Start Politik Drogenbericht 2019: Lootboxen im Fokus

Drogenbericht 2019: Lootboxen im Fokus

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Seit September 2019 neue Drogenbeauftragte der Bundesregierung: CSU-Politikerin Daniela Ludwig (Foto: M. König)
Seit September 2019 neue Drogenbeauftragte der Bundesregierung: CSU-Politikerin Daniela Ludwig (Foto: M. König)

Die neue Drogenbeauftragte Daniela Ludwig hat den Drogen- und Suchtbericht 2019 vorgestellt. Ein Gastbeitrag beschäftigt sich mit den umstrittenen Lootboxen.

Schon nach wenigen Wochen Amtszeit wird offensichtlich, in welchen Disziplinen Daniela Ludwig neue Akzente als Drogenbeauftragte der Bundesregierung setzen will: Bei der heutigen Vorstellung des amtlichen Drogenberichts 2019 kündigte die CSU-Politikerin unter anderem an, sich für ein Tabakaußenwerbeverbot einzusetzen – inklusive E-Zigaretten und anderweitiger „Dampfprodukte“.

Auf anderen Feldern – etwa mit Blick auf die intensiv geführte Cannabis-Diskussion – plädiert Ludwig für einen „offenen Dialog statt ideologiebasierter Debatten“. Damit grenzt sie sich schon jetzt von Vorgängerin Marlene Mortler (CSU) ab, die in dieser Frage eine strikte Null-Toleranz-Strategie verfolgte.

Neben Alkohol, Tabak, Medikamenten, Kokain und Crystal Meth tauchen im 220seitigen Drogenbericht 2019 regelmäßig auch zwei Suchtformen auf: internetbezogene Störungen und pathologisches Glücksspiel. Gerade bei der „Computerspielabhängigkeit“ sieht die Bundesregierung weiteren Forschungsbedarf, zumal die vorliegenden Studien jeweils unterschiedliche Schwerpunkte setzen.

So hat eine Studie im Auftrag der Krankenkasse DAK insbesondere die Zwölf- bis 17jährigen unter die Lupe genommen: Die Ergebnisse hatten im März 2019 für großes mediales Aufsehen gesorgt. Demnach würden knapp drei Viertel aller Jugendlichen regelmäßig Computerspiele spielen – 90 Prozent aller Jungs und 50 Prozent aller Mädchen. Jeder sechste Spieler weist ein riskantes oder pathologisches Spielverhalten auf – hochgerechnet gelten 465.000 Kinder und Jugendliche als „Risikogamer“, davon 79 Prozent Jungs. In 3,3 Prozent der Fälle seien die Kriterien einer „echten“ Computerspielabhängigkeit erfüllt, die sich unter anderem in Entzugserscheinungen oder Kontrollverlusten äußert. Zwischen „Gaming-Sucht“ und Geldausgaben besteht zudem ein enger Zusammenhang: Je stärker das suchtähnliche Verhalten, desto mehr Geld wurde investiert, etwa in Lootboxen oder In-App-Käufe.

Gerade Lootboxen stehen im Fokus des aktuellen Drogenberichts: Von Stefan Korte stammt ein Gastbeitrag unter der Überschrift „Lootboxen – ein Glücksspiel?“. Korte ist Professor und Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht an der TU Chemnitz. Im Unterschied zur Argumentation von Spiele-Herstellern wie Electronic Arts oder des Industrieverbands Game sieht der Forscher sehr wohl gravierende Unterschiede zu Sammelbildern und Überraschungseiern: Denn der in Euro bezifferbare „Wert“ von Lootbox-Inhalten könne den Geld-Einsatz um ein Vielfaches überschreiten.

Sofern Lootboxen unter „Glücksspiel“ fallen, würden sich straf- und zivilrechtliche Folgen ergeben. Das Glücksspielverbot im Internet sieht zwar Ausnahmen unter sehr strengen Voraussetzungen vor, die aber von Lootboxen derzeit nicht erfüllt würden, so Korte – zumal Spiele wie „FIFA 20“ oder „NBA 2K20“ ohne Altersbeschränkung verkauft werden. Unter anderem sollen laut Gesetz „besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung ausgeschlossen“ werden. Bei Lootboxen ist das Gegenteil der Fall: Durch effektvolle Animationen würden Spieler zum Öffnen der Schatzkisten angestachelt. Wörtlich heißt es: „Dieser Anreiz zu neuem Spiel potenziert sich noch dadurch, dass das Computerspiel in sozialer Isolation am heimischen PC schon als solches ein erhebliches Suchtpotenzial aufweist.“

Korte kommt zu dem Ergebnis, dass die Glücksspiel-Aufsicht beim Thema Lootboxen zum Handeln aufgerufen ist. Ein Lootbox-Verbot hält der Experte mit Blick auf die Entstehung von Schwarzmärkten für wenig effizient. Sinnvoller seien Einsatzgrenzen, Pausenzeiten, Spielwiederholungsverbote und Spielersperren.


Ein Exklusiv-Interview mit der Drogenbeauftragten Daniela Ludwig mit Schwerpunkt Games-Branche lesen Sie hier.