Rekord-Meldungen leiten die Gamescom-Woche ein – positive wie negative. Für die Branche sind das Steilvorlagen, um mit Nachdruck für Förderung zu werben.

Fröhlich am Freitag 34/2018: Die wöchentliche Kolumne aus der Chefredaktion

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,

während Sie diese Zeilen lesen, sind die Gamescom-Aufbauarbeiten in vollem Gange – in den Hallen 1 bis 10 des Messegeländes in Köln-Deutz wird das ganze Wochenende über fast rund um die Uhr geschraubt, gesägt, verleimt, getackert, verlegt, montiert, bespannt und verkabelt. In den frühen Morgenstunden des kommenden Dienstags wird dann nochmal feucht durchgewischt, ehe Ministerpräsident und Digitalisierungs-Beauftragte die Spielesause offiziell eröffnen.

Dass die diesjährige Gamescom etwas Besonderes sein muss, dürfte auch der Laie mitbekommen: Denn zum zehnjährigen Jubiläum wird ein Rhein-Abschnitt samt Brücken und markanten Gebäuden allabendlich spektakulär illuminiert.

Auch wenn noch ein paar Tickets im Vorverkauf zu haben sind: Nach Lage der Dinge wird die Messe auch in diesem Jahr die eine oder andere Marke reißen – etwa bei der erstmals vierstelligen Zahl der Aussteller.

2017 lief für die allermeisten dieser Aussteller schon ziemlich super, das erste Halbjahr 2018 hat hier nahtlos weitergemacht. Die Branche hätte also gleich mehrfach Grund, den einen oder anderen Schaumwein zu leeren.

Wären da nicht die wenig erquicklichen Zahlen von den hiesigen Studios, deren Marktanteile im größten Videospielemarkt Europas zusehends schwinden – und zwar nicht nur im Blockbuster-Geschäft auf Konsole und PC oder auf dem knüppelharten Mobilgames-Markt, sondern inzwischen auch im Haus- und Hof-Segment, den Online- und Browsergames. Es klingt verrückt: Der deutsche Spielemarkt boomt – aber nahezu der komplette Umsatz wird importiert.

Wir können also die Uhr danach stellen, dass ab Dienstag in Anwesenheit der politischen Honoratioren erneut die bekannten Wehklagen erklingen – Motto: Hätten wir ne Förderung, wär‘ das alles nicht passiert.

Hätte, hätte, Fahrradkette.

Stete Wiederholung wirkt: Mittlerweile glauben weite Teile der Branche und der Politik, dass es wirklich vor allem vorrangig an der fehlenden Förderung liegt, warum Games made in Germany immer weniger nachgefragt werden.

Dabei spricht einiges dafür, dass der gebetsmühlenartige Verweis auf den dürren Inlands-Marktanteil überhaupt nicht weiter hilft, weil alleine die zwei Dutzend Weltsprachen, in denen Games deutscher Studios be- und vertrieben werden, viel mehr darüber aussagt, wo und wie Umsatz entsteht – und was deutsche Spiele von, sagen wir: Helene-Fischer-Alben unterscheidet, mit Blick aufs Geschäftsmodell. Manchem „hidden champion“ könnte der hiesige Marktanteil nicht egaler sein, weil er eben vorwiegend brasilianische, chinesische oder amerikanische Kunden bedient. Ohne viel Aufhebens, ohne Gejammer.

Die Sehnsucht nach einem „Leuchtturm“, nach einem international bewunderten Spiel, wie es die Polen mit „The Witcher“ haben oder die Schweden mit „Battlefield“ oder die Holländer mit „Horizon: Zero Dawn“, diese Sehnsucht ist trotzdem gewaltig. Um ein wettbewerbsfähiges Videospiel in dieser Größenordnung zu produzieren, sind die kolportierten Fördertöpfe von alljährlich 50 Millionen Euro fast schon ein Almosen. Aber es wäre ein Anfang.

Von alleine wird das Karussell der heimischen Spiele-Wirtschaft nicht wieder in Schwung kommen – da braucht es, so mein Eindruck, inzwischen wirklich einen politischen Anschubser. Und zwar einen, der nicht nur mit freundlichen Worten die Bedeutung der Branche preist und die belegten Brötchen von Networking-Events sponsert, sondern auch substanzielle Beiträge leistet. Um an ein berühmtes Zitat von Wolfgang Tiefensee anzuknüpfen: Von den Tanten, die Klavier spielen, gibt es genug. Jetzt wäre mal ganz schön, wenn der Onkel mit dem Geld vorbeikommt.

Falls Sie nach Köln reisen, wünsche ich Ihnen viel Spaß auf der Gamescom und gutes Gelingen bei allem, was Sie dort vorhaben. Perfekt vorbereitet sind Sie mit GamesWirtschaft: Hier finden Sie eine Fülle an nützlichen Tipps und Tools, vom Hallenplan über den Fachbesucher-Guide bis hin zum Terminkalender.

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft

Alle bisherigen Folgen von „Fröhlich am Freitag“ finden Sie in unserer Rubrik „Meinung“.


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