Start Politik Schlechte Noten für den Games-Standort Deutschland

Schlechte Noten für den Games-Standort Deutschland

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Olaf Scholz (SPD), Angela Merkel (CDU) und Horst Seehofer (SPD) bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags am 18. März 2018 (Foto: Deutscher Bundestag / Achim Melde)
Olaf Scholz (SPD), Angela Merkel (CDU) und Horst Seehofer (SPD) bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags am 18. März 2018 (Foto: Deutscher Bundestag / Achim Melde)

Knapp fünf Wochen vor der Bundestagswahl zieht der Branchenverband Game Bilanz – und fordert Nachbesserungen von der künftigen Regierung.

Als „durchwachsen“ beschreibt der deutsche Industrieverband die Games-Politik der Regierung aus Union und SPD seit Inkrafttreten des Koalitionsvertrags im März 2018.

Das deprimierende Ergebnis der jüngsten Mitgliederbefragung: Zwei von drei Unternehmen bewerten die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Games-Standorts Deutschland als unzureichend (56 Prozent: „eher schlecht“, 14 Prozent: „schlecht“). Nur 31 Prozent vergeben die Note „eher gut“ – kein einziger Spiele-Hersteller konnte sich zu einem „Sehr gut“ durchringen.

Die Zensuren überraschen deshalb, weil in der zurückliegenden Legislatur immerhin wie geplant die Games-Förderung des Bundes eingeführt wurde: Seit 2019 hat der Bundestag jährlich 50 Millionen Euro im Haushalt hinterlegt und für die kommenden Jahre festgeschrieben. In Summe wird die Branche vom Steuerzahler mit 250 Millionen Euro subventioniert; die Unternehmen dürfen das Geld in jedem Fall behalten, unabhängig vom kommerziellen Erfolg. Auch die Preisgelder beim Deutschen Computerspielpreis werden mittlerweile komplett vom Bund übernommen. Gleichwohl wünschen sich Publisher und Studios „noch schnellere“ und unbürokratischere Verfahren.

Die Games-Förderung gehört zusammen mit der Ausbildung von Nachwuchskräften zu jenen Faktoren, die als Pluspunkte des Standorts gesehen werden. Nachholbedarf besteht in den Disziplinen „Digitale Bildung“ (Stichwort: Serious Games) sowie „Internet-Infrastruktur“ – auch das „Image als Games-Standort“ wird tendenziell negativ bewertet. Größter Kritikpunkt ist die im internationalen Vergleich „sehr hohe Steuerlast“.

Auch mit der Gesamtsituation beim Jugendmedienschutz ist der Verband weiterhin unzufrieden: Die im Mai in Kraft getretene Reform aus dem Hause der damaligen Familienministerin Franziska Giffey (SPD) habe aus Sicht kaum Verbesserungen gebracht, sondern vielmehr neue „Zuständigkeitskonflikte“ erzeugt. Beim E-Sport gibt es zwar Fortschritte mit Blick auf die Visa-Vergabe an internationale Turnier-Teilnehmer, doch das zentrale Versprechen aus dem Koalitionsvertrag sei – so wörtlich – „gebrochen“ worden: E-Sport-Vereine gelten weiterhin nicht als gemeinnützig.

„Es geht voran, aber wir haben noch ein gutes Stück Arbeit vor uns, wenn wir zu den besten Games-Standorten weltweit aufschließen wollen“, erklärt Game-Geschäftsführer Felix Falk. Mit der Förderung, einem eigenen Games-Referat im Verkehrsministerium, der jüngst vorgestellten Games-Strategie und den Initiativen der Länder sei ein wichtiges Fundament gelegt worden. „Dieser Weg muss nun von der kommenden Bundesregierung konsequent und mit konkreten Maßnahmen in den unterschiedlichen Bereichen weitergegangen werden. Dann können wir aus Deutschland heraus das international erfolgreichste Medium unserer Zeit auch wirklich mitgestalten und geben uns nicht länger nur mit dem Zuschauerrang zufrieden.“

An die künftige Bundesregierung hat der Verband eine Reihe von Forderungen – die Top 5:

  • Weniger Bürokratie, mehr Planbarkeit und mehr Transparenz bei der Games-Förderung
  • Förderung von Games für den Unterricht sowie Erhöhung der Medienkompetenz
  • Verbesserung der Ausbildungssituation und leichterer Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland
  • Eine zukunftsfähige digitale Infrastruktur – zum Beispiel durch leistungsfähige Breitbandanschlüsse und ein starkes 5G-Netz
  • Bessere Rahmenbedingungen für den E-Sport (Talent-Förderung, Gemeinnützigkeit für Vereine)

In den Wahlprogrammen der großen Parteien für die Bundestagswahl 2021 findet das Thema Games und E-Sport überwiegend nur im Nebensatz statt. Konkreter wird es mutmaßlich im Rahmen der prominent besetzten Gamescom-Polit-Talkrunde Debatt(l)e Royale, die am kommenden Freitag live aus Berlin übertragen wird.