Start Sport EEF: Neuer Dachverband spaltet E-Sport-Szene (Update)

EEF: Neuer Dachverband spaltet E-Sport-Szene (Update)

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ESBD-Präsident Hans Jagnow führt auch den neuen E-Sport-Dachverband EEF (Foto: EEF/Aline Ehmann)
ESBD-Präsident Hans Jagnow führt auch den neuen E-Sport-Dachverband EEF (Foto: EEF/Aline Ehmann)

Mit Hans Jagnow wurde der deutsche E-Sportbund-Präsident an die Spitze der EEF (Esports Europe Federation) gewählt. Das Format stößt auf heftige Kritik.

Update vom 24. Februar 2020 (13 Uhr): Wir haben den Beitrag um eine Replik von EEF-Präsident Hans Jagnow auf die Anwürfe von Penta-Sports-Gründer Andreas Schaetzke ergänzt.

Meldung vom 24. Februar 2020 (10 Uhr): Die Initiatoren hatten sich einen prestigeträchtigen Ort ausgesucht: In den Räumen des Europäischen Parlaments in Brüssel wurde am Freitag die Esports Europe Federation (EEF) gegründet – ein Dachverband von 23 Mitgliedsorganisationen. An der EEF-Spitze steht ein Deutscher: Hans Jagnow, jüngst wiedergewählter Präsident des E-Sport-Bund Deutschland (ESBD), trat ohne Gegenkandidat an und wurde fast einstimmig ins Amt gehoben.

Die EEF wird eine eigene Geschäftsstelle in Brüssel unterhalten und sieht sich als Ansprechpartner für Politik, Verwaltung, Sportverbände sowie die E-Sport-Community. Alleine auf dem Kontinent vertrete man mehr als „100 Millionen E-Sport-Enthusiasten“ – auf Nachfrage ist zu erfahren, dass hier die Werte von Russland und der Türkei inklusive sind. Auch bei konkreten Problemfeldern wie Cheating, Doping, Match-Fixing, Hate-Speech und toxischem Verhalten will sich der EEF einbringen.

Die Arbeit der EEF finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen und „Partnerschaften mit interessierten Marken“, so Jagnow. Mit dem Kölner Turnier- und Ligen-Betreiber ESL Gaming, der russischen Esforce Holding und der nicht unumstrittenen PR- und Lobby-Agentur Burson Cohn & Wolfe gehören drei kommerzielle Anbieter zu den Gründungsmitgliedern der EEF.

Gruppenbild mit 1 Dame: Die Delegierten der EEF-Gründung in Brüssel (Foto: EEF/Aline Ehmann)
Gruppenbild mit 1 Dame: Die Delegierten der EEF-Gründung in Brüssel (Foto: EEF/Aline Ehmann)

Schon Minuten nach Bekanntgabe der Entscheidung hagelte es in den sozialen Medien Kritik: So zeigt das offizielle Abschluss-Gruppenfoto 49 Männer – und eine Frau. „Das Foto – und die daraus entstandene Botschaft – wurde zu Recht kritisiert“, räumt Jagnow gegenüber GamesWirtschaft ein. „Gleichzeitig bildet das die Realität in den nationalen Verbänden ab, einschließlich des ESBD. Während wir daran weiter arbeiten, diese Situation zu ändern, braucht das seine Zeit. Auch und gerade deswegen wird das Thema Gender Equality eine Priorität auf unserer Arbeitsliste in der EEF sein müssen.“

Ungleich größere Debatten hat die Frage ausgelöst, woraus der EEF und die Verbände überhaupt die Legitimation ableiten, für den E-Sport sprechen zu dürfen. So sind etwa im ESBD nur wenige überregional relevante Teams vertreten – wichtige Player wie SK Gaming (Köln), G2 ESports (Berlin) und Mousesports (Hamburg) fehlen.

Sam Mathews, Gründer und CEO des britischen E-Sport-Riesen Fnatic, ätzte via Twitter: „Da kommen 100 Jungs in Anzug und Krawatte und wollen mitspielen – so läuft das im E-Sport nicht. Der E-Sport wird von Publishern, Teams und Spielern am Laufen gehalten, die alle das Ökosystem nach vorne bringen. Keiner von denen trägt Anzüge. Danke, aber nein danke. Und wo sind eigentlich die Frauen?“

Mathews‘ Kritik ist nicht unberechtigt: Analog zum ESBD muss der EEF Politik machen, ohne die Rechte-Inhaber und Ligen-Betreiber abseits der ESL an Bord zu wissen. Solange Riot Games, Epic Games, Electronic Arts, Activision Blizzard, Ubisoft oder Valve den E-Sport nach eigenen Regeln gestalten, geschehen alle Entscheidungen zwangsläufig am grünen Tisch.

Am Wochenende meldete sich außerdem Andreas Schaetzke mit einer ausführlichen Stellungnahme zu Wort. Schaetzke ist Gründer und Geschäftsführer der Berliner E-Sport-Organisation PENTA eSports. Er sieht sich in der Verantwortung gegenüber der Industrie, den Gründern und E-Sportlern, mit diesem „falschen Spiel“ aufzuräumen.

Schaetzke hält den EEF für den „absolut falschen Weg“. Dem deutschen ESBD attestiert der E-Sport-Unternehmer nachlassende Relevanz. Zwei zentrale politische Ziele – die Anerkennung von E-Sport als Sport und der Zugriff auf Sport-Fördertöpfe – seien bislang nicht erreicht worden: „Diese Sport-Diskussion hat uns mehr geschadet als geholfen.“ Der Spitze des ESBD-Präsidiums wirft Schaetzke vor, ausschließlich im eigenen Interesse zu handeln.

Schaetzke fordert, die Sport-Diskussion ad acta zu legen. Mit dem ESBD und der EEF werde es von seiner Seite keine Zusammenarbeit geben.

Update vom 24. Februar 2020 (13 Uhr): Der frischgebackene EEF-Präsident Hans Jagnow hat in einem ausführlichen Blog-Beitrag auf die Kritik am EEF und an seiner Person geantwortet. Jagnow spricht von „weitestgehend haltlosen Vorwürfen und wirren Gedanken zum ESBD, der EEF und unserem Personal“. Selten habe er so eine „uninformierte Kampagne“ gesehen.

Nach Jagnows Darstellung habe der ESBD in den ersten beiden Jahren sehr viel erreicht, sei gewachsen und habe Strukturen aufgebaut. Als Beispiele für politisch Erreichtes nennt er Projekte wie E-Sport-Visa, eine standardisierte Trainerausbildung, einen Ethik-Kodex und eine zentrale Fachkonferenz („German eSports Summit“).

„Die Vorwürfe diskreditieren außerdem die ehrenamtliche Arbeit im Verband, ihnen ist scharf entgegenzutreten“, so Jagnow.

Die ESBD-Erfahrungen will er auf den neuen europäischen Dachverband übertragen. Selbstkritisch merkt der EEF-Präsident an, „dass wir medial nicht in der gewohnten Professionalität vorbereitet waren“. Insbesondere sei es nicht gelungen, die Aufgaben des europäischen Verbands hinreichend zu kommunizieren.

Jagnow geht auch detailliert auf die Kritik von Andreas Schaetzke ein: „Die internationale Diskussion in den sozialen Medien um die EEF werde in Deutschland auch von denjenigen genutzt, die ihren Frust und Ärger über den ESBD freien Lauf lassen wollen.“

4 Kommentare

  1. stimmt! Bei aktuell 5% eSportlerinnen sollten zwei Frauen auf dem Foto zu sehen sein. Dann wäre es repräsentativ. Vielleicht lässt sich ja noch eine Frau finden.

  2. Sorry Claudia aber man besetzt Stellen nunmal nach Eignung, Leistung und Befähigung ( Nicht das man überhaupt eine der Personen auf diesem Foto kennt ) und nicht nach Geschlecht

  3. Ich halte es für eine positive Entwicklung, hier eine übergreifende Organisation wie den EEF (versuchen) zu installieren. Und danke für den Hinweis, dass auf dem Gruppenbild genau eine Dame mit drauf ist! Sonst hätte ich das selbst kommentieren müssen 😉 Wir brauchen mehr Diversität in den Institutionen des Esports.

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