Start Politik Trauzeugen-Affäre: Wirtschaftsministerium überprüft Kellner

Trauzeugen-Affäre: Wirtschaftsministerium überprüft Kellner

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Der Parlamentarische Staatssekretär Michael Kellner beim Deutschen Computerspielpreis 2023 am 12. Mai in Berlin (Foto: GamesWirtschaft)
Der Parlamentarische Staatssekretär Michael Kellner beim Deutschen Computerspielpreis 2023 am 12. Mai in Berlin (Foto: GamesWirtschaft)

Kein Stein bleibt unumgedreht: Das Wirtschaftsministerium durchleuchtet interne Abläufe und Top-Personalien – darunter Staatssekretär Michael Kellner, der auch für Games-Politik zuständig ist.

Es sind turbulente Zeiten für jenes Bundesministerium, das Wirtschaft und Klimaschutz nicht nur im Namen trägt, sondern unter erschwerten Bedingungen auch noch die Energiewende organisieren soll. Erst vor wenigen Tagen hat Wirtschaftsminister Robert Habeck seinen Staatssekretär Patrick Graichen im Zuge der sogenannten Trauzeugenaffäre entlassen.

Der Vorwurf: Graichen soll seinen Schulfreund und Trauzeugen Michael Schäfer für einen gutdotierten Posten als Geschäftsführer der Deutschen Energie-Agentur (Dena) vorgeschlagen haben. Endgültig zum Verhängnis wurde dem Spitzenbeamten, dass er Zuschüsse an den BUND empfohlen haben soll – wo ausgerechnet seine Schwester Verena Graichen im Vorstand sitzt, die gleichzeitig dem ‚Nationalen Wasserstoffrat‘ angehört.

Bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz sprach Habeck von „einem Fehler zuviel“ und kündigte an, die haus-internen Strukturen und Compliance-Regeln zu überarbeiten. Eine Woche zuvor hatte sich der Minister noch demonstrativ hinter Graichen gestellt.

Zuletzt ist auch der für Startups zuständige Staatssekretär Udo Philipp ins Blickfeld von Opposition und Medien geraten, weil er privat in einen Fonds investiert haben soll, dessen Gründer wiederum das Ministerium in Digital-Angelegenheiten berät.

Zum Wochenbeginn taucht nun auch die Personalie Michael Kellner in den Schlagzeilen auf. Auf Bild-Anfrage hat das Wirtschaftsministerium bestätigt, dass Abläufe und Projekte überprüft worden seien, an denen Kellner in seiner Funktion als Parlamentarischer Staatssekretär beteiligt war und ist – offenkundig ohne Befund.

Ob es über die verwandtschaftlichen Verhältnisse hinaus einen konkreten Anlass für diese Überprüfung gibt, lässt das BMWK offen: Kellner ist mit Verena Graichen verheiratet und damit Schwager von Patrick Graichen. Vor seinem Amtseintritt im Wirtschaftsministerium war er Bundesgeschäftsführer von Bündnis 90 / Die Grünen und koordinierte den Wahlkampf, der schließlich zur Ampel-Koalition führte und Habeck zum Vizekanzler machte.

Was haben all diese Vorgänge nun mit Computerspielen zu tun?

Kellner ist seit zwei Jahren der zentrale Ansprechpartner für die deutsche Games-Branche. Denn das BMWK verantwortet die Games-Politik des Bundes, die zuvor in der Zuständigkeit des Verkehrsministeriums lag – inklusive üppigem Subventions-Programm (70 Mio. € pro Jahr), Games-Strategie und Deutschem Computerspielpreis (Preisgeld: 800.000 €). Bei der diesjährigen Verleihung am 12. Mai in Berlin übernahm Kellner die Laudatio für das ‚Beste Deutsche Spiel‘. Auch bei anderen Gelegenheiten vertritt er regelmäßig seinen Chef Robert Habeck – vom Sommerfest des Branchenverbands bis zur Gamescom.

Die Debatten um BMWK, Habeck und Kellner kommen für die deutsche Games-Industrie zur Unzeit: Denn seit dem 4. Mai sind die Fördertöpfe für 2023 und 2024 ausgereizt – das Ministerium nimmt keine Anträge mehr entgegen, was grobe Finanzierungslücken bei kleinen wie großen Studios reißt. Kellner lässt derzeit seinerseits die Wirkung der Spiele-Förderung durchleuchten und zeigt sich aufgeschlossen für eine Neujustierung, um außerplanmäßige Antrags-Stopps künftig zu verhindern.

Ausgerechnet in dieser heiklen Phase ist die Leitung des Games-Referats nicht besetzt, wie das BMWK auf GamesWirtschaft-Anfrage bestätigt. Der bisherige Abteilungsleiter Jochen Zimmermann koordiniert mittlerweile das Ressort Startups und Digitale Vernetzung. Bis ein Nachfolger gefunden ist, hat der für Kultur- und Kreativwirtschaft zuständige Referatsleiter Frank Fischer kommissarisch die Aufgaben übernommen.

Referatsleiter dringend gesucht: Das Games-Referat des Wirtschaftsministeriums wird derzeit kommissarisch geführt (Stand: 22.5.2023)
Referatsleiter dringend gesucht: Das Games-Referat des Wirtschaftsministeriums wird derzeit kommissarisch geführt (Stand: 22.5.2023)

Innerhalb des komplexen BMWK-Organigramms ist das Games-Referat im Bereich 6 (Digital- und Innovationspolitik) aufgehangen. Mit der Prüfung, Bewilligung und Abwicklung von Förderanträgen ist wiederum das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betraut.

‚Games-Minister‘ Habeck hat indessen seine Teilnahme an der Gamescom 2023 angekündigt, die am 23. August – also in drei Monaten – startet. Der Besuch war bereits zur Gamescom 2022 geplant, kam aber wegen Terminkollisionen nicht zustande.