Die Ampel ist sich nicht grün, wie mit der im Koalitionsvertrag vereinbarten Gemeinnützigkeit von E-Sport-Vereinen umzugehen ist.
Update vom 7. März 2024 (17:45 Uhr): Auf GamesWirtschaft-Anfrage hat eine Sprecherin des Familienministeriums (BMFSFJ) die Vorbehalte mit Blick auf eine E-Sport-Gemeinnützigkeit bestätigt. So seien „Spiele, bei denen das Töten von Menschen realitätsnah simuliert wird“ nicht mit dem Grundsatz der Förderung der Allgemeinheit vereinbar – ebenso wenig wie „Online-Glücksspiel“ und „der Einsatz von Geld über den Erwerb des Spiels hinaus“, soweit damit „wettbewerbsrelevante Vorteile“ verbunden sind.
Bei konsequenter Anwendung dieser Definition würden nur noch sehr wenige E-Sport-Titel – allen voran Taktik- und Strategiespiele wie League of Legends – den Ansprüchen des BMFSFJ genügen, während faktisch alle Online-Shooter ein Ko-Kriterium darstellen.
Wie geht es nun weiter? Die Bundesregierung prüft laut Familienministerium derzeit mögliche „Fallgestaltungen“ und „Steuerungswirkungen“. Schließlich müssten den Finanzbehörden „klare, rechtssichere und handhabbare Kriterien für die Beurteilung der Gemeinnützigkeit an die Hand gegeben werden“.
Das Thema werde nun zusammen mit weiteren Fragen zur Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts unter Federführung des Finanzministeriums – also in Zuständigkeit von FDP-Chef Christian Lindner – beraten.
Update vom 7. März 2024 (15:30 Uhr): Als Reaktion auf die E-Sport-Positionierung des Familienministeriums haben sich mehrere Verbände zu Wort gemeldet.
Höferlin zum E-Sport-Streit: „Koalitionsvertrag gilt auch für Familienministerin“
Meldung vom 7. März 2024 (14 Uhr): „Wir schaffen Rechtssicherheit für gemeinnützigen Journalismus und machen E-Sport gemeinnützig“ – so haben es SPD, FDP und Grüne auf Seite 97 des gemeinsamen Koalitionsvertrags (Motto: „Mehr Fortschritt wagen“) aufgeschrieben.
Wie und wann genau das passieren soll, verrät das Papier nicht – und erst recht nicht, was genau mit ‚E-Sport‘ überhaupt gemeint ist. Genau daran entzündet sich ein Streit, der schon seit der Groko-Ära quer durch die Parteien geht und der bislang die praktische Umsetzung der Zusage verhindert hat. Zuletzt war im Dezember 2022 ein Vorstoß gescheitert.
Klärungsbedarf gibt es derzeit vor allem im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, kurz: BMFSFJ. Auf Anfrage der Kollegen von GamesMarkt ließ Ministerin Lisa Paus (Grüne) am Vormittag durchblicken, dass die Gemeinnützigkeit – die unter anderem mit steuerlichen Vergünstigungen einher geht – nur in sehr engen Grenzen für den ehrenamtlichen E-Sport gelten soll, wenn überhaupt.
Denn die dafür nötige Ergänzung der Abgabenordnung (AO) setzt voraus, dass die Allgemeinheit gefördert wird – etwa durch Kunst und Kultur, Naturschutz, Katastrophenschutz, Verbraucherberatung, Heimatpflege oder Sport. Dies gilt nicht, wenn der Kreis der Begünstigten dauerhaft begrenzt ist.
Insbesondere sollen keine E-Sport-Disziplinen gefördert werden, in denen „das Töten von Menschen realitätsnah simuliert wird“, dem Online-Glücksspiel gefrönt wird oder wenn sich über Geldeinsatz „wettbewerbsrelevante Vorteile“ erzielen lassen – damit gemeint sind offenbar die umstrittenen Lootboxen. Eine wesentliche Rolle hat dabei auch eine aktuelle Studie der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) gespielt, die großen Spieleherstellern „manipulative Designs“ und das gezielte Ausnutzen der Unerfahrenheit von Kindern vorwirft.
In der Praxis heißt das, dass marktführende E-Sport-Titel wie Counter-Strike, Valorant, Fortnite, Rainbow Six Siege, PUBG, Overwatch 2, Apex Legends oder Call of Duty sowie Lootbox-Spiele wie EA Sports FC 24 einer pauschalen E-Sport-Gemeinnützigkeit entgegen stehen.
Auch mit Blick auf das Jugendschutzgesetz und die Alterseinstufungen vieler E-Sport-Titel sei der Grundsatz der „Förderung der Allgemeinheit“ nur eingeschränkt erfüllt. In dieser Bewertung ist sich das Paus-Ministerium nach eigener Darstellung mit „allen betroffenen Ressorts“ einig, also zwangsläufig auch mit dem FDP-geführten Finanzministerium.
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Manuel Höferlin, der auch den Parlamentskreis Esports & Gaming leitet, kann die Position des Koalitionspartners nicht nachvollziehen: „Der Koalitionsvertrag gilt auch für die Familienministerin. Dort ist die Gemeinnützigkeit für den E-Sport fest vereinbart. Deshalb gehe ich davon aus, dass die Grünen auch bei ihrer Zusage bleiben werden“, so Höferlin.
Denn erstens sei die Anerkennung der Gemeinnützigkeit für den E-Sport lange überfällig und aus guten Gründen im Koalitionsvertrag verankert. Und zweitens würden die Argumente der Ministerin teilweise gar nicht auf den E-Sport zutreffen und seien daher „lediglich vorgeschoben“. Höferlin: „Zudem lassen die Grünen öffentlich auch keine Gelegenheit aus, sich für die Gemeinnützigkeit von E-Sport auszusprechen und das in ihrem eigenen Parteiprogramm zu fordern. Daran sollten sie ihre Ministerin zeitnah erinnern.“
GamesWirtschaft hat das Familienministerium um eine Stellungnahme gebeten.
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