Start Politik USK berücksichtigt „Glücksspiel“ bei der Alterseinstufung

USK berücksichtigt „Glücksspiel“ bei der Alterseinstufung

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Das Smartphone bleibt die beliebteste Games-Plattform der Deutschen - derzeit erfolgreichste App:
Das Smartphone bleibt die beliebteste Games-Plattform der Deutschen - derzeit erfolgreichste App: "Coin Master" (Screenshot)

„Coin Master“ hat die Debatte um Glücksspiel-Mechaniken in Games beschleunigt – die USK erweitert ihre Leitlinien, lässt aber Lootboxen ungeschoren.

Als „Reaktion auf eine sich ändernde Medienlandschaft“ will die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) eine Erweiterung der Leitlinien verstanden wissen, die künftig auch „Glücksspiel“ als eigenes Kriterium enthalten. „Glücksspiel-ähnliche Elemente“ hätten sich insbesondere im Online-Bereich bei Casino- oder casino-ähnlichen Apps etabliert – und sollen künftig bei der Alterseinstufung Berücksichtigung finden.

Lange Zeit vertrat die USK die Auffassung, dass dem „simulierten Glücksspiel“ kein besonderes Gewicht oder Risiko mit Blick auf eine Entwicklungsbeeinträchtigung von Kindern und Jugendlichen beizumessen ist.

Gerade bei sogenannten Casino-Apps habe sich allerdings gezeigt, dass glücksspielähnliche Spielmechaniken Einzug in den Medienalltag von Kindern und Jugendlichen finden können, erklärt der stellvertretende USK-Geschäftsführer Lorenzo von Petersdorff. „Hier geht es vor allem darum, Kinder vor Inhalten zu schützen, bei denen Glücksspielmechaniken klar im Fokus stehen.“

Die Leitlinien-Erweiterung geht auf einen Beschluss des 15köpfigen USK-Beirats zurück, dem Vertreter von Jugendorganisationen, Kirchen und Ministerien angehören. Die Computerspiele-Branche wird von Game-Geschäftsführer Felix Falk und Electronic-Arts-Geschäftsführer Jens Kosche vertreten.

Was heißt das nun in der Praxis? Grundsätzlich ist Minderjährigen in Deutschland die Teilnahme an Glücksspielen untersagt – bei „glücksspielähnlichen“ Mechanismen ist dies jedoch nicht der Fall. Die Grenze zum „echten“ Glücksspiel verläuft aus Sicht der USK beim Geldeinsatz und bei der Möglichkeit, Geld oder geldwerte Preise zu gewinnen.

Szene aus "FIFA 20": Je höher die Qualität des Spielers (hier: Arsenal-Superstar David Luiz), desto geringer die Chance auf einen Lootbox-"Treffer" in FUT-Packs (Abbildung: EA)
Szene aus „FIFA 20“: Je höher die Qualität des Spielers (hier: Arsenal-Superstar David Luiz), desto geringer die Chance auf einen Lootbox-„Treffer“ in FUT-Packs (Abbildung: EA)

Künftig sollen Elemente berücksichtigt werden, „die geeignet sind, die Einstellung zur Teilnahme an Glücksspielen und damit die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen zu beeinträchtigen oder zu gefährden.“ Unter anderem wird überprüft, ob das Spiel zu einer Gewöhnung oder Verharmlosung von Glücksspiel führen könnte – etwa, indem unrealistische Gewinnerwartungen geweckt werden.

Wichtige Einschränkung: Dies gilt explizit nur für den Spielinhalt, nicht aber für Ingame-Werbung oder Ingame-Käufe inklusive der umstrittenen Lootboxen, wie sie in Spielen wie „NBA 2K20“ (Take Two Interactive) oder „FIFA 20“ (Electronic Arts) verbaut sind. So enthalten die kostenpflichtigen Packs für den Spielmodus „FIFA Ultimate Team“ zufällig zusammengestellte Sammelkarten – wer die Chancen auf seltene Weltstars erhöhen will, muss in die Tasche greifen. „FIFA 20“ ist ebenso wie die Vorgänger ohne Alterseinschränkung freigegeben – für den am 9. Oktober erscheinenden Nachfolger „FIFA 21“ liegt noch kein USK-Votum vor.

Zur Neuregelung dürfte auch die mediale Debatte um die umstrittene Smartphone-App „Coin Master“ beigetragen haben: Nach einem Aufruf von Satiriker Jan Böhmermann hatte sich die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) mit dem Fall beschäftigt, aber wie erwartet von einer Indizierung abgesehen.

Das Spiel war zuvor mit Unterstützung von Prominenten wie Dieter Bohlen, Pietro Lombardi oder Daniela Katzenberger aggressiv beworben worden und war zunächst ohne Altersbegrenzung freigegeben. Bereits vor Böhmermanns Beitrag hatten die Plattformbetreiber reagiert und die App ab 16 Jahren (Google Play Store) beziehungsweise 17 Jahren (iOS-Appstore) empfohlen. Der Grund: Mittels einarmigem Banditen erspielt der Nutzer Münzen („Coins“), die wiederum zum Aufbau einer Siedlung dienen. „Coin Master“ ist nach wie vor eine der kommerziell erfolgreichsten Spiele-Apps, auch in Deutschland.

Mit der Neuregelung kommt die Industrie-finanzierte USK auch einer möglichen Gesetzesinitiative der Bundesfamilienministerin zuvor. Im Februar 2019 hatte Franziska Giffey (SPD) gefordert, dass auch Lootboxen Einfluss auf die Altersfreigabe haben müssten – Giffey wörtlich: „Jugendschutz geht vor Profitgier“. Dies müsse auch für den Gaming-Bereich gelten.