Start Meinung Vertrauen ist ganz gut, Kontrolle aber auch (Fröhlich am Freitag)

Vertrauen ist ganz gut, Kontrolle aber auch (Fröhlich am Freitag)

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Die Bundesregierung investiert kräftig in Games, lässt es aber an Transparenz mangeln.
Die Bundesregierung investiert kräftig in Games, lässt es aber an Transparenz mangeln.

Ab wann ist es legitim, die Wirksamkeit der Games-Förderung zu bewerten – und warum lautet die Antwort nicht „Sanktnimmerleinstag“?

Verehrte GamesWirtschaft-Leserin,
verehrter GamesWirtschaft-Leser,

in meiner jüngsten Karfreitags-Predigt hatte ich etwas gefühlt Selbstverständliches, aber aus Sicht mancher Leser geradezu Ungehöriges angeregt: nämlich Transparenz, was mit jenen 100 Millionen € an Steuergeldern passiert, die die chronisch klamme Bundesregierung seit 2019 für die Subventionierung von Videospielen bewilligt hat.

Allein in der Pilotphase wurden 27 Millionen € verteilt – 90 Prozent jener 230 Projekte sind offiziell längst „abgeschlossen“, und das überwiegend schon seit 2020. Hinzu kommen Bundesländer, die in anderthalb Jahrzehnten zig Millionen in regionale Spielestudios investiert haben.

Keiner Kommune würde man durchgehen lassen, wenn das Rathaus mit der Frage überfordert ist, ob der teure Radweg jemals zu Ende asphaltiert wurde oder nicht. Doch ob die bezuschussten Konzepte, Prototypen und anderweitigen Projekte zu marktreifen Produkten geführt haben, das behalten Ministerien und Institutionen selbst auf Nachfrage für sich. Ein regelmäßiger, öffentlicher Was-hat’s-gebracht-Kassensturz findet erst recht nicht statt.

In der Kolumne ging es mir also gar nicht so sehr um Sinn und Ausgestaltung staatlicher Markteingriffe (worüber sich auch zu sprechen lohnte), sondern zuvorderst um einen wie auch immer gearteten Realitätsabgleich. Und zwar von Anfang an – und nicht erst 2026, wenn auch noch das letzte geförderte Spiel vom Band gelaufen ist.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Jedenfalls nutzten überraschend viele Leser das Osterwochenende, um ihren Groll in die Tastatur zu hacken. Tenor: Wie könne es sein, dass ausgerechnet in einem Branchen-Magazin solche Forderungen erhoben würden – wo doch das Gewerbe jahrelang löwengleich a) um Anerkennung und b) Fördermittel gekämpft habe? Was sollen die Leute denken?

Der Widerspruch zur Kolumne war teils sehr niederschwelliger Natur. Mancher störte sich bereits an der Formulierung „Subvention“ im Zusammenhang mit der muckeligen Computerspiele-Zunft – vermutlich, weil „Förderung“ im Kontext mit Match-3-Innovationen einfach viel knuffiger klingt. Dabei unterschreibt jeder Antragsteller eine strafbewehrte Erklärung, in der es bereits unter Punkt 3 wörtlich heißt: „Bei den beantragten Mitteln handelt es sich um Subventionen.“

Und jetzt weiß ich auch nicht …

Zwischen den Zeilen schimmerte vergleichsweise unverblümt die Erwartungshaltung durch, dass mindestens die Fach-Presse irgendwie ja auch Teil der Branche sei – und demzufolge eine bitte recht freundliche Rolle einnehmen sollte.

Um es höflich zu formulieren: Ich fürchte, hier liegt ein sehr grundsätzliches Missverständnis vor.

Dass man für und über eine Branche berichtet, kann ja (hoffentlich) nicht bedeuten, dass man sich per default mit der Branche gemein macht oder gar Widersprüche ausblendet. Würde man beispielsweise achselzuckend hinnehmen, wenn künftige ESL- und DreamHack-Events in Köln und Hannover direkt auf Konto und Image von Saudi-Arabien einzahlen, dann hätte das nur noch sehr wenig mit Journalismus, aber sehr viel mit PR zu tun.

Abgesehen davon, dass es sowas wie „die Branche“ bei Themen wie Förderung oder Aus- und Weiterbildung ohnehin nicht gibt: Die wirtschaftlichen Interessen von Ubisoft, Kalypso oder THQ Nordic, die überall im Land Studio-Töchter unterhalten, unterscheiden sich diametral von jenen eines Nintendo oder Square Enix oder Sony oder Microsoft oder Electronic Arts, wo die Bundesrepublik Deutschland nun mal zuvorderst als erfreulich potenter Absatzmarkt fungiert.

Weil mir das Thema aber keine Ruhe gelassen hat, habe ich mich in den vergangenen Tagen bei redaktionellen Fach- und Führungskräften erkundigt, wie sie es denn mit ihrem Berufsethos halten. Sprich: Ob sie sich als Teil der Industrie begreifen – und demzufolge im selben Boot mitrudern, in dem bereits Entwickler, Publisher, Vermarkter, Agenturen und Verbände sitzen.

Ergebnis der ziemlich unrepräsentativen Umfrage: Etwas mehr als die Hälfte weist allein den Gedanken mit Empörung von sich. Einige sehen sich in einer Sowohl-als-auch-Rolle, weil sie zumindest zeitweilig als Dienstleister oder Veranstalter auftreten. Und natürlich gibt es jene, die auf die Frage mit „Na klar“ antworten – auch, weil sie um wechselseitige Abhängigkeiten wissen (kein Code, kein Test).

Keine Frage: Eine möglichst saubere Trennung war, ist und bleibt eine Dauer-Herausforderung. Für den Anfang würde es mit Blick auf die Binnenhygiene sicher helfen, wenn Verlage und Medien erst gar nicht zahlendes Mitglied einer Standesvertretung wie dem Game sein dürften – so, wie es zum Beispiel der Verband der Automobilindustrie (VDA) hinkriegt.

Mit Abstand von sieben Tagen innerer Einkehr und intensivem Austausch – auch mit Geförderten – bin ich immer noch überzeugt: Eine Industrie, die von der Politik mit einer Viertelmilliarde Euro ausgestattet wird, gleichzeitig aber Transparenz als Misstrauen (fehl)interpretiert, bekommt unterwegs ein Problem.

Man kann nur hoffen, dass Bund und Länder rasch ein taugliches Reporting entwickeln – und zwar, bevor der Bund der Steuerzahler nachfragt. Oder Frontal 21. Oder Mario Barth.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft

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3 Kommentare

  1. Also ich kann die Aufregung nicht nachvollziehen! Am Ende ist es doch Aufgabe der Presse eben über Tatsachen zu berichten und nichts zu beschönigen, aber auch nichts wegzulassen. Immerhin ist die Pressefreiheit ja auch im grundgesetz verankert!

    Das fühlt sich eher so an als habt ihr hier in ein Wespennest gestochen, dass den Status Quo gerne beibehalten und Millionen an Steuergeldern einstreichen möchte.

    Meiner Meinung zu dem Thema habe ich ja bereits unter mehrere eurer Artikel gepackt und ich stehe auch nach wie vor dazu. Es sollten Fachleute entscheiden ob sich eine Förderung für ein Projekt überhaupt lohnt, dann sollten Unternehmen kategorisch ausgeschlossen werden die bereits über ein beachtliches Geschäftsfeld verfügen (und deren Töchter natürlich) und am Ende kann man dann noch überlegen ob die Förderung nicht auch mit der Forderung (Fördern und Fordern ist dem Staat ja auch nichts neu) einer prozentualen Beteiligung am Umsatz einhergehen sollte. Der Staat verjubelt meines dafürhaltens nach schon genug Steuergelder, da muss dann nicht auch die Games Industrie, die ich im übrigen ansonsten sehr liebe, in diese Statistiken mit einfließen.

    Wir brauchen uns auch überhaupt nicht darüber zu unterhalten, dass die Bundesregierung nach wie vor nichts mit Gaming anfangen kann, sonst würden sie nicht so einen Bockmist verbreiten wie „nur Sportspiele seien E-Sport“. Von daher erwarte ich auch gar nicht, dass irgendjemand auch nur im Ansatz begreift was Gaming überhaupt für eine Kultur hat(te). Aber eben genau da liegt der Knackpunkt, man muss sich damit beschäftigen und nicht nur 5 Minuten vor einer Rede sondern intensiv!

    Ich kann mich noch erinnern wieviele gute Spiele mal Ende der 90er, Anfang bis Mitte der 2000er Jahre aus Deutschland kamen. Mittlerweile haben wir nun mehr noch 2 Lager in unserem land, die Indie Entwickler und die Multimillionen-Konzerne. Die Indie Entwickler, die recht ausgefeilte und interessante Ideen haben, kommen meistens aber nicht aus dem Quark, während die Großkonzerne der breiten Maßße das 50te Assassins Creed vor die Nase setzen und sichd ann wudnern warum das neue Siedler niemanden mehr vom Hocker haut. Ich gebe zu, zu viel Ubisoft bashing aber ansonsten haben wir ja nicht mehr viel was zumindest noch aus Europa kommt.

    Es ist schade aber am Ende hat Deutschland bzw. die Regierung absolut kein Händchen für die digitale Welt und das zeigt sich hier leider immer wieder mehr als deutlich. Das Internet, Gaming, Digitalisierung … alles Neuland —

  2. Man könnte auch einmal das Fass aufmachen, ab welchem Erfolg die Subvention – sorry die „Förderung“ natürlich – zurückgezahlt werden sollte, um damit noch weitere Projekte zu ermöglichen.
    Wenn ich als Staat mit Steuergeldern eine Game-Entwicklung mit 200.000 EUR fördere und damit im Erfolgsfall dann 2.000.000.- EUR Gewinn (nicht Umsatz) erzielt wird. Dann sollte man mal darüber nachdenken. Meines Wissens gibt es solche Mechanismen nicht, oder?
    Dabei wäre das durchaus eine Win-Win Situation, wenn das zurückgekommene Geld in weitere Projekte gesteckt wird.

    • Soweit ich weiß kriechen die Unternehmen, von denen ich ind er Vergangenheit so gehört habe, eher im am Rande der Insolvenz. Oder schlimmer noch, zuerst kommt die Insolvenz, dann der nächste Förderantrag. Das Problem ist einfach, dass sich praktisch jeder seinen Traum mit einer Summe X beziffern lassen kann und der Staat fröhlich die Taschen öffnet.
      Ich sehe auch nicht warum ohnehin erfolgreiche Unternehmen wie Ubisoft überhaupt eine Förderung bekommen sollten, schließlich macht der Konzern jedes Jahr Milliardenumsätze. Was soll am Ende denn eigentlich gefördert werden, der Standort Deutschland mit einer diversen Entwicklerkultur oder ist das eher eine PR Maßnahme um Deutschland im Weltweiten vergleich besser dahstehen zu lassen?

      Ich halte die Förderung in ihrer jetzigen Form für absolut fragwürdig, nicht einmal vom „Deutschen Computerspielpreis“ angefangen. Es macht für mich den Eindruck als würde der schöne Schein im Moment deutlich mehr Wert sein und man sollte auf Rat des Game Bundesverbandes bloß nichts hinterfragen, das sehen die überhaupt nicht gern!

      Deswegen hinterfrage ich dann mal nicht warum eigentlich immer nur große Firmen nominiert werden und die Indie Entwickler so gut wie nie einen preis gewinnen doer gar in die Endausscheidung kommen, warum Ubisoft immer ganz vorne mit dabei ist obwohl die Spiele mittlerweile höchstens noch Mittelmaß sind oder warum Yager immer den preis für das beste Studio gewinnt (gefühlt). Was machen die Überhaupt, kann mich nicht erinnern etwas von denen jemals gespielt zu haben??

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