Start Meinung PlayStation 5-Irrsinn: Auf Kosten der Kunden (Fröhlich am Freitag)

PlayStation 5-Irrsinn: Auf Kosten der Kunden (Fröhlich am Freitag)

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Nicht nur die Preise an der Zapfsäule steigen: Der Handel verdient prächtig an knappen PlayStation 5-Beständen (Foto: Fröhlich)
Nicht nur die Preise an der Zapfsäule steigen: Der Handel verdient prächtig an knappen PlayStation 5-Beständen (Foto: Fröhlich)

Mehr als 1.000 € stellt Kaufland für eine handelsübliche PlayStation 5 in Rechnung. Und man fragt sich nicht zum ersten Mal: Was läuft schief im PS5-Biz?

Verehrter GamesWirtschaft-Leser,
verehrte GamesWirtschaft-Leserin,

gerade Pendler steuern spätestens seit Kriegsbeginn mit einigem Unbehagen die Zapfsäulen an: Zwar ist der Rohölpreis seit den Rekordmarken von Anfang März kräftig gesunken, die Spritpreise rangieren aber zu Beginn der Osterferien vielerorts immer noch über der 2-Euro-Marke.

Hauptprofiteur: Ölkonzerne, die sich „mit schamlosen Gewinnmargen die Taschen vollstopfen“, wie es Greenpeace in einer gestern veröffentlichten Analyse aufgedröselt hat (PDF). Allein im März habe die Ölindustrie in Deutschland zusätzliche Gewinne von 1,2 Milliarden € erwirtschaftet. Von „obszönen Kriegsgewinnen“ ist die Rede.

Doch Rettung ist in Sicht: Der Finanzminister verspricht Lindnerung – und zwar in Form eines ‚Entlastungspakets‘. Bei der Nachricht, dass die Spritpreise mit höheren Pendlerpauschalen und ‚Tankrabatten‘ subventioniert werden, müssen in den Zentralen von BP, Royal Dutch Shell, Gazprom & Co. die Sektkorken besonders laut geknallt haben.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
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Man muss kein Volkswirtschaftler sein, um zu merken: Das Leben ist teurer geworden – Energie, Lebensmittel, Dienstleistungen. Die Inflationsrate lag zuletzt jenseits von 7 Prozent.

Dabei sind die Nach- und Nebenwirkungen der Pandemie noch längst nicht abgeschichtet – was unter anderem jene zu spüren bekommen, die nach einer PlayStation 5 fahnden. 16 Monate sind seit Markteinführung im November 2020 vergangen – und noch immer kann man die Sony-Konsole bestenfalls sporadisch online innerhalb winziger Zeitfenster bestellen. In den wenigen Ladengeschäften, die überhaupt Reservierungen annehmen, sind die Wartelisten weiterhin prall gefüllt.

Banaler Grund: Sony kann schlichtweg nicht liefern – in jedem Fall aber: zu wenig. Chipmangel und Produktionskürzungen treffen auf anhaltend große Nachfrage. Falls Sie ein fabrikfrisches Exemplar der 499 €-Konsole auf dem kurzen Dienstweg bei Ebay oder im Amazon Marketplace erwerben möchten, sollten Sie 750 € aufwärts einplanen.

Vorläufiger Höhepunkt: Kaufland hat die PlayStation 5 in dieser Woche im Online-Shop mehrfach für exakt 1.052,37 € („Versand kostenlos“) angeboten.

Zuerst vermutete ich ein stumpfes Versehen. Doch auf Nachfrage stellte sich zu meiner eigenen Verblüffung heraus: Es handelt sich nicht um einen Bug, sondern um ein Feature. Zwar will der Handelsriese (zu dem auch Lidl gehört) „einige PS5-Bundles zum UVP-Preis“ verkauft haben, und zwar jene Ware, die direkt von Sony geliefert wurde. Gleiches soll in naher Zukunft wieder passieren.

Aber: „Bei unseren Direktangeboten für die PS5 haben wir teilweise unterschiedliche Bezugsquellen. Leider können wir nicht bei allen Angeboten einen UVP-Preis garantieren. Aufgrund der hohen Nachfrage haben wir uns aktuell dafür entschieden, diese Artikel trotzdem anzubieten und unseren Kunden so die Möglichkeit zu bieten, an eine der begehrten PS5 zu kommen.“

Wow.

Selbst für den sehr unwahrscheinlichen Fall, dass Kaufland die Ware händisch zu überhöhten Preisen auf Ebay schießt, wären immer noch locker 300 bis 400 € Profit drin – pro Stück.

Ein Aufschlag von mehr als 100 Prozent auf den Listenpreis – ist das eigentlich … okay? Rechtlich: ja. Der Preis kommt durch Angebot und Nachfrage zustande. Sprich: Irgendwo in Deutschland muss irgendjemand morgens aufstehen, der diese Summe auf den Tisch legt. Verwundern sollte das nicht. Dass selbst bei zweifelhaften PS5-Kaufgelegenheiten zuweilen die Synapsen durchglühen, lässt sich ja auch daran ablesen, dass Fakeshops immer noch ‚funktionieren‘.

Das Perfide: Sony Interactive selbst profitiert nicht von der PS5-Preistreiberei. Im Gegenteil: Im Vorgriff auf die Sony-Geschäftszahlen, die jetzt im April anstehen, würde ich darauf wetten, dass die Hardware weiterhin ein Draufzahlgeschäft darstellt – und dass sich die Situation eher noch verschärft hat, weil allein das Aluminium und das Kupfer für den verbauten Kühlkörper heute doppelt so viel kostet wie noch zum Launch.

Streng genommen müsste Sony die UVP seines Produkts also analog zu ungefähr allen anderen Branchen spürbar anheben, um die massiv gestiegenen Rohstoff-, Produktions- und Transportkosten ansatzweise abzubilden.

Das ist aber mit Blick auf die Schlacht um Marktanteile kaum möglich. Denn ausgerechnet beim schärfsten Mitbewerber – der Xbox Series X – ist der ‚Tipping Point‘ längst erreicht. Die Microsoft-Konsole war in den vergangenen Wochen diesseits und jenseits des Atlantiks nahezu ununterbrochen immer irgendwo zu haben – zwar nicht durchgängig, aber wer wollte, der kriegte. Microsoft soll sich diesen kommoden Zustand buchstäblich erkauft haben – mit beizeiten reservierten Chip-Kapazitäten zu höheren Einstandspreisen.

Die unzufriedenstellende PS5-Gesamtsituation ist also teils hausgemacht, doch der Einzelhandel trägt eben nicht wirklich dazu bei, die Lage zu entschärfen. Im Gegenteil: Die Causa Kaufland ist nur eine weitere Facette einer wenig rühmlichen PS5-Performance, die von Stornierungswellen, überlasteten Online-Shops, Verbraucherzentrale-Klagen, unzureichender Scalper-Prophylaxe und Nicht-Kommunikation gekennzeichnet ist.

Immerhin: Anders als beim Schlüssel- oder Pannendienst, der Ihnen nachts um 2 Uhr eine 1.052,37 €-Rechnung abnötigen will, handelt es sich bei der Kaufland-Erschwerniszulage nicht um justiziablen ‚Wucher‘ – allein schon deshalb, weil keine Notlage ausgenutzt wird.

Auch wenn dies mancher PS5-Interessent möglicherweise anders beurteilen wird.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft

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2 Kommentare

  1. Ich frage mich, wieso nicht noch mehr Händler die Playstation teurer anbieten? Das ist doch verschenktes Geld.. Und am Moralischen kann es ja auch nicht liegen, Grafikkarten bietet Mediamarkt zB weit über der UVP an.. Kann mir das irgendwer erklären?

    • Theoretisch wäre das möglich … zumal es sich um eine „unverbindliche“ Preisempfehlung handelt.

      Allerdings wäre die zu erwartende Empörung nicht hilfreich. Deshalb behilft sich der Handel mit Bundles, wo Zubehör und Games zur UVP beigepackt sind – da sind die Margen viel, viel attraktiver.

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