Er verkauft nicht nur Spiele in Deutschland – er lässt sie auch hier entwickeln: Bandai Namco-Europa-Chef Arnaud Muller über Games-Förderung, -Markt und -com.
Viele – und gute – Fragen habe Habeck gestellt, verrät Arnaud Muller, der am Vorabend des Interview-Termins zusammen mit weiteren Top-Managern zum Gamescom-Dinner mit dem Wirtschaftsminister und Vizekanzler verabredet war. Es ist bereits das zweite Gipfeltreffen dieser Art in Folge.
Dass Muller bei solchen Gelegenheiten am Tisch sitzt, hat Gründe: Als CEO von Bandai Namco Europe vertritt er nicht nur die Niederlassung einer der marktführenden Videospiele-Hersteller. Der japanische Konzern betreibt abermals einen spektakulären Messestand auf dem Kölner Messegelände. Schwerpunkte in diesem Jahr: Unknown 9: Awakening, Little Nightmares 3 und Dragon Ball: Sparking! ZERO.
Habeck habe verstanden, wo der Schuh drückt, glaubt Muller – auch mit Blick auf das Gezerre um die Games-Förderung. Für das japanische Unternehmen ist Deutschland schließlich mehr als ’nur‘ ein Absatzmarkt für Elden Ring, Tekken & Co. Denn Bandai Namco Entertainment unterhält neben der Vertriebszentrale in Frankfurt eines der größten Studios im Land, nämlich Limbic Entertainment im nahe gelegenen Langen.
An der Konsolen-Portierung des Freizeitpark-Aufbauspiel Parks Beyond hat sich der Bund mit mehr als einer Million Euro beteiligt – beim nächsten Projekt mit dem Codenamen COVE (geplant für Mitte 2025) sind es sogar fast 1,8 Mio. €. Die Zuschüsse haben ein strammes Wachstum ermöglicht: Stephan Winter, der das Studio vor über 20 Jahren mitgegründet und 2022 verkauft hat, beschäftigt mittlerweile 110 Angestellte.
Solche Subventionen seien wichtig, betont Muller. Aber er sagt auch: Mit den 50 Millionen Euro, die Habeck für 2025 eingeplant hat, kommt man nicht weit. Ein möglicher (Aus-)Weg: Tax Credits, also Steuer-Rabatte.
Und ja, die vergleichsweise hohen Kosten sind und bleiben ein Thema, sind aber weiß Gott nicht das wichtigste. Irgendwo in Europa und auf der Welt gäbe es schließlich immer einen Standort, wo sich noch billiger produzieren lässt. Wirklich entscheidend ist etwas Anderes, nämlich ein berechenbares Umfeld – die Politik müsse ein Signal der Verlässlichkeit aussenden, und zwar auf Dauer. Denn Investoren, die langfristig ins Risiko gehen und ihre Investitionen permanent in Frage stellen, können keine unnötigen Unsicherheiten gebrauchen.
Ebenfalls relevant: Gibt es vor Ort die richtigen Leute? Eine gute Infrastruktur? Und wie steht es um den Schutz geistigen Eigentums? Zumal Deutschland spät dran sei, gerade im Vergleich zu Ländern wie Kanada, die schon frühzeitig investiert haben. Es werde fünf bis sechs Jahre dauern, um den Rückstand aufzuholen. Mindestens.
Der teils depressiven Stimmung, die weiterhin im Markt wabert, kann Muller allerdings nichts abgewinnen. Ja, die Zeiten seien herausfordernd, gerade nach der Pandemie. Die Kosten für Entwicklung und Marketing explodieren – umso mehr Sorgfalt sei vonnöten, erst recht bei neuen IPs. Trotzdem: Videospiele seien ein gigantisch großer Markt – es gäbe genügend Chancen für weiteres Wachstum.
Und er mahnt: „Wir dürfen nicht naiv sein“. Man befinde sich nun mal im internationalen Wettbewerb – andernorts seien die Vorgaben mit Blick auf Datenschutz, Copyright, den Umgang mit Kundendaten oder KI deutlich niedriger. Im weltweiten Wettbewerb käme es mehr denn je darauf an, europäische Interessen stärker zu schützen.
Das schließt auch Videospiele-Messen wie die Gamescom ein. Hier hat Muller eine klare Haltung: „We need Gamescom“ – und er werde auch nicht müde, darauf hinzuweisen. Denn abseits der vielen hunderttausend Besucher in der Entertainment Area sei die Veranstaltung nun mal der Ort, an dem sein Team alle relevanten Ansprechpartner gleichzeitig beisammen habe: die Entwickler, die Dienstleister, die Plattformen, die Medien.
Dieser persönliche Austausch sei extrem wichtig, um die Branche sichtbar zu machen – auch gegenüber der Politik. Es klingt danach, als sei die Gamescom 2025 schon fest eingeplant.