Was passiert eigentlich, wenn ein staatlich gefördertes Computerspiel während der Entwicklung eingestellt wird? Das Ampel-Aus hat die Lage verkompliziert.
Exakt 567 laufende Games-Projekte sind derzeit im „Förderkatalog“ der Bundesregierung gelistet – mit geplanter Fertigstellung irgendwann zwischen 2020 und 2027 und Zuschüssen zwischen 16.000 € und dem bisherigen Höchstbetrag von 5,7 Mio. € für Anno 117: Pax Romana.
Es waren schon einmal mehr: Denn 13 Vorhaben, für die bereits Zusagen seitens des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) vorlagen, wurden von den Studios und Publishern widerrufen – entweder, weil die Projekte doch nicht zustande kamen oder weil sich im Laufe der Arbeiten herauskristallisierte, dass „diese keine Aussicht auf Erfolg oder die gewünschte Qualität“ haben würden, wie eine Sprecherin des Ministeriums auf Anfrage von GamesWirtschaft bestätigt.
Grundsätzlich gilt: Scheitern ist keine Option. Denn zu den amtlichen Auflagen gehört, dass das subventionierte Spiel auch tatsächlich irgendwann bei Steam, in iOS- und Android-Appstores, in Online-Shops oder im Elektronikmarkt auftaucht. Nachschüsse gibt es nicht: Der Antragsteller muss mit dem Geld auskommen, auch wenn es länger dauert als geplant – wie im Falle von Tropico 7, Titan Quest 2 oder Commandos: Origins.
Und: Die Auszahlungen an die Studios erfolgen nicht im Voraus oder ‚am Stück‘, sondern in Tranchen entlang der Entwicklung. Wird ein Projekt wider Erwarten eingestellt, enden auch die Überweisungen.
In den vergangenen 18 Monaten ist genau dieser Worst Case in drei besonders prominenten Fällen eingetreten:
- Nach der Gollum-Bauchlandung im Mai 2023 hat Daedalic Entertainment das interne Studio in Hamburg aufgelöst und die Produktion eines weiteren Herr der Ringe-Titels mit dem Arbeitstitel It’s Magic nicht weiter verfolgt. Der Bund hatte zuvor 2 Mio. € zugesagt.
- Vor einem Jahr kam das Hamburger Plaion-Studio Fishlabs infolge der Unwucht des Embracer-Konzerns unter die Räder: 50 der 100 Jobs fielen weg – das für 2026 geplante Action-Spiel Project Black wurde gestoppt. Im Nachgang betonte das Studio: Die Fördergelder in Höhe von 5,5 Mio. € seien nicht in Anspruch genommen worden.
- Noch bis vor wenigen Tagen standen 3,2 Mio. € für das neue Rollenspiel von Piranha Bytes in der Förder-Datenbank. Doch THQ Nordic – ebenfalls eine Embracer-Sparte – hat das Ruhrpott-Studio zwischenzeitlich aufgelöst. Das Spiel mit dem Arbeitstitel Currywurst wird nie erscheinen.
Allein in diesen drei Fällen summieren sich die ursprünglichen Förder-Zusagen auf mehr als 10 Mio. €, die letztlich nicht abgerufen wurden. Was passiert nun mit diesem Geld? Verfällt es womöglich ungenutzt? Wird es umgeschichtet?
Tatsächlich werden die nicht ausgeschütteten Mittel wieder freigegeben: Die Gelder können somit anteilig für andere oder neue Computerspiele-Projekte im entsprechenden Haushaltsjahr verwendet werden. Die Betonung liegt allerdings auf ‚können‘, wie das Ministerium klar stellt. Denn der im Mai 2023 erlassene Antrags-Stopp gilt weiterhin unverändert.
Ob und wann dieser Stopp wieder aufgehoben wird, ist offen.
- Hürde 1: Die EU-Kommission muss zunächst die neue, umstrittene Förderrichtlinie genehmigen, die erst seit Ende Oktober in Brüssel vorliegt.
- Hürde 2: Nach dem Ampel-Aus gibt es für das kommende Jahr keinen gültigen Haushalt – und damit kein Geld zur Wiederaufnahme der Computerspiele-Förderung.
- Hürde 3: Niemand kann vorhersagen, wie sich Bundestag und Bundesregierung nach den vorgezogenen Wahlen am 23. Februar 2025 zusammensetzen – inklusive der Frage, ob das Wirtschaftsministerium die Zuständigkeit für Deutschlands Games-Industrie behält.
Sollten diese diese und weitere Hürden überwunden werden, könnten die Black-Magic-Currywurst-Gelder für 2025 und 2026 theoretisch wieder freigeschaltet werden – und damit neuen Spielen zugute kommen.
Ob dies eintrifft, hängt auch und vor allem von der Aufstellung der künftigen Bundesregierung und deren Prioritätensetzung ab. Alles kann – nichts muss.
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