Start Politik Missbrauchsbeauftragter: Games-Industrie blockiert Jugendschutz (Update)

Missbrauchsbeauftragter: Games-Industrie blockiert Jugendschutz (Update)

0
Johannes-Wilhelm Rörig ist Missbrauchsbeauftragter der Bundesregierung (Foto: Christine Fenzl)
Johannes-Wilhelm Rörig ist Missbrauchsbeauftragter der Bundesregierung (Foto: Christine Fenzl)

Weil sich die Games-Branche gegen Giffeys Jugendschutzreform wehrt, fordert Missbrauchsbeauftragter Rörig die Aussetzung der Games-Förderung.

Update vom 21. Februar 2020 (16:30 Uhr): Der Industrieverband Game sieht in den Aussagen des Missbrauchsbeauftragten „keinen Beitrag zu einer sachlichen Auseinandersetzung“. Der Verband werde sich weiterhin „mit konstruktiver inhaltlicher Kritik und konkreten Vorschlägen zur Verbesserung des Gesetzesentwurf an der laufenden Debatte beteiligen“, so Game-Geschäftsführer Felix Falk.

Die Industrie übernehme schon jetzt Verantwortung in Form „modernster technischer Jugendschutzlösungen“. Die Kritik an Giffeys Entwurf – etwa vonseiten der Länder – zeige, dass „nur ein gutes Miteinander von Politik und Wirtschaft zukunftsfähige Lösungen bringe“ könne.

Meldung vom 21. Februar 2020 (13 Uhr): Seit 2011 ist Johannes-Wilhelm Rörig im Auftrag der Bundesregierung der Unabhängige Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindermissbrauchs – zwar ‚unabhängig‘ und damit nicht weisungsgebunden, aber organisatorisch angesiedelt bei Familienministerin Franziska Giffey (SPD). Das muss man wissen, um seinen Groll in Richtung des Berliner Industrieverbands Game einzuordnen.

Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) wirft Rörig der Spiele-Industrie vor, einen wirksamen Kinder- und Jugendschutz bei Online-Spielen zu verhindern. Mit seinem Protest gegen Giffeys Jugendmedienschutz-Novelle stelle der Verband unter Beweis, dass die Branche „keinerlei Interesse an wirksamem Schutz von Mädchen und Jungen vor Cybermobbing und Cybergrooming“ habe. „Gewinnmaximierung steht offenbar vor wirksamem Kinderschutz bei Online-Computerspielen.“

Der Verband hatte Giffeys Entwurf vergangene Woche mit deutlichen Worten kritisiert und von einem „Rückschritt“ gesprochen. Die vorgeschlagenen Regelungen würden den Jugendschutz unnötig verkomplizieren. Verbands-Geschäftsführer Felix Falk warnte vor Doppelzuständigkeiten und Kompetenzwirrwarr.

Als Hauptrednerin beim Game-Sommerfest 2019 (hier mit Game-Vorstand Ralf Wirsing und Geschäftsführer Felix Falk) kündigte Franziska Giffey (SPD) die Eckpunkte für ein neues Jugendmedienschutzgesetz an (Foto: Game / James Coldrey)
Als Hauptrednerin beim Game-Sommerfest 2019 (hier mit Game-Vorstand Ralf Wirsing und Geschäftsführer Felix Falk) kündigte Franziska Giffey (SPD) die Eckpunkte für ein neues Jugendmedienschutzgesetz an (Foto: Game / James Coldrey)

Diese Einwände lässt der Missbrauchsbeauftragte nicht gelten: Die bislang üblichen Alterskennzeichnungen müssten dringend neu bewertet werden, um Eltern eine zuverlässige Orientierung zu geben. Deshalb fordert er Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) auf, die Games-Förderung im Volumen von jährlich 50 Millionen Euro solange auszusetzen, bis die Games-Branche für einen wirksamen Kinderschutz in den Produkten Sorge trage.

Wobei schon jetzt kaum vorstellbar ist, wie sich das Projekt Games-Förderung noch wirksamer ausbremsen ließe: In dieser Woche wurde bekannt, dass branchenübliche Finanzierungsmodelle mit Scheuers Computerspiele-Förderung inkompatibel sind. Von 50 Millionen Euro für das Haushaltsjahr 2019 wurden erst 4 Millionen Euro bewilligt. Ob die EU-Kommission grünes Licht für die seit April 2019 angekündigte Großprojektförderung gibt: unklar.

Für die Alterseinstufungen in Deutschland ist die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) zuständig. Deren Gesellschafter: der Industrie-Verband Game. Zur Finanzierung der USK-Arbeit tragen außerdem die Gebühren der Spielehersteller bei: Mindestens 1.200 Euro werden für die Freigabe eines neuen Spiels fällig. In den vergangenen Tagen hatte sich die USK ihrerseits mit eigenen Umfrage-Ergebnissen bestätigen lassen, dass die Alterssiegel für Eltern sehr wohl einen „zuverlässigen Orientierungspunkt“ darstellen.

Rörigs Position wird hingegen von der Stiftung Warentest gestützt: Die Verbraucherschützer hatten 13 von 14 besonders populären Spiele-Apps als „inakzeptabel“ mit Blick auf Kinder und Jugendliche eingestuft.