Mehr Förderung, schnelleres Internet, Jugendmedienschutz reformieren: Mit 10 Forderungen geht der BIU ins Lobby-Rennen um die Bundestagswahl 2017.

[no_toc]Rechtzeitig vor den Weihnachtsfeiertagen 2016 hat der BIU einen ausführlichen Wunschzettel vorgelegt. Das Papier enthält zehn mehr oder minder konkrete Forderungen, die allesamt ein Ziel verfolgen: die „Rahmenbedingungen für den Games-Standort Deutschland schnellstmöglich zu verbessern“, wie es der scheidende BIU-Geschäftsführer Maximilian Schenk formuliert.

Die Branche hätte keine Zeit, eine weitere Legislaturperiode ungenutzt verstreichen zu lassen.

Bundestagswahl 2017: Was sich die Games-Branche von der Politik erwartet

In der Präambel des Forderungskatalogs bringt der BIU das Dilemma auf den Punkt: In Deutschland lassen sich zwar ganz wunderbar Spiele verkaufen. Doch als Produktionsstandort verliert das Land weiter an Bedeutung – Vieles deutet darauf hin, dass der Marktanteil von zuletzt 7 Prozent (2014) und 6,5 Prozent (2015) im abgelaufenen Jahr auf fünf Prozent oder weniger sinken könnte. Beim deutschen Film lag der Anteil in den vergangenen Jahren konstant bei 25 Prozent und mehr.

Die Ursache für den erheblichen Stellenabbau quer durch Deutschlands Entwickler-Hochburgen und den weiterhin sinkenden Marktanteil heimischer Produktionen sieht der BIU in den „unzureichenden politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen“ – frei nach dem Karl-Valentin-Klassiker „Mögen täten wir schon wollen, aber dürfen haben wir uns nicht getraut.“

Übersetzt: Es liegt in erster Linie an Standort-Nachteilen und eher nicht an den Produkten der – Zitat – „vielen international wettbewerbsfähigen deutschen Leuchtturmunternehmen.“ Wobei unklar bleibt, welche Unternehmen hier im Einzelfall gemeint sind.

Um zumindest einen Teil der Probleme zu lösen, unterbreitet der Branchenverband nun ein Wahlprogramm mit zehn Vorschlägen, wie sich die missliche Lage verbessern ließe.

Bundestagswahl 2017: Die BIU-Forderungen im Detail

Die zehn Forderungen des BIU sind in einem ausführlichen PDF beschrieben, das sich auf der BIU-Website herunterladen lässt. Hier die Zusammenfassung der Kernpunkte:

Systematische Games-Förderung: Der BIU hat Ende 2016 ein vieldiskutiertes Steuerkonzept vorgelegt. Sollte der BIU mit dem Konzept nicht durchdringen, wird alternativ ein „anderweitiges eigenständiges und hinreichend finanziell ausgestattetes Games-Förderprogramm auf Bundesebene“ gefordert.

Jugendmedienschutz reformieren: Dass Bund und Länder je nach Medium eigene Regulierungs-Süppchen kochen, ist nicht nur dem BIU ein Dorn im Auge. Der Gesetzgeber hinkt der davongaloppierenden technischen Entwicklung zwangsläufig hinterher. Rechtssicherheit und Einheitlichkeit sind die wichtigsten Erwartungen an eine Jugendmedienschutzreform.

Mittel für Deutschen Computerspielpreis aufstocken: Dass sich der Bund ab diesem Jahr nur noch maximal zur Hälfte am DCP-Preisgeld beteiligt, empfindet der BIU als „unverhältnismäßige Benachteiligung der Games-Branche im Vergleich zu anderen Kulturförderpreisen“. Der Preis läuft Gefahr, zu einer Art Mitgliedsbeitragsumverteilungs-Projekt zu verkommen. Ergo: Preisgelder rauf, Branchenanteil runter.

Entwicklungsmöglichkeiten für digitale Wirtschaft erhalten: Alle Macht dem Verbraucher – auf diese Formel lässt sich der vierte Punkt herunterbrechen. Der Gesetzgeber möge seinen Regulierungs-, Datenschutz- und Bürokratiewahn zügeln und den Unternehmen mehr Freiheiten zugestehen.

eSports als Sport anerkennen: „Mindestens die steuerrechtliche Anerkennung der Gemeinnützigkeit von eSports-Vereinen“ wünscht sich der BIU im ersten Schritt – erstrebenswert wären auch Visa-Erleichterungen. Nur so hätte Deutschland die Chance, eine „international bedeutende Rolle einzunehmen.“ Bis 2020 prognostiziert eine Studie im Auftrag des BIU einen eSports-Binnenmarkt von 130 Millionen Euro.

Flächendeckend schnelles Internet: Als geradezu „existenziell“ bezeichnet der BIU die Verfügbarkeit schneller Internetzugänge für die Games-Branche – und spricht damit sicher auch vielen anderen Wirtschaftsbereichen aus dem Herzen. Der Breitbandausbau – derzeit noch in der Verantwortung des Verkehrsministeriums – geht dem Verband deutlich zu langsam. Hier drängt der BIU auf Tempo in jeder Hinsicht.

Digitale Bildung stärken: In einem Land, in dem sich Teile der Lehrkörper, Wissenschaftler und Verbände weiter vehement gegen den Einsatz von Laptops und Tablets im Unterricht wehren, haben Lernspiele – also Serious Games – einen schweren Stand. Der BIU will mit Modellprojekten den Einsatz von Serious Games voranbringen.

Fachkräftebedarf sicherstellen: „Spitzentechnologie und Kreativität“ – diese beiden Tugenden bringt die Games-Branche laut BIU unter einen Hut. Dafür braucht es gut ausgebildete Fachkräfte und Spezialisten. Das Problem: Andere Branchen locken mit besseren Karriere-Aussichten und höheren Gehältern. Der BIU plädiert für beschleunigte, vereinfachte Verfahren, um ausländische Kräfte schneller rekrutieren zu können.

Doppelte Umsatzbesteuerung bei digitalen Inhalten vermeiden: Die anhaltende Rechtsunsicherheit im Umsatzsteuerrecht trifft insbesondere das volldigitalisierte Sortiment der Gamesbranche. Der BIU mahnt Schäubles Finanzministerium, „grundlegende Fragen und Sachverhalte“ eindeutig und einheitlich zu klären.

Deutsche Messeauftritte modernisieren: Zuletzt war es nicht gelungen, zehn deutsche Games-Unternehmen von der Teilnahme an einem Gemeinschaftsstand im Rahmen der Game Developers Conference 2017 in San Francisco zu überzeugen. Ein Grund laut BIU: Es fehlt an einem „kreativen, modernen Gesamtauftritt“ inklusiv „starker Dachmarke“.

Bundestagswahl 2017: Der BIU bringt sich in Stellung

Wenig überraschend lässt das BIU-Wahlprogramm die Handschrift und die Bedürfnisse der im Verband vertretenen Großunternehmen erkennen – die freilich ganz andere Sorgen umtreibt als ein Fünf-Mann-Startup.

Die Aufgabe des künftigen BIU-Geschäftsführers Felix Falk wird in den kommenden Wochen und Monaten nun darin bestehen, sich im politischen Berlin Gehör zu verschaffen –  auf dass möglichst viele Positionen Einzug finden in Wahlprogramme und Koalitionsvereinbarungen.

Einige zu bohrende Bretter fallen zwangsläufig dicker aus als andere: Gerade das Thema Förderung bleibt eines der ungelösten Sorgenkinder einer Branche, die von asiatischen und US-amerikanischen Konzernen dominiert wird und mehr als 93 Prozent ihres Deutschland-Umsatzes mit Importware bestreitet.