Start Wirtschaft PS5, Xbox, Switch: Wann steigen die Konsolen-Preise?

PS5, Xbox, Switch: Wann steigen die Konsolen-Preise?

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Kunststoffe, Aluminium, Kupfer, Platinen: Die Preise für Bauteile einer Konsole - hier: Xbox Series X - haben sich seit Launch drastisch erhöht (Abbildung: Microsoft)
Kunststoffe, Aluminium, Kupfer, Platinen: Die Preise für Bauteile einer Konsole - hier: Xbox Series X - haben sich seit Launch drastisch erhöht (Abbildung: Microsoft)

Erst die Pandemie, jetzt Krieg in Europa: Auch Sony, Microsoft und Nintendo wurden von steigenden Produktionskosten kalt erwischt. Was bedeutet das für die Konsolen-Preise?

Es ist ein ungeschriebenes Branchen-Gesetz: Mindestens zur Markteinführung, meist aber noch deutlich länger werden Spielekonsolen bewusst subventioniert – die Hersteller zahlen also bei jedem verkauften Gerät drauf. Zu einem echten Geschäftsmodell wird der Konsolen-Verkauf erst im Anschluss durch 50 €-Online-Dienste, 60 €-Wechselgehäuse, 70 €-Controller und 80 €-Spiele.

In der Praxis kann der Zuschuss-Zustand über Jahrzehnte anhalten – Microsoft hat nach eigener Auskunft in 20 Jahren noch nie substanziell Geld mit der eigentlichen Xbox-Hardware verdient. Die Strategie von Sony Interactive ist eine andere: Laut Geschäftsbericht sei es gelungen, die Verluste infolge des „strategischen Preispunkts“ für die PlayStation 5 weiter zu reduzieren. Im Sommer 2021 ließen die Japaner durchblicken, dass man bei der PlayStation 5 bereits den Break-Even erreicht habe – ein ungewöhnlich früher Zeitpunkt.

Chip-Mangel sorgt für Nachschub-Probleme

Doch all die Kalkulationen, die im Vorfeld des Launchs von Xbox Series X/S und PlayStation 5 im November 2020 angestellt wurden, sind längst Makulatur. Denn gegenüber der ursprünglichen Planung haben sich mindestens zwei Faktoren geändert: erstens die anhaltende Pandemie – und zweitens der Krieg in der Ukraine.

Kritisch ist die Lage insbesondere bei Mikrochips. Ebenso wie andere Branchen kämpfen auch Unterhaltungselektronik-Anbieter um Halbleiter – und konkurrieren dabei mit finanzstarken Mitbewerbern wie dem Maschinenbau, der Medizintechnik oder der Rüstungs-Industrie, die mit ungleich attraktiveren Margen operieren. Gerade in der Automobil-Branche ist der Bedarf gewaltig: Vom Airbag bis zum Reifendruck-Sensor – überall sind Chips verbaut.

Hinzu kommen brüchige Lieferketten infolge der Corona-Unwucht: Temporär geschlossene Seehäfen, steigende Ölpreise und chronisch ausgelastete Container-Schiffe lassen Frachtkosten explodieren.

Die Folgen für den Weltmarkt waren und sind dramatisch – und in der Games-Industrie längst spürbar:

  • So musste Sony die PS5-Produktionsmengen kürzen: Zwischen April 2021 und März 2022 laufen signifikant weniger Konsolen vom Band als die ursprünglich geplanten 14,8 Millionen Stück.
  • Seit dem Jahreswechsel hat Sony Interactive im deutschsprachigen Raum und auch bei unseren europäischen Nachbarn nur noch winzige Mengen ausgeliefert. Beispiel: Im gesamten Februar 2022 gab es in Deutschland gerade mal 3 (in Worten: drei) Gelegenheiten, die PlayStation 5 online zu bestellen – die Kontingente waren binnen weniger Minuten vergriffen. Große Handelspartner wie MediaMarkt, Saturn, Amazon, Euronics & Co. wurden seit mindestens eineinhalb Monaten nicht mehr beliefert. GameStop Deutschland rechnet erst im zweiten Halbjahr 2022 mit einer dezenten Erholung.
  • Das dünne Angebot schlägt auch auf Plattformen wie Ebay durch, die als zuverlässiger Seismograph gelten: Dort sind derzeit – Stand 8. März – weniger als 150 originalverpackte Konsolen gelistet. Per Sofort-Kauf wird im Schnitt ein Aufpreis von 200 € verlangt. Unter 700 € ist kein Laufwerks-Modell zu bekommen – die UVP liegt gerade mal bei 499 €.

Ukraine-Krieg verteuert Energie und Rohstoffe

Der Einmarsch Russlands in die Ukraine hat den Schwierigkeitsgrad für Konsumgüter-Hersteller abermals erhöht. Denn die beiden Länder versorgen die Welt mit Energie und Rohstoffen – Gas, Rohöl, Nickel, Aluminium, Palladium, Platin, Kupfer, Eisenerz, Graphit, um nur die offensichtlichsten Bodenschätze zu nennen. Die Ukraine zählt zudem zu den europaweit wichtigsten Produzenten von Elektrotechnik, darunter Kabelstränge für Autos, die individuell für jedes bestellte Fahrzeug konfiguriert werden, überwiegend von Hand.

Bedeutet: Die Einkaufspreise steigen ebenso drastisch wie die Transportkosten. Der Aluminium-Preis notierte in dieser Woche mit 3.800 $ pro Tonne auf einem Allzeit-Hoch – im Frühling 2020 lag der Tarif bei 1.500 $, zum PS5-Launch schon bei knapp 2.000 $. Auch die Kosten für Nickel haben sich binnen eines Jahres knapp verdoppelt.

All das verteuert zwangsläufig die Produktion einer Spielkonsole. Die Hersteller können nur bedingt gegensteuern: Bereits bei der ersten Hardware-Revision im Sommer 2021 haben etwa die Sony-Ingenieure einen deutlich kompakteren Kühlkörper („Heatsink“) in der PlayStation 5 verbaut, der das Gewicht der Konsole um 300 Gramm senkte. Schon rein optisch fällt der Unterschied ins Auge – in Zusammenspiel mit einem effizienteren Lüfter blieben die Leistungsdaten allerdings nahezu unverändert.

Links die bisherige PlayStation 5, rechts die 'neue' PS5: Auf den ersten Blick fällt auf, dass Kupfer- und Aluminium-Kühlkörper weggelassen wurden (YouTube / Screenshot / Austin Evans)
Links die bisherige PlayStation 5, rechts die ’neue‘ PS5: Auf den ersten Blick fällt auf, dass Kupfer- und Aluminium-Kühlkörper weggelassen wurden (YouTube / Screenshot / Austin Evans)

Wie lange lassen sich PlayStation 5, Xbox Series X & Co. subventionieren?

Wenn man weiß, dass Konsolen-Verkaufspreise von vornherein auf Kante genäht sind, dann ergibt sich für Sony, Microsoft und Nintendo eine zunehmend missliche Situation: Einerseits befindet man sich in einem harten, intensiven Wettbewerb um Marktanteile, der keinen Spielraum lässt, um höhere Produktionskosten zumindest anteilig an den Kunden weiterzugeben. In anderen Branchen hat just dieser Prozess bereits eingesetzt: So hat Apple bei der gestrigen Vorstellung von iPhone SE und iPad Air die Basis-Preise angehoben.

Bei Spielkonsolen sind die einmal formulierten Unverbindlichen Preisempfehlungen (UVP) zwar normalerweise in Stein gemeißelt – doch die Zeiten für die Weltwirtschaft sind nicht „normal“. Die Konsolen-Hersteller müssten also ihre Tarife anpassen, um bei reduzierten Produktionsmengen und anhaltend hoher Nachfrage überhaupt noch ein profitables Geschäft zu betreiben.

Zweite Möglichkeit zur Reduzierung absehbarer Verluste: die Absenkung der Produktionsmengen. Doch diese Strategie hat ihre Tücken: Denn eine Konsole sorgt ja erst dann für konstante Einnahmen, wenn sie beim Kunden tatsächlich dauerhaft in Betrieb ist – etwa mit Blick auf Zubehör, Spiele, Ingame-Inhalte und Services. Die Hersteller können sich schlichtweg nicht erlauben, die Engpässe ‚auszusitzen‘. Auch Dritthersteller wie Electronic Arts, Ubisoft oder Square Enix sind darauf angewiesen, dass die ‚installed base‘ wächst.

Daher spricht viel dafür, dass Sony, Microsoft und Nintendo so lange wie irgend möglich an ihren Preispunkten festhalten und ihre Topmodelle deshalb vorerst noch in stärkerem Maße subventionieren als ursprünglich geplant – in der Hoffnung, dass sich die Preisspirale bei Rohstoffen perspektivisch wieder auf ein gesundes Niveau einpendelt. Doch solange der Krieg in der Ukraine tobt, ist daran nicht zu denken.

Umgekehrt: Sollten die Beschaffungspreise weiter davongaloppieren, so wird es zunehmend wahrscheinlicher, dass die Hardware-Hersteller reagieren (müssen) und bei ihren UVPs nachsteuern – zumindest temporär.

Dekonstruierte PlayStation 5: das Finale im Teardown-Video (Abbildung: YouTube)
Dekonstruierte PlayStation 5: das Finale im Teardown-Video (Abbildung: YouTube)

Quartalszahlen als Indikator für die Strategie von Microsoft, Sony und Nintendo

Gesunkene Stückzahlen, höhere Kosten: Wie genau sich diese ungemütliche Konstellation bei den drei führenden Konsolenherstellern auswirkt, wird sich spätestens ab Mitte April besichtigen lassen, wenn die Geschäftszahlen für das erste Quartal 2022 samt Ausblick fürs Gesamtjahr anstehen.

Sony Interactive dürfte das Hardware-Defizit durch erfolgreiche Software-Neuheiten wie Horizon: Forbidden West oder Gran Turismo 7 zumindest teilweise kompensieren können – Microsoft hat das Spiele-Pulver durch Forza Horizon 5 und Halo Infinite bereits vor Weihnachten großzügig verschossen und setzt voll auf den Xbox Game Pass. Erst für den 11.11. ist mit Starfield der nächste große Xbox-Exklusiv-Titel angekündigt (Stand jetzt).

In einem Punkt ist man sich auf Seiten des Handels weitgehend einig: Kunden, die schon seit Jahresbeginn auf dem Trockenen sitzen, müssen sich darauf einstellen, dass die Versorgungs-Lage auf dem Konsolenmarkt mindestens im ersten Halbjahr 2022 angespannt bleibt.