ich da am besten.

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