Start Politik Computerspiele-Förderung: So steht es um das Groko-Projekt (Update)

Computerspiele-Förderung: So steht es um das Groko-Projekt (Update)

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Im Etat des Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur (BMVI) sind Games-Fördermittel in Höhe von 50 Millionen Euro vorgesehen (Foto: GamesWirtschaft)
Im Etat des Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur (BMVI) sind Games-Fördermittel in Höhe von 50 Millionen Euro vorgesehen (Foto: GamesWirtschaft)

Aktuelle Daten aus dem Verkehrsministerium belegen: Die Computerspiele-Förderung des Bundes kommt – zumindest für 2019. Für 2020 ist die Lage weiterhin unklar.


– EXKLUSIV –

 

Update vom 23.9.2019: In einer Reaktion auf die jüngsten Zahlen des Verkehrsministeriums sieht sich der Industrieverband Game in der Auffassung bestätigt, dass es einen großen Bedarf für eine Games-Förderung gibt. 380 Einreichungen allein in der Projektphase seien deutlich mehr, als viele erwartet hätten, so Geschäftsführer Felix Falk. Dadurch könnten neue Projekte umgesetzt und Studios gegründet werden, die es ohne die Förderung gar nicht gäbe.

„Der erfolgreiche Start darf jetzt nicht durch eine kurzfristige Finanzpolitik direkt wieder abgewürgt werden“, fordert Falk. Bundestag und Regierung müssten die bereits bewilligten 50 Millionen Euro für die Games-Förderung langfristig absichern und Planbarkeit schaffen, damit die positive Entwicklung nicht schon im Keim erstickt werde.

Nach Berechnungen des Branchenverbands ist der Betrag von 50 Millionen Euro für die künftige Entwicklung des Games-Standorts ohnehin nicht ausreichend: Durch den wachsenden Bedarf müssten die jährlichen Mittel um zusätzliche fünf bis zehn Millionen Euro in den kommenden fünf Jahren steigen – im ‚Idealfall‘ wäre der deutsche Steuerzahler also 2023 mit bis zu 100 Millionen Euro an der Entwicklung von Videospielen made in Germany beteiligt. Durch einen Anstieg der Steuer- und Sozialabgaben plus Investitionen soll sich der Zuschuss mittelfristig auch für den Finanzminister rechnen.

Beitrag vom 20.9.2019: In den kommenden acht Wochen wird sich nicht weniger als die Zukunft der Computerspiele-Entwicklung in Deutschland entscheiden.

Das Worst-Case-Szenario aus Sicht der Branche sieht ungefähr so aus: An den Planzahlen für den Bereich „Digitale Infrastruktur“ im Haushaltsplan des Bundesverkehrsministeriums (BMVI) für das Jahr 2020 wird nicht mehr gerüttelt. Die Subventionen für die Games-Branche würden dadurch komplett entfallen, weil sich die Fürsprecher innerhalb der Groko nicht haben durchsetzen können (oder wollen).

Das Best-Case-Szenario: Die Bundesregierung hält die Zusagen aus dem Koalitionsvertrag von 2018 ein, der die „Einführung einer Games-Förderung auf international wettbewerbsfähigem Niveau“ vorsieht.

Das Dokument wurde allerdings zu einem Zeitpunkt verhandelt und unterschrieben, bevor sich Greta Thunberg mit einem „Skolstrejk för Klimatet“-Pappschild vor den Stockholmer Reichstag setzte – und bevor der Europäische Gerichtshof die heftig umstrittene PKW-Maut kippte. Mit dem Ergebnis, dass der für Games zuständige Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) große Mühe hat, all die Einsparungen und überfälligen Investitionen in Schiene, Straße und Netz seriös in seinem Etat abzubilden.

Überhaupt steht Scheuer weiterhin unter massivem Druck – und die bewusste Aussetzung der Computerspiele-Förderung ist hier nur eine Rand-Facette. Ob der amtierende Verkehrsminister Gelegenheit bekommt, auch künftig für die Games-Branche zu „fighten“ (wie er es nennt), ist völlig offen.

Computerspiele-Förderung: So steht es wirklich um das Groko-Projekt

In der aufgeheizten Förder-Debatte geht zuweilen unter, dass für das demnächst endende Kalenderjahr 2019 bereits 50 Millionen Euro für die Entwicklung „hochwertiger digitaler Spiele“ eingeplant sind – die nur darauf warten, an die deutschen Studios ausgezahlt zu werden. Genau das ist aber bislang nicht passiert: Das Geld schlummert immer noch auf den Konten der Bundesregierung.

Der Status Quo im Überblick (Stand: 20. September 2019, 13 Uhr):

Seit dem Startschuss beim Deutschen Computerspielpreis 2019 wurden rund 380 „Projektskizzen“ für Stufe 1 der Förderung eingereicht. In dieser Phase, die am 30. August endete, werden die Games kleinerer und mittlerer Unternehmen (KMUs) sowie von Startups gefördert. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass jedes Studio die Maximalsumme von 200.000 Euro ausreizt und jeder Antrag bewilligt wird, wäre das Budget von 50 Millionen Euro schon jetzt deutlich überschritten. Laut Ministerium würden die Mittel allerdings ausreichen, um alle Anträge zu berücksichtigen. Weitere Einreichungen für diese sogenannte De-Minimis-Beihilfe sind nicht mehr möglich.

Die Bearbeitung, Bewertung und Bewilligung der Anträge erfolgt in der Reihenfolge des Eingangs der Unterlagen – die ersten Projekte können voraussichtlich im Oktober starten. Die Überweisung der Förderbeträge erfolgt nach Rechnungstellung durch die jeweiligen Antragsteller.

Drei Posten sind im Haushalt von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gegenüber dem Vorjahr entfallen - darunter die Computerspiele-Förderung (Foto: CSU / Valentin Brandes)
Drei Posten sind im Haushalt von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gegenüber dem Vorjahr entfallen – darunter die Computerspiele-Förderung (Foto: CSU / Valentin Brandes)

Weit größere Wirkung soll Phase 2 entfalten, die sogenannte „großvolumige Produktionsförderung“, die eigentlich im Herbst 2019 hätte starten sollen. Dafür ist allerdings zunächst die Zustimmung der EU-Kommission erforderlich – ein Vorgang, mit dem das BMVI zuletzt nicht nur positive Erfahrungen gemacht hat.

Auf Anfrage von GamesWirtschaft bestätigt Scheuers Ministerium, dass die Förderrichtlinie inklusive „Kulturtest“ mit allen betroffenen Ressorts der Bundesregierung abgestimmt und bei der Europäischen Union eingereicht wurde – die Prüfung läuft also. Eine „erste Rückäußerung“ wird für die nächsten Wochen erwartet. Wie lange das Verfahren insgesamt dauert, ist nicht zu prognostizieren und hängt auch von möglichen Rückfragen aus Brüssel ab.

Da sich der aktuelle Vorschlag des BMVI aber an etablierten, bereits notifizierten Fördermodellen orientiert, hofft man in den Büros in der Berliner Invalidenstraße 44 darauf, dass der Prozess möglicherweise schneller abgeschlossen werden kann. Ob all dies allerdings noch in den verbleibenden Wochen bis Weihnachten gelingt, vermag niemand vorherzusagen.


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Fest steht, dass 295 deutsche Spiele-Unternehmen ein grundsätzliches Interesse an Zuschüssen aus Stufe 2 bekundet haben. Diese Daten bildet die Grundlage für das Ministerium, um den finanziellen, logistischen und personellen Gesamtbedarf zu ermitteln.

Der Kulturtest ist eine Art Checkliste, wie sie europaweit üblich und zum Beispiel im Filmbereich vorgeschrieben ist. Abgefragt werden unter anderem die konkrete Zusammensetzung des Produktions-Teams und etwaige Dienstleister. Wer diesen Kulturtest „besteht“ und eine schlüssige Kalkulation inklusive Eigen- und Fremdkapital vorlegt, der bekommt den gewünschten Scheck – Genre, Plattform, Qualität und kommerzielles Potenzial spielen keine Rolle, solange die maximale Altersfreigabe (mutmaßlich USK 18) eingehalten wird.

3,1 Milliarden Euro wurden 2018 mit Games in Deutschland umgesetzt (ohne Online-Dienste und Hardware) - der Marktanteil von Spielen made in Germany liegt bei 4,3 Prozent (Stand: August 2019)
3,1 Milliarden Euro wurden 2018 mit Games in Deutschland umgesetzt (ohne Online-Dienste und Hardware) – der Marktanteil von Spielen made in Germany liegt bei 4,3 Prozent (Stand: August 2019)

Die Games-Förderung ist nicht der einzige Topf, der vom Verkehrsministerium für Spiele-Entwickler bereit gestellt wird: Unter anderem ist die Kombination mit dem Förderprogramm mFUND vorgesehen, mit dem „Daten- und Software-Innovationen für die Mobilität 4.0“ unterstützt werden. Die Einreichungsfrist ist allerdings vor wenigen Tagen abgelaufen.

Fazit: Für 2019 sind die Fördergelder sicher – für 2020 keineswegs. Spätestens zur zweiten Lesung des Haushaltsgesetzes im November müssen die 50 Millionen Euro in Scheuers Haushalt verlässlich eingeplant sein, um nicht auf Last-Minute-Stunts hoffen zu müssen. Neben der Förderung wird übrigens auch der ungleich kleinere Zuschuss für den Deutschen Computerspielpreis 2020 aufwärts verhandelt: Laut Haushaltsplan wird sich der Betrag auf dem Niveau der Vorjahre bewegen – die Mitglieder des Industrieverbands Game müssten auch weiterhin die Hälfte der Preisgelder selbst bezahlen.